20. Zuischenspiel
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e A zuo ung
Vondunvnd= monr.
I. österr. behörms—
Wien, I., Cöne-—
Vertretungen
In Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Gent, Köpe
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ehne Gewähr.)
Ausschnitt austener Montags Journal,
Wien
16. 10. 1905
vom:
Kaan
Kunst und Literatur.
Schnitzler=Rehabilitierung.
(Hofburgtheater. — Volkstheater.)
Es sieht fast so aus. Der junge Dichter, — Herr Schlen¬
ther gestattet wohl den Ausdruck, — soll nun wohl zu hohen
Ehren kommen. In einer Woche in zwei Theatern. Es kann
passieren, daß man ihn zur selben Stunde an drei Shegtern
findet. Drückt ihn so viel Liebe nicht?
Gegenüber seiner Komödie „Zwischenspiele“ be¬
finde ich mich wieder einmal mit der ganzen Zunft im Wider¬
spruch. Die Herren Berufenen fanden sein Stück schwach und
priesen die Darstellung. Prompt kommt in dieser Sache ein
hübsches Feuilleton Blumenthals, das sich auf dieselbe Stelle
im Lessing bezieht, die auch ich vor kurzem den Zünstigen
unter die Nase rieb, und die sich auf die Unterscheidung zwischen
Dichter und Darsteller bezog. Ich bin der Meinung, daß
Schnitzlers „Widerspiel“ eine sehr feinsinnige Komödie ist und
daß Herr Kainz viel zu viel spielt. Das Stück ist allerdings
kein Drama, es ist ein Dialog für sensible Naturen. Es gibt
in der Liebe kein Zwischenspiel. Kommt ein solches vor, gibt
es keine Fortsetzung. Das, denke ich, will Schnitzler sagen.
Freilich sagt er es nur mit Worten, nicht in dramatischer Hand¬
lung, wie er ja meiner Ansicht nach überhaupt kein Dramati¬
ker, sondern ein feinsinniger, tiefdenkender und tiefforschen¬
der Seelenmaler ist. Aber die Art seiner Veranschaulichung ist
trotzdem so plastisch, so greifbar logisch, daß ich nicht begreif,
wie man ihn mißverstehen kann. Das Publikum tut es auch
nicht. Es lacht, wo es lachen darf, wo der Dichter sichtbar das
Lachen haben will. Denn wir Menschen sind ja gewöhnlich sehr
komisch, wenn wir feine, psychologische Empfindungen mit un¬
serer armseligen Persönlichkeit repräsentieren sollen. Aber die
Kritik oder dech ein Teil derselben mißversteht den Dichter,
wenn sie dieses Lachen, das sich immer zur rechten Zeit ein¬
stellt, verbieten möchte Es ist ja komisch, wenn zwei Leute
auseinandergehen, trotzdem und weil sie sich gefunden. Und
doch liegt ein tiefer Sinn darin. Für Zwei, die sich liebten, in
denen aber von den vielen Saiten, die sie zusammen¬
hielten, eine gerissen ist, gibt es noch einen indhaften Rausch,
ein Vergessen für Stunden, aber keine Harmogie mehr fürs
Leben
70
Eine Saite riß, als Herr Amadeus mit Wiss., seiner
Frau in intime Beziehungen trat. Damals litt die #
asen¬
theorie von der Wahrheit zwischen Eheleuten Schiffol
denn solche Wahrheit verträgt das Eheleben nicht. Und Frs¬
Cäcilie muß ein starkes, feinfühlendes Weib sein, wenn sie
das empfindet und über die tierischen Gelüste des Mannes
irnlenA# „ 1 „ —
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Vondunvnd= monr.
I. österr. behörms—
Wien, I., Cöne-—
Vertretungen
In Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Gent, Köpe
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ehne Gewähr.)
Ausschnitt austener Montags Journal,
Wien
16. 10. 1905
vom:
Kaan
Kunst und Literatur.
Schnitzler=Rehabilitierung.
(Hofburgtheater. — Volkstheater.)
Es sieht fast so aus. Der junge Dichter, — Herr Schlen¬
ther gestattet wohl den Ausdruck, — soll nun wohl zu hohen
Ehren kommen. In einer Woche in zwei Theatern. Es kann
passieren, daß man ihn zur selben Stunde an drei Shegtern
findet. Drückt ihn so viel Liebe nicht?
Gegenüber seiner Komödie „Zwischenspiele“ be¬
finde ich mich wieder einmal mit der ganzen Zunft im Wider¬
spruch. Die Herren Berufenen fanden sein Stück schwach und
priesen die Darstellung. Prompt kommt in dieser Sache ein
hübsches Feuilleton Blumenthals, das sich auf dieselbe Stelle
im Lessing bezieht, die auch ich vor kurzem den Zünstigen
unter die Nase rieb, und die sich auf die Unterscheidung zwischen
Dichter und Darsteller bezog. Ich bin der Meinung, daß
Schnitzlers „Widerspiel“ eine sehr feinsinnige Komödie ist und
daß Herr Kainz viel zu viel spielt. Das Stück ist allerdings
kein Drama, es ist ein Dialog für sensible Naturen. Es gibt
in der Liebe kein Zwischenspiel. Kommt ein solches vor, gibt
es keine Fortsetzung. Das, denke ich, will Schnitzler sagen.
Freilich sagt er es nur mit Worten, nicht in dramatischer Hand¬
lung, wie er ja meiner Ansicht nach überhaupt kein Dramati¬
ker, sondern ein feinsinniger, tiefdenkender und tiefforschen¬
der Seelenmaler ist. Aber die Art seiner Veranschaulichung ist
trotzdem so plastisch, so greifbar logisch, daß ich nicht begreif,
wie man ihn mißverstehen kann. Das Publikum tut es auch
nicht. Es lacht, wo es lachen darf, wo der Dichter sichtbar das
Lachen haben will. Denn wir Menschen sind ja gewöhnlich sehr
komisch, wenn wir feine, psychologische Empfindungen mit un¬
serer armseligen Persönlichkeit repräsentieren sollen. Aber die
Kritik oder dech ein Teil derselben mißversteht den Dichter,
wenn sie dieses Lachen, das sich immer zur rechten Zeit ein¬
stellt, verbieten möchte Es ist ja komisch, wenn zwei Leute
auseinandergehen, trotzdem und weil sie sich gefunden. Und
doch liegt ein tiefer Sinn darin. Für Zwei, die sich liebten, in
denen aber von den vielen Saiten, die sie zusammen¬
hielten, eine gerissen ist, gibt es noch einen indhaften Rausch,
ein Vergessen für Stunden, aber keine Harmogie mehr fürs
Leben
70
Eine Saite riß, als Herr Amadeus mit Wiss., seiner
Frau in intime Beziehungen trat. Damals litt die #
asen¬
theorie von der Wahrheit zwischen Eheleuten Schiffol
denn solche Wahrheit verträgt das Eheleben nicht. Und Frs¬
Cäcilie muß ein starkes, feinfühlendes Weib sein, wenn sie
das empfindet und über die tierischen Gelüste des Mannes
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