II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 104

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20 Zuischensniel
Telephon 12801.
555
„UBSERVEN
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
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in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt ausey
ne Hamburger Zeitung
vom:
75 10. 1905
— Ueber die Uraufführung von Schnitzlers
„Zwischenspiel“ schreibt die „N Fr Pr.“: Das Stück
behandelt das alte Thema von der schiffbrüchigen Ehe in:
einer eigenartigen, aber halsbrecherisch gewagten Weise.
Die Ehegatten trennen sich im ersten Akt¬
„einverständ¬
lich“, wie die Juristen sagen —woch indem sie auseinander¬
gehen, bleiben sie erst recht beieinander. Der gemeinschaft¬
liche Haushalt wird fortgeführt, nur soll jeder Teil voll¬
kommene Bewegungsfreiheit genießen. Der Mann macht
von diesem Rechte ausgiebig Gebrauch, die Frau nur schein¬
bar, und am Ende des zweiten Akts, in einem Augenblicke
der wiederaufflammenden Liebe, kommen beide wieder ehe¬
lich zusammen. Es ist sozusagen ihre zweite Hochzeit. Und
nachdem sie sich also wiedergefunden, trennen sie sich aber¬
mals im dritten Akt. Der Scheidungsgrund bleibt zum Teil
das Geheimnis des Dichters. Man errät nur, daß die
Frau sich entschieden weigert, mit dem Manne, dem sie sich
soeben hingegeben, weiterzuleben. Es war nur ein Zwischen¬
spiel gewesen, ihre ganze Ehe nur ein Intermezzo. Kaum ist
jedoch der Gatte endgültig fortgegangen, so bricht die Frau
weinend zusammen, ohne Zweifel, weil sie ihn sich zurück¬
wünscht. Ein ewiges Lösen, Binden, Wiederlösen, aus dem
man wirklich nicht recht klug wird. Ein Ibsen=Problem im
Grunde, aber schrecklich verkünstelt und hineingepflanzt in
einen psychologischen Irrgarten, wo die Menschen auf dem
Kopf zu tanzen scheinen. Der Dichter hat ungemein viel
Kunst an dieses Bauwerk verschwendet, darunter allerfeinste
Kunst. Er bleibt durchwegs interessant, und sein Dialog
blitzt von Geist. Das genügte zur Rettung des Stückes.
Schon nach dem ersten Akte konnte der Regisseur erscheinen,
um den „Dank Arthur Schnitzlers“ auszusprechen, und
dieser selbst wurde im Verlaufe des Abends vielfach hervor¬
gerufen.“
„UBSEHVER“
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
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San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Ouellenangabo ohne Gewühr.)
Ausschnitt säonn- u. Montags Zoitung, Wien
3 1
„ (O. 1905

(Burgtheater.) Dieses „Zwischenspiel“ ohne Kainz! Also
stetwa im Volkstheater. Es wäre eine Orgie der Langeweile geworden.
Aber Iginz rettete Stück und Dichter vor dem Aeußersten. Es war
zunderhar, zwie er seinen,Teil des stockigen Dialogs förmlich massierte,
magnetsch strich ihm so zu höchster Lebendigkeit und Frische verhalf.
Seine-Sprache hat, neben der phantastischen Beweglichkeit ihres
Klanges, sozusagen ihre zeigene Mimik. Eine unerhört nervenreiche
Sprache, die von jeder leisesten seelischen Regung anders alteriert
wird. Das Wort „Musik der Rede“ bekommt bei Kainz einen guten
Sinn, weil in seiner Rede immer auch das Nicht=zu=Sagende, der ge¬
heime Gedanke, das tiefstversteckte Gefühl mitklingt, er also mit der
Sprache allein auszudrücken vermag, was sonst nur die Musik!
mitzuteilen befähigt ist. — Fräulein Witt glich den Profit, den
das Werk von der Kainzschen Kunst zog, wieder völlig aus. Sie hatte von
allem Anfang an einen schrecklich wichtigkeitsbewußten Pythia=Ton.
Und war dabei ganz unfähig, diesem irgendwelche seelische Resonanz
zu geben, wodurch er, als tönende Manifestation so kalter, leerer,
reizloser Schauspielerei doppelt unnatürlich wurde. Wie wenn ein
kleines Mäderl Baß sänge. Rührend talentlos war das Theaterkind.
Es verdiente übrigens eine eigene Betrachtung, wie maßlos affektiert
die Exwachsenen auf der Bühne im Verkehr mit Kindern sind.
I. a. t
Telophon 12801.

„OBSERVER
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Wien, 1., Conoordiaplatz 4.
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(Quallenangabe ohne Gewähr.)
Aunschnit auontags-Blat(pabl bnt), lien
vom:
105
Bühnenwert.
Burgtheater.
Komödie in 3 Akten von Arthur
„Zwischenspiel“
Schultler. Ein redivivus in diesem Hause und unser erster Dra¬
mallter dazu. Aber diese „Komödie — immer dieser Untertitel, der viel
verspricht und nichts besagt! — wird, es ist sicher, ein Zwischen¬
spiel bleiben, nichts weiter, in der schönen Arbeit seines immer
polyphoneren Schöpferlebens. Schon der nächste Satz wird es lehren.
Diesmal aber, darüber schreibt und kommentiert man nicht hinweg, hat
der Dichter die Form vergriffen. Schnitzler ist ja noch ein anderes, als
ein Prosektor der Menschen= und vornehmlich Frauenseele, ein warm¬
blütiger Dramatiker, was hieß ihn also diese geistvolle, mit Seiten¬
themen und deliziösen Unterstimmen funkelnd durchwirkte epische
Abhandlung auf die Bretter drängen? Ein unruhiger, die geheimsten
Dinge der Psyche aufspürender Meister des Skalpells, hebt er klopfen¬
den Herzens seine also geschauten Subtilitäten aus Licht und da, prä¬
wariert und im grellen Rampenschein, sehen sie nun unglaubhaft und
konstruiert aus. Es sind die alten, echt Schnitzler'schen Motive in diese
Geschichte von der Ehe des Musikers Amadeus verwoben, das von
der Illusion, die nicht aufgewärmt werden kann, von der ohnmächtigen
Gier, die Grenzen der Liebe zu weiten, von dem nächsten Augenblick,
der schon so weit ist, daß wir uns von dem früheren wegverloren
haben. Es war kein rechter Erfolg, das Publikum vermißte den dra¬
matisch fliegenden Athem, versuchte respektvoll mitzugehen, ließ aber
bald ermüdet nach. — Die Auführung war ganz hervorragend Kainz
ist für solche Cerebrastheniker einzigartig, wohl dem Künstler, der solche
Mittel in den Dienst solcher Absichten zu stellen vermag! In einigem
Abstande seien Frl. Witt und Herr Korff, der sich immer bestimmter¬
in die erste Reihe spielt, bedankt. —