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20. ZuiSahler
box 25/2
Die Zukunft.
gerade deshalb. Dürfte der Fürst ihr sein, waser ihrallmählich geworden ist?
Und sie, die sich doch streng gehütet hat, soll nun sehen, wie der Mann, für
den sie mit ihrem Leib, mit ihrer Seele selbst geizt, sich an ein dummes Lust¬
thierchen vergeudet? Daß er mit der Beichte vollbrachter That ihr Ohrquälte,
war schon schwer zu ertragen; daß er sie jetzt gar, vor der Ausführung noch,
in seine erotischen Pläue blicken läßt, ist unerträglich. Hat ein Liebender je
so gehandelt? Eine letzte Probe mag erweisen, was sie ihm heute noch ist. Ob
sie den Fürsten liebe, fragt er. Sie leugnets nicht; sagt nur, das Gefühl sei
anders als vor sieben Jahren, da ihr Herz sich zum ersten Malgab; und neben
ihr lebe jetzt Etwas, „das zurückhalten könnte, wenn es nur wollte.“ Sagt
ohne lange Worte genug für ein feines Ohr. Läßt ernun sie entgleiten, dann ists
nicht nur Stolz, der ihm den Kampf wehrt: dann ist das Feuer verprasselt, das
ihr Mädchenreiz einst entfacht hatte. Und er hält sie nicht. Will sie nicht halten;
nicht mit einem Anderen um sie kämpfen und zitternd sich selbst und ihr Auge
täglich fragen, auf welcher Seite der nächste Morgen den Sieg finden wird.
Das wäre ein erbärmlicher Ausklang so hohen Glückes. Lieber die Trennung.
Aufrichtigkeit bis aus Ende. Immer haben sie ja mit dem Gedanken an solche
Stunde gespielt. Jetzt ist sie gekommen; und ihr großer Ernst darf die in Freiheit
Vereinten nicht in die Schlupfwinkel feiger Kleinbürger scheuchen. Ausunerfüll¬
ten Wünschen ist die Heimkehr häßlicher als aus bestandenen Abenteuern. Drum
soll Caecilie sich die Erfüllung ihres Wunsches nicht versagen. Die Sommer¬
ferien sind vor der Thür. Da hätte das Paar sich doch getrennt. Mag Jeder
seinen Weg gehen: sie mit Sigismund, er mit der Gräfin. Mag Freundschaft
werden, was so lange Liebe war. Am Ende vielleicht nur schien? Nach den
bangen Stimmungen der letzten Zