II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 221

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20. Zuischensniel
1 das Glück hinein, das ihm die Freiheit gewähren
würde, Cäcilie ist zu frauenstolz, um ihm zu
widersprechen, und so scheiden sie voneinander in die
Freiheit — wenn auch vorläufig getrennt, wollen
sie doch gute Kameraden bleiben. Amadeus freilich
ist des Liebesspiels mit der gräflichen Philine
bald satt, ihm ist es nur eine Episode, nur ein
Zwischenspeel gewesen. Die tiefangelegte Cäcilie
ist inzwischen in ihrer Sangeskunst immer gereift.
Sie hat das frische Leben draußen gesehen — es
hat auf die nun Freigewordene anders gewirkt als
früber: sonst waren alle Wünsche, die sich zu ihr
beranwagten, von ihr abgeglitten wie von einem
Panzer, jetzt empfindet sie, wie all diese Ver¬
lockungen sie erbeben machen und erglühen. Un¬
berührt kehrt sie in ihr Heim zurück — sie ist ge¬
flohen vor einer ihr entgegentretenden Liebe, deren
bezwingende Gefahr sie fürchtete. Amadens erblickt
in der heimkehrenden Frau, deren. Sinne er¬
wacht, deren Begehren freier geworden ist, eine
andete, als er verlassen — jählings erwacht in ihm
wieder die Liebe. Noch einmal führt eine Nacht
— Cäcilie aber hat kein
die beiden zusammen
Vertrauen mehr zu Amadeus und ist auch ihrer
Ph St. Im Lessing=Theater hat gestern
selbst nicht mehr sicher. Sie will nicht, daß
Sonnabend) Artur Schnitzlers eigenartige
die Erinnerung an früheres Glück getrübt werde
und interessante Komödie „Zwischenspiel“
durch eine Ehe, deren Ende Ekel sein müßte. Und
kehr freundliche Aufnahme gefunden; der Dichter
so verichließt sie sich der Bitte des noch immer
konnte wiederholt erscheinen — nur zum Schluß
geliebten Mannes, bei ihm zu bleiben. Vielleicht
klang in den lauten Beifall auch etwas Opposition
ist diese Ehe gescheitert an der Unwahrheit der

hinein.
beiden, die wahr zu sein glaubten und doch un¬
Schnitzler wandelt auch in dieser Dichtung auf
wahr ourden, als sie in scheinbarer Gleichgültig¬
den Praden vielverästelter Psychologie, wie er sie
keit einer den anderen eigene Wege hatten gehen
im „Einsamen Weg“ eingeschagen hat. Ganz aus¬
lassen.
schließlich aber ist dieses neue Werk mit der
Das ungefähr ist Handlungsinhalt und Ge¬
Ehe= und der Liebes=Psychologie beschäftigt,
dankengehalt der geistvollen Arbeit, die sich auf
kein anderes Thema klingt hinein. Anfangs
knappem Raume nicht erschöpfen läßt. Es
will es einen Augenblick scheinen, als solle das
kommt ein Schriftsteller in der Kömödie vor, der
gleiche Motiv behandelt werden wie in Bahrs
in einem Stücke auch eine Ehe behandeln will und
bester Arbeit, dem „Meister“ — bald aber zeigt sich,
froh wäre, wenn er diese Ehe den Leuten im
daß Schnitzler ganz originell gestaliet und noch
Theater von ½8 bis 10 Uhr überzeugend klar
weit tiesere plychologische Empfindungen und
machen könnte. Schnitzler hat größeren
Entwicklungen bloßlegt. Und es ist für ihn
Eyrgeiz: er gibt eine Dichtung, die auch
charakteristisch, daß seine Dichtung einsetzt
über den Theaterabend hinaus wirken wird.
wie eine Komödie und doch tragikomisch ausklingt.
Die psychologischen Uebergänge, die er aus den
mit jenem Ton leiser Wehmut, jener Note sein¬
Temperamenten seiner Menschen entwickelt, sind
sten, intimsten Mitleidens, die ihm eigen ist. Man
geradezu bewundernswürdig. Der Dialog, der
könnte nach einem Worte. seines Helden, des
#nur im Schlußakt mitunter ein wenig an Un¬
Kapellmeisters Amadeus, dieses „Zwischenspiel“
mittelbarkeit verliert, ist lebendig, geistvoll und
ein Cupriccio doloroso nennen — die verborgene
Ein leiser,
stets individualisiert durchgeführt.
Traurigkeit wird der Dichter ebenso wie Amadeus
seiner, mitunter ironischer Humor liegt über
bei Beginn seiner Komposiion gar nicht emdeckt
dem Gonzen, prächtig sind die Charaktere
haben.
durchgeführt, und überzeugend klar wird, wie die
Amadens und seine Gattin Cäcilie haben sich
beiden Gatten nach ihrer verschiedenen Ver¬
gelobt, immer wahr zuesstander zu sein, wie zwei
anlagung die Zwischenspiele ihrer Ehe so völlig
Kameraden. Amadens emupfindel eine Leidenschaft
In
verschieden aufnehmen und durchführen.
für Gräfin Friedertte, die Sängerin der Philine,
einmal ein wirklicher Musiker
Amadens ist
für den Fürsten
und Cäcilie eine Neigung
auf die Bühne gebracht, seine Eigenart wirkt
Staismund, einen angenehmen jungen Mann
überzeugend auch durch seine Künstlerschaft.
voll Liebenswürdigkeit und besänftigend wir¬
der Schriftsteller
Origmell erfunden
Daß Amadens und
kender Talentlosigkeil.
r den Widerklang des klugen,
Albertus,
Cäcilie das einander gesteben, ist nicht erst
erforderlich, sie kennen einander zu gut. Der] unkomplizierten Alltagsmenschen in die Stimmung
Sanguiniker Amadeus träumt sich schnell in der Vorgänge hineinträgt. Die feine, anregende
Dichtung besitzt eine solche Fülle
und tiefen Gedanken, daß
Dramatiker damit ein Dutzend
könnten.
Der große dramatische Zug in
freilich wie dem „Einsamen Weg
von unmittelbarer Lebenswahrheit
Die Gestalt der Cäcilie verkörper#
mit hinreißendem Temperamen
überzeugendster Frauenart, mit
legenheit und doch mit all
besiegt sein wollenden Fra#
gab dem Sanguiniker Amadeu
Darstellung und fesselnde Eigenart
vorzüglichen Spiele im ersten
stattung der Rolle im Schlußakt
nicht gleich. Reicher schuf ei
Typus, eigenartig in Erscheinung
den schwierigen Partien des jun
der grätlichen Philine bewährten
der sympathische, diskrete Herr G
temveramentvolle Frl. Schiff.