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vor, die auch des Stückes wenig freundliches
für das Niedliche, das Miniaturenhafte, die nicht
Schicksal entschied. Cäcilie verläßt Amadens“
minder schwierige, nicht minder wertvolle Art so
ganz im Gegensatz zu den Frauen im „Reigen,“
viel Verständnis wie für das Erhaben=Pathe¬
die noch an ihrer Zärtlichkeit haften, da sie dem
tische, dann müßte unserem Schnitzler der Rang
Manne bereits entglitt. Warum? Die Frage
unter den Ersten, Besten ungeschmälert, unange¬
bleibt offen. Ich glaube, die Antwort zu ver¬
feindet bleiben. Lebte er in Frankreich, wo man
stehen. Cäcilie handelt — eine Frau, die vor¬
dergleichen reiner zu schätzen weiß, ihm würde
nehmeren Moral=Geboten, als den herkömmlichen,
von der literarisch=öffentlichen Meinung der Sitz
gehorcht — unter dem Zwang höherer Gesittung.
nicht ferne von Alfred de Musset, dem Charm
Wie Rhodope im „Gyges“ sierben muß, weil ihr
umwobenen, gewiesen ...
schamhaftestes Empfinden von einem fremden
Arthur Schnitzler lebt aber nicht in Paris,
Manne verletzt ward, muß Cäcilie in dem bewußt
er lebt in Wien, ihn verbindet noch dazu mit
unpathetischen bürgerlichen Schauspiel Schnitzlers
Berlin, das jetzt von dem Snobismus noch stärker
das Haus des ihr fremdgewordenen Gatten ver¬
beherrscht wird als unsere Metropole, die innigste
lassen, weil dieser ihre Sinne überrumpelt, sie in
literarische Fühlung. Und so bereitet sich, fürcht
einem sehr feinen Sinn, vielleicht zur Dirne
ich, auch bei ihm eine Entwicklung vor, die alle
herabgewürdigt hat. Dieser Schlußwendung sind
um wahre, schlichte Kunst Bestrebten, zugleich
noch einige Szenen vorangestellt, die wohl den
alle Schätzer dieses großen, wahren, trotz aller
Titel des Ganzen: „Komödie“ rechtfertigen sollen.
Verbrämung schlichten Talentes mit aufrichtiger
In diesen Komödienszenen wird in parodistisch¬
Sorge erfüllen muß. Wir sahen ihn schon in
lustiger Weise gezeigt, daß wir alle, auch die
dem Puppenspieler", in dem „Einsamen Weg“,
scheinbar Freiesten unter uns, von den über¬
wir sehen ihn nun gar in der Komödie „Zwischen¬
kommenen Vorurteilen nicht frei werden: der
spiel", die jetzt das Burgtheater mit sehr ver¬
wieder in Liebe und Eifersucht lodernde Gatte
schleierten Beifall spielte, auf dem Weg, jene
fordert den Fürsten, von dessen reinen Beziehun¬
weise Selbstbeschränkung, die ihn so erfreulich
gen zu Cäcilie er keineswegs überzengt war.
ausgezeichnet, zu verlieren, in erklügelte Schein¬
Die alie Konvention ist bei uns, den Uebergangs¬
tiefen, Untiefen zu versinken. Das Geschehen
Menschen, stärker. Wir spielen mit neuen For¬
dieses Stückes, in knappe Worte gefaßt, wird,
derungen, aber unser Spiel bleibt immer: vien
was ich meine, deutlicher erhellen, obwohl Reiz
jen. Das ist vielleicht der österreichische Grundton
und Schwäche des Ganzen in dem nicht Wieder¬
in dem Gedankengehalt dieser Komödie.
zugebenden, Mitschwingenden, Unsagbaren be¬
gründet liegen mag.
Schnihzlers „Zwischenspiel“ hat erfreulicher
Der Kapellmeister Amadens Adams, der ein
Weise ch einige Merkmale seiner früheren,
Zwischenspiel“ komponiert hat
— wie stilisiert
seiner ersten Werke. Die Lebenskreise sind wieder
Mozartisch=Hofmannisch klingt schon der Vor¬
die gleichen: Das Kunstmilien. Ein Duft vor¬
name — lebt mit der Sängerin Ortenburg durch
nehmer Wiener gesellschaftlicher Kultur liegt dar¬
sieben Jahre in einer dieser scheinbar glücklich¬
über; der Dialeg fließt auch hier mit Anmut
ungefährdeten Ehen, die dennoch brüchig werden.
und an solchen Stellen, die nicht preziös stilisiert
Diese Ehe hat sich
ein typisch gedachter und
sind, mit Natürlichkoit dahin. Der Raisoneur,
wirklich typischer Fall — aus der Sinnen=Ver¬
ein Schriftsteller, der alle Schicksale ringsum als
liebtheit der ersten Jahre in jene kküh¬
verfehlte, Stücke"betrachtet, ist eine echt Schnitzlersche
ieren Gefühle, Freundschaft“ genannt, hin¬
irenisch=ernsthafte Figur. Auch steigen wieder starke,
übergerettet. Ein körperliches Etwas steht
schwere Stimmungen auf,
sie umhüllen, um¬
zwischen den Gatten, die sich geistig, Künstler= schweben, umschatten uns. Trotzdem kann man
sich diesem Werk gegenüber peinlicher Empfin¬
dungen nicht erwehren. War das Thema ein un¬
glückliches? Im Gegenteil. Jeder Versuch,, in
das Gewirre von Fragen, Zweifeln, Befürchtungen,
die oderne „Ehe“ genannt, hineinzuleuchten, ist
höchst willkommen. Bahrs Meister“ hat uns
mit Recht lange beschäftigt. War die anglytische
an das französische Thesen=Drama anlehnende
Form der Problem=Formulierung eine verfehlte?
Keineswegs. Schnitzler ist hier zu der Methode
seines ersten Schauspiels „Das Märchen“, das
gleichfalls den Sieg der alten Lebensanschauung
zeigt, zurückgekehrt; das Thesen=Stück. an sich hat
noch immer, Entfaltungs=Möglichkeiten. Die Dis¬
harmonie des „Zwischenspiels“ klinge aus anderen,
tieferen, gefährlicheren Gründen. Was uns bis¬
her an Schmitzler anzog, war immer: dieser Poet
hatte sich steis nicht bloß die Laune, sondern auch
die Klarheit, Freiheit, überlegene Heiterkeit des
gallischen Geistes bewahrt. In seinem neuen
Stück ist er unklar, unfrei, unheiter. Die Men¬
schen, bie Begebenheiten gleiten schattenhaft, im
Dämmer vorüber! Gesuchter, überspitzter, ge¬
quälter Tiefsinn statt der fröhlichen Welt=Weis¬
heit, die sonst aus diesem Mund tönte! Ein
Name flattert hier auf: Ibsen! „Nora“, „Hedda
Gabler“, die „Frau vom Meere“ — diese Frauen
sind wirklich in ihren Tiefen erschaut und den¬
noch: wie klar stehen sie vor dem Sehenden.
Wie künstlerisch=klar sind diese Ehe= und Wahr¬
heitsfragen, die uns zugleich menschlich=tief be¬
rühren. Bei Schnitzler wird man den Eindruck
nicht los: er wird jetzt irgendwie in eine Rich¬
tung gedrängt, die man bei ihm — ohne daß
man deshalb sein Streben nach Verinnerlichung
verkennen müßte
als ganz gekünstelt emp¬
findet. Er ist Watteau und möchte gerne Rem¬
brandt werden. Doch bringt er nur ein Halb=,
kein Helldunkel auf seine Leinwand. Sollte auch
er sich durch den Finessen=Kampf, den Tiessinn¬
Dünkel einer gewissen ästhetischen Gruppe von
seinem Wege bringen lassen? In dem „Zwischen¬
spiel“ ist er nicht dem derben, sondern dem all¬
zufeinen Theater zum Opfer gefallen. Es wäre
wahrhaftig zu beklagen, wenn auch Arthur
Schnitzlers stark=natürliches Talent in Manier, in
verworrenem Tief= und Trübsinn ertränke!
Dr. Paul Wertheimer.
vor, die auch des Stückes wenig freundliches
für das Niedliche, das Miniaturenhafte, die nicht
Schicksal entschied. Cäcilie verläßt Amadens“
minder schwierige, nicht minder wertvolle Art so
ganz im Gegensatz zu den Frauen im „Reigen,“
viel Verständnis wie für das Erhaben=Pathe¬
die noch an ihrer Zärtlichkeit haften, da sie dem
tische, dann müßte unserem Schnitzler der Rang
Manne bereits entglitt. Warum? Die Frage
unter den Ersten, Besten ungeschmälert, unange¬
bleibt offen. Ich glaube, die Antwort zu ver¬
feindet bleiben. Lebte er in Frankreich, wo man
stehen. Cäcilie handelt — eine Frau, die vor¬
dergleichen reiner zu schätzen weiß, ihm würde
nehmeren Moral=Geboten, als den herkömmlichen,
von der literarisch=öffentlichen Meinung der Sitz
gehorcht — unter dem Zwang höherer Gesittung.
nicht ferne von Alfred de Musset, dem Charm
Wie Rhodope im „Gyges“ sierben muß, weil ihr
umwobenen, gewiesen ...
schamhaftestes Empfinden von einem fremden
Arthur Schnitzler lebt aber nicht in Paris,
Manne verletzt ward, muß Cäcilie in dem bewußt
er lebt in Wien, ihn verbindet noch dazu mit
unpathetischen bürgerlichen Schauspiel Schnitzlers
Berlin, das jetzt von dem Snobismus noch stärker
das Haus des ihr fremdgewordenen Gatten ver¬
beherrscht wird als unsere Metropole, die innigste
lassen, weil dieser ihre Sinne überrumpelt, sie in
literarische Fühlung. Und so bereitet sich, fürcht
einem sehr feinen Sinn, vielleicht zur Dirne
ich, auch bei ihm eine Entwicklung vor, die alle
herabgewürdigt hat. Dieser Schlußwendung sind
um wahre, schlichte Kunst Bestrebten, zugleich
noch einige Szenen vorangestellt, die wohl den
alle Schätzer dieses großen, wahren, trotz aller
Titel des Ganzen: „Komödie“ rechtfertigen sollen.
Verbrämung schlichten Talentes mit aufrichtiger
In diesen Komödienszenen wird in parodistisch¬
Sorge erfüllen muß. Wir sahen ihn schon in
lustiger Weise gezeigt, daß wir alle, auch die
dem Puppenspieler", in dem „Einsamen Weg“,
scheinbar Freiesten unter uns, von den über¬
wir sehen ihn nun gar in der Komödie „Zwischen¬
kommenen Vorurteilen nicht frei werden: der
spiel", die jetzt das Burgtheater mit sehr ver¬
wieder in Liebe und Eifersucht lodernde Gatte
schleierten Beifall spielte, auf dem Weg, jene
fordert den Fürsten, von dessen reinen Beziehun¬
weise Selbstbeschränkung, die ihn so erfreulich
gen zu Cäcilie er keineswegs überzengt war.
ausgezeichnet, zu verlieren, in erklügelte Schein¬
Die alie Konvention ist bei uns, den Uebergangs¬
tiefen, Untiefen zu versinken. Das Geschehen
Menschen, stärker. Wir spielen mit neuen For¬
dieses Stückes, in knappe Worte gefaßt, wird,
derungen, aber unser Spiel bleibt immer: vien
was ich meine, deutlicher erhellen, obwohl Reiz
jen. Das ist vielleicht der österreichische Grundton
und Schwäche des Ganzen in dem nicht Wieder¬
in dem Gedankengehalt dieser Komödie.
zugebenden, Mitschwingenden, Unsagbaren be¬
gründet liegen mag.
