II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 131

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20. Zui nsniel
Telephon 12801.
Alex. Weigls Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
„UESERVER“
L. österr. bebördl. konz. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, I., Concordiaplatz 4.
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(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: Das Litterarische Eche, Berlin
f- 1. 1505
vom:
Wien
„Zwischenspiel.“ Komödie in 3 Akten von
Arthur Schnitzler (Burgtheater, 12 Oktober).
„Umud Hof.“ Volksstück in 4 Auf¬
zügen von Franz Kranewitter (Gastspiel von
Erls Tiroler Bauern=Theater, 21. Oktober). —
„Die Rosentempler.“ Schauspiel in 3 Auf¬
zügen von Rudolf Lothar (Deutsches Volks¬
theater, 29. Oktober).
ist diese merkwürdige Eheirrung und =wirrung
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7 des Kapellmeisters Amadens Adams und seiner
□0 Frau Cäcilie Adams=Ortenburg an uns vorüber¬
gezogen, wir haben mit all der Achtung, die wir einem
Werke Arthur Schnitzlers schulden, uns nach der Auf¬
führung, die Kainzens Intellekt so wundersam durch¬
leuchtete, an das Studium des Buches*) gemacht, wir
lasen zwei=, drei= und viermal und sind doch nicht viel
klüger geworden, nicht viel zufriedener mit der Wahl
des Stoffes und seiner Gestaltung. Ganz zarte, kaumt
noch mit Dichterhänden greifbare, kaum noch mit Worten
sagbare Probleme des Lebens der Ehegatten, die für
die seinste Novelle noch ein wenig zu sublim sind,
werden in langen, oft allzulangen und dramatisch un¬
bewegten Dialogen vor dem Publikum eines großen
Theaterhauses abgehandelt, von Handlung ist so gut
wie nichts zu spüren, man würde denn Trennung,
Wiederfinden und abermalige Trennung zweier Ehe¬
gatten als Handlung bezeichnen, die Charaktere — es
sind eigentlich nur zwei, die hervortreten — blaß, ohne
Blut, ohne Leben; der eine, Kapellmeister Adams, auft
die eine Note fahriger Nervosität gestellt, der andere,
Frau Adams=Ortenburg, reicher an Nuancen, aber un¬
heimlich kalt in seiner steten Bewußtheit, der merk¬
würdige, kaum glaubliche Typus eines Weibes, das nach
des Dichters Worten gierig sein soll nach allen Aben¬
teuern dieser Welt, dabei aber fortwährend mit sich und
aller Welt herumhandelt, wann, mit wen und wie weit
es all die süßen Freuden genießen Kärfe. Zwischen
diesen beiden Schatten buscht ab und zu ein Kind
durch, man muß hinzufügen, ein Kind dieser Eltern,
denn läse man's nicht auf dem Zettel, so würde man's
aus der Aufführung kaum entnehmen. So klein ist die
Rolle, die das Kind im Leben dieser so hochkultivierten
Eltern, dieser von feinster Selbstbeobachtung förmlich
triefenden Mutter spielt. Die Mutter küßt es, verläßt
den Gatten, kommt von allerlei Fahrten zurück und
küßt es wieder, schenkt ihm Spielzeug und geht wieden
ins Weite. — Dann als Raisonneur ein Literat aus
dem Kasseehause, den Schnitzlers Freund Bahr mit
den Worten charakteristerte: Griensteidl, Anno 1900;
ein unmöglicher, von Sexualentäußerung triefender
österreichischer Prinz; die Charge einer gräflichen Opern¬
sängerin...
Man muß zur Steuer der Wahrheit hinzufügen,
daß manchen recht achtbaren, kritischen Köpfen auch
dieses Stück Schnitzlers gefallen hat, und daß auch das
Publikum des Burgtheaters bei zahlreichen Wieder=
holungen ihm Interesse entgegenzubringen schien. Ich,
der ich vom Dramatiker verlange, daß er das Lebens
zehnmal ## scharf sehe, als die anderen Menschen, daßs
er es kunstlerisch geläutert in zehnfacher Klarheit aufs
die Bühne steile, kann in Schnitzlers Schattenspiel nichts
mehr sehen als den Irrtum eines geistreichen Kopfes,
hon 128¼.
„OBSERVER‘
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(Quallenangabe ehne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
Der Weg, Wien
K4
Ssahelue den Keane
Gal
11. Oktober. Mitten im Streit: -Es ärgert sich 5
80 schön, wenn man jemanden lieb haf.:
13. Oktober. Gestern, im -Zwischenspiel-, halb*
amüsiert und doch wütend über die hochachtungsvolle
Freude, die die Juden im Parkett und in den Logen, 2
gerade sie, an Schnitzlers jungem Fürsten haben, vor
Wonne wedelnd und nass. Merkwürdig. Gerade sie,
die doch unseren Adel kennen. Hier diese Frau, die
einmal, aus Snobismus, mit einem Grafen geschlafen
hat und doch wissen muss, wenn sie mit sich allein
und halbwegs ehrlich gegen sich ist, dass jeder
-Bocher- im Erotischen delikater, oder sagen wir:
weniger primitiv ist. Und daneben ihr Mann, der mit
Fürsten in einer Verwaltung sitzt, wo man sie ja für
anrüchige Geschäfte braucht, und daher doch wissen
muss, wie moralisch ahnungslos sie sind. Warum
fröstelt sie also vor Ehrfurcht, wenn ein Aristokrat
auf die Bühne kommt? Warum verachten sie sich
so? — Mir fällt da wieder jene Geschichte ein. Ein
Dichter, der Jude ist, schreibt ein Stück. Es missfällt
einem Kritiker, der Jude ist; er verreisst es. Das
erbittert einen anderen Dichter, der Jude ist. Und er
tröstet den ersten, indem er an ihn über den Kritiker
schreibt, es sei von diesem nichts anderes zu er¬
warten gewesen: denn -Ihr so herrliches Werk wird
kein Jude je verstehen“. — Mir ist nur um die Kinder
dieser durch Reichtum verdorbenen Juden bang, Bang
ung leid. Und Herzl ist tot.