II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 219

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20. Zuischensniel
S A
nie den Ausdruck gefunden. (Von der kleinen
der Untreue die Herrschaft in ihrem Herzen ein= wohl
Groteske vom Grünen Kakadn“ vielleicht abge¬
zuräumen. Die unvermeidliche Aussprache zwi¬
schen
sehen, die allerdings auch mehr ein sehr geistreiches
schen den Erkaltenden bringt Klarheit. Sie sparen
einer
Spiel mit der Leidenschaft, als die Leidenschaft
die großen Worte. Ein spät erkannter, langer
sehr
selbst darstellt.) Unter der Oberfläche spinnen
Irrium wirft nur eine leise zitternde Bitterkeit
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sich gern in seinen Dichtungen die Fäden der Ge¬
in manchen Satz. Aber sie wahren sich die Ach¬
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fühle, des Humors, einer gewissen lächelnden Ver¬
tung, versprechen sich die Frcundschaft, die schon
achtung. Von den Tragödien der grellen Taten
zur rechten Erziehung des unschuldigen Söhnchens

und rauschenden Worte trennt sein weiches, müdes
nötig ist. In Freiheit gehen sie auseinander, in
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Wienertum mit der blasierten Note eine ganze
Freiheit bleiben sie sich verbunden. Das Weib, die
Welt. So schreibt er heute Tragödie der Ehe
Geliebte will Amadeus verlieren, nicht die Künst¬

(oder besser: die Komödie der Ehe) als Künstler,
lerin, die beratende Freundin, die Kameradin
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als Wiener, als heimlich lächelnd Verachtender, der
seiner schöpferischen Arbeit. Und Cäcilie ist's zu¬
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im „Anatol“=Zyklus und im „Reigen“ die Liebe
frieden; weil sie stolz ist. Wohlgemerkt: das

schon als töricht, käuflich, spielerisch erweisen
laute Drama von einst hätte hier den splittern¬
wollte. Und seine Ehetragödie arbeitet nicht mit
den, laut knackenden Bruch verlangt. Im Namen

lautem Geschrei: „Ha, Ungetreue
..“ nicht mit
eines rhetorischen Stolzes der beleidigten Gattin.
Kniefall und Dolch und großer Geste. Seine Hel¬
Der Schnitzlersche Weibesstolz leidet und deklamiert
den sind Menschen von hoher Kultur, die alles ver¬
nicht. Innerlich fremd geworden und gebrochen,
stehen, manchmal sogar sich selbst; die vielen ver¬
verzichtet die Enttäuschte auf die große Arie:
oder
zeihen, manchmal sogar denen, die ihnen am
„Mich verli—ieß der Undankba—are
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wehsten getan.... Mit drei Worten ließe sich der
Sie ist's schlicht zufrieden: für sich, für den
Fali Ldams erzählen: die Eheirrung eines
Treulosen, für das Kind. Auch den Abgang
Musikers, die sich als irreparabel erweist. Kommt
der „Nora“ spart sie sich. Allerdings spart sie ihn
tausendmal vor, interessiert keinen Menschen;
nur — für den dritten Akt. Denn über das
förder
höchstens die Anwälte, die bei der Scheidung ver¬
„Zwischenspiel“ — das eingestandene Zwischenspiel
dienen, und ein paar emsige Klatschbasen beiderlei
falsch
kommt, und das will wohl Schnitzler beweisen,
Geschlechts, die „es ja längst kommen sahen". Aber
führer
wenn er überhaupt etwas „beweisen“ will, kein
Schnitzler macht den häufig erlebten, oft von der
Weib hinaus. Ein flüchtiges Sich=Finden im
liegt
Mittelmäßigkeit in Romanform erzählten
Augenblick des Wiedersehens, dann ein ehrliches
Fall
soll ste
interessant durch die Beleuchtung, die er aus dem
Scheiden, das die Frau in einer Aussprache=er¬
ohne
stillen Winkel seiner Weltanschauung auf diese
zwingt. Wohl ist das Verhältnis des Komponisten
führer
Menschen fallen läßt, die sich finden und verlieren.
zu der oberflächlichen Gräfin erledigt, als Irrtum,
artig
Alles Glück ist ein Freisein von Leiden. Die Ehe
Episode erkannt; wohl ist der junge Fürst, der die
des Kapellmeisters Adams war glücklich
die
halb befreite Cäcilie umwarb, in die Welt gezogen,
berühmten sieben Jahre lang, die schon im alten
zu vergessen — aber die Kluft, die das Zwischen¬
Kamp
Volksliede stets für Treue und Untreue das Maß
spiel riß, ist unüberbrückbär. Nicht scheiden lassen
reiche
abgeben — glücklich, weil sie keine rechte Gelegen¬
sich die beiden. Sie scheiden. Sie geht nicht
spiele
heit hatte zu erweisen, das sie es nicht war. Das
von ihm, sie zwingt ihn, von ihr zu gehen. „Später
klugen
Bindeglied für gelangweilte Herzen hält die
tum,
vielleicht ...“ Aehnlich hat Nora geurteilt.
beiden zusammen, das Kind. Daneben der Respelt
Weder der Norweger noch der Wiener aber glauben!
ein bi
des einen für das andere und der dankbare
an dies „Vielleicht" ihrer Heldinnen.
sophist
Glaube an die geforderte und geübte Aufrichtigkeit.
Ich habe mir erlaubt, die Komödie ein wenig!
fanden
Aus der ehelichen Gewöhnung, in der das Herz
ernster zu erzählen, als sie gespielt wurde. Ge¬ ler m
Thingeduselt, erwacht der Komponist mit dem Mozart¬
wiß, es zucken allerlei Humore durch diese drei
Oap
Namen Amadens zuerst; erwacht zu einer heftigen
Akte, die nur drei (kaum unterbrochene) geistreiche
Leidenschaft für die Sängerin Gräfin Moosheim.
Lessing=Theater.8%
Dialoge sind. Aber mir scheint, der Untergrund
Er traut der Dauerstärke dieser Flamme wohl
ist ernst und diese Menschen sind mehr wunderlich,
Zum ersten Male: „Zwischenspiel“,
selbst nicht allzusehr; aber sie zu löschen vermag er
als komisch, mehr dem Alltag entfremdet, als zum
Komödie in drei Akten von Arthur Schnitzler.
nicht; sie auf die Dauer in Angst zu verbergen ist
Spaß erwachsen. Hierin versah's für einen Eng¬
er zu ehrlich. Die kunstreiche Gattin, deren ge¬
Es ist ein stilles, nachdenkliches Stück, dieses
länder die Darstellung ein wenig. Albert Basser¬
setzlich ihm zugeteilte eheliche Liebe ihn langweilt,
(Zwischenspiel“, das Arthur Schnitzler
mann, in einzelnen ernsten Momenten vortreff¬
diesmal geschrieben hat. Für das Laute, Polternde,wird unterdessen von einem jungen Fürsten heiß
! Leidenschaftliche hat er nie die Neigung gehabt und umworben, den sie gerne sieht, ohne dem Gedanken! lich, spielte im ganzen die Figur des Amadeus