Schnihzlers „Zwischenspiel“ hat erfreulicher
Der Kapellmeister Amadens Adams, der ein
Weise ch einige Merkmale seiner früheren,
Zwischenspiel“ komponiert hat
— wie stilisiert
seiner ersten Werke. Die Lebenskreise sind wieder
Mozartisch=Hofmannisch klingt schon der Vor¬
die gleichen: Das Kunstmilien. Ein Duft vor¬
name — lebt mit der Sängerin Ortenburg durch
nehmer Wiener gesellschaftlicher Kultur liegt dar¬
sieben Jahre in einer dieser scheinbar glücklich¬
über; der Dialeg fließt auch hier mit Anmut
ungefährdeten Ehen, die dennoch brüchig werden.
und an solchen Stellen, die nicht preziös stilisiert
Diese Ehe hat sich
ein typisch gedachter und
sind, mit Natürlichkoit dahin. Der Raisoneur,
wirklich typischer Fall — aus der Sinnen=Ver¬
ein Schriftsteller, der alle Schicksale ringsum als
liebtheit der ersten Jahre in jene kküh¬
verfehlte, Stücke"betrachtet, ist eine echt Schnitzlersche
ieren Gefühle, Freundschaft“ genannt, hin¬
irenisch=ernsthafte Figur. Auch steigen wieder starke,
übergerettet. Ein körperliches Etwas steht
schwere Stimmungen auf,
sie umhüllen, um¬
zwischen den Gatten, die sich geistig, Künstler= schweben, umschatten uns. Trotzdem kann man
sich diesem Werk gegenüber peinlicher Empfin¬
dungen nicht erwehren. War das Thema ein un¬
glückliches? Im Gegenteil. Jeder Versuch,, in
das Gewirre von Fragen, Zweifeln, Befürchtungen,
die oderne „Ehe“ genannt, hineinzuleuchten, ist
höchst willkommen. Bahrs Meister“ hat uns
mit Recht lange beschäftigt. War die anglytische
an das französische Thesen=Drama anlehnende
Form der Problem=Formulierung eine verfehlte?
Keineswegs. Schnitzler ist hier zu der Methode
seines ersten Schauspiels „Das Märchen“, das
gleichfalls den Sieg der alten Lebensanschauung
zeigt, zurückgekehrt; das Thesen=Stück. an sich hat
noch immer, Entfaltungs=Möglichkeiten. Die Dis¬
harmonie des „Zwischenspiels“ klinge aus anderen,
tieferen, gefährlicheren Gründen. Was uns bis¬
her an Schmitzler anzog, war immer: dieser Poet
hatte sich steis nicht bloß die Laune, sondern auch
die Klarheit, Freiheit, überlegene Heiterkeit des
gallischen Geistes bewahrt. In seinem neuen
Stück ist er unklar, unfrei, unheiter. Die Men¬
schen, bie Begebenheiten gleiten schattenhaft, im
Dämmer vorüber! Gesuchter, überspitzter, ge¬
quälter Tiefsinn statt der fröhlichen Welt=Weis¬
heit, die sonst aus diesem Mund tönte! Ein
Name flattert hier auf: Ibsen! „Nora“, „Hedda
Gabler“, die „Frau vom Meere“ — diese Frauen
sind wirklich in ihren Tiefen erschaut und den¬
noch: wie klar stehen sie vor dem Sehenden.
Wie künstlerisch=klar sind diese Ehe= und Wahr¬
heitsfragen, die uns zugleich menschlich=tief be¬
rühren. Bei Schnitzler wird man den Eindruck
nicht los: er wird jetzt irgendwie in eine Rich¬
tung gedrängt, die man bei ihm — ohne daß
man deshalb sein Streben nach Verinnerlichung
verkennen müßte
als ganz gekünstelt emp¬
findet. Er ist Watteau und möchte gerne Rem¬
brandt werden. Doch bringt er nur ein Halb=,
kein Helldunkel auf seine Leinwand. Sollte auch
er sich durch den Finessen=Kampf, den Tiessinn¬
Dünkel einer gewissen ästhetischen Gruppe von
seinem Wege bringen lassen? In dem „Zwischen¬
spiel“ ist er nicht dem derben, sondern dem all¬
zufeinen Theater zum Opfer gefallen. Es wäre
wahrhaftig zu beklagen, wenn auch Arthur
Schnitzlers stark=natürliches Talent in Manier, in
verworrenem Tief= und Trübsinn ertränke!
Dr. Paul Wertheimer.