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20 Zwischensniel
Oe Oeo
Burgtheater.
Von J. Minor.
(Donnerstag den 12. Oktober: „Swischenspiel“, Komödie in drei Akten von Artuc Schnitzler.)
Soweit die österreichischen Dichter in Betracht kommen, steht der Anfang der Saisöft
im Zeichen Schnitzlers, den unsere Theaterdirektoren mehr zu ihrem als zu seinem Schaden
einige Jahre ganz links liegen gelassen haben. Das Deutsche Volkstheater behauptet seit
der vorigen Saison „Freiwild“ in seinem Spielplan, und es hat soeben auch den „Grünen
Kakadu", ohne an seiner Jedernpracht herumzustutzen, in sein Repertoire aufgenommen.
Im Burgtheater ist dem neuen Stück die übliche Wiederholung eines älteren von demselben
Verfasser vorausgegangen, die zwar eigentlich keinen Sinn mehr hat, seitdem sich die
Premièren leider nicht vor dem Stammpublikum des hauses, sondern vor dem oberen
Tausend der oberen Zehntausend abspielen, die sich sonst gar nicht um das Burg¬
theater kümmern —; die aber in diesem besonderen Falle doch die Wiederaufnahme der
„Liebelei“ zur glücklichen Folge gehabt hat. Und kaum ist das „Zwischenspiel“ im Burg¬
theater aufgeführt worden, so hört und liest man schon wieder von einem neuen Schnitzler,
der in Berlin seine Auferstehung feiern soll. Es macht uns Freude, den längere Zeit
nicht ganz ohne eigene und nicht ganz ohne fremde Schuld verdrossenen Dichter so mit
vollen Segeln über die Süd= und Nordsee streichen zu sehen.
Von dem Wiener Stück nun kann man alles eher behaupten, als daß es uninteressant
sei. Dielmehr hat seit Ibsen kein Dramatiker dem Dublikum und der Kritik in saftigster
Umhüllung eine so harte Uuß zu knacken gegeben als der scheinbar so harmlose Dichter
des Anatolzyklus. Was bei hofmannsthal die Kunst der Sprache, das ist bei Schnitzler
die Kunst des Dialoges, von der sein neues Drama noch mehr als die früheren lebt.
Wie aber seinen österreichischen Kollegen die schöne Sprache eigentlich nie zu einem
richtigen Drama hat gelangen lassen, so ist auch die Kunst des Dialogisierens nicht ohne
Gefahr für den Meister; wenn er nämlich mit einer geschickten Wendung um die Stelle
herumbiegt, wo für das Drama der Musikant begraben liegt. Mir kommt vor, als ob
das in Schnitzlers „Zwischenspiel“ mehr als einmal geschehen sei.
Das Stück spielt in der musikalischen Welt; und es scheint fast, daß der Kapellmeister
in der modernen Dichtung bald eine ebenso beliebte Figur sein wird, wie er es einst¬
mals in der romantischen war. Dieser erinnert sogleich in dem Vornamen und Zunamen
an ganze Geschlechter von Musikern: Amadeus und Adams! Aber er gehört nicht zu den
sonnenhellen, sinnenfreudigen Frohnaturen, in denen das Glück und die Freude singt
und klingt, wie in Mozart. Er hat sich den Namen Amadeus so beigelegt, wie der
nervöse und zerfahrene E. T. A. Hoffmann. Er gehört zu der Klasse der unruhigen,
20 Zwischensniel
Oe Oeo
Burgtheater.
Von J. Minor.
(Donnerstag den 12. Oktober: „Swischenspiel“, Komödie in drei Akten von Artuc Schnitzler.)
Soweit die österreichischen Dichter in Betracht kommen, steht der Anfang der Saisöft
im Zeichen Schnitzlers, den unsere Theaterdirektoren mehr zu ihrem als zu seinem Schaden
einige Jahre ganz links liegen gelassen haben. Das Deutsche Volkstheater behauptet seit
der vorigen Saison „Freiwild“ in seinem Spielplan, und es hat soeben auch den „Grünen
Kakadu", ohne an seiner Jedernpracht herumzustutzen, in sein Repertoire aufgenommen.
Im Burgtheater ist dem neuen Stück die übliche Wiederholung eines älteren von demselben
Verfasser vorausgegangen, die zwar eigentlich keinen Sinn mehr hat, seitdem sich die
Premièren leider nicht vor dem Stammpublikum des hauses, sondern vor dem oberen
Tausend der oberen Zehntausend abspielen, die sich sonst gar nicht um das Burg¬
theater kümmern —; die aber in diesem besonderen Falle doch die Wiederaufnahme der
„Liebelei“ zur glücklichen Folge gehabt hat. Und kaum ist das „Zwischenspiel“ im Burg¬
theater aufgeführt worden, so hört und liest man schon wieder von einem neuen Schnitzler,
der in Berlin seine Auferstehung feiern soll. Es macht uns Freude, den längere Zeit
nicht ganz ohne eigene und nicht ganz ohne fremde Schuld verdrossenen Dichter so mit
vollen Segeln über die Süd= und Nordsee streichen zu sehen.
Von dem Wiener Stück nun kann man alles eher behaupten, als daß es uninteressant
sei. Dielmehr hat seit Ibsen kein Dramatiker dem Dublikum und der Kritik in saftigster
Umhüllung eine so harte Uuß zu knacken gegeben als der scheinbar so harmlose Dichter
des Anatolzyklus. Was bei hofmannsthal die Kunst der Sprache, das ist bei Schnitzler
die Kunst des Dialoges, von der sein neues Drama noch mehr als die früheren lebt.
Wie aber seinen österreichischen Kollegen die schöne Sprache eigentlich nie zu einem
richtigen Drama hat gelangen lassen, so ist auch die Kunst des Dialogisierens nicht ohne
Gefahr für den Meister; wenn er nämlich mit einer geschickten Wendung um die Stelle
herumbiegt, wo für das Drama der Musikant begraben liegt. Mir kommt vor, als ob
das in Schnitzlers „Zwischenspiel“ mehr als einmal geschehen sei.
Das Stück spielt in der musikalischen Welt; und es scheint fast, daß der Kapellmeister
in der modernen Dichtung bald eine ebenso beliebte Figur sein wird, wie er es einst¬
mals in der romantischen war. Dieser erinnert sogleich in dem Vornamen und Zunamen
an ganze Geschlechter von Musikern: Amadeus und Adams! Aber er gehört nicht zu den
sonnenhellen, sinnenfreudigen Frohnaturen, in denen das Glück und die Freude singt
und klingt, wie in Mozart. Er hat sich den Namen Amadeus so beigelegt, wie der
nervöse und zerfahrene E. T. A. Hoffmann. Er gehört zu der Klasse der unruhigen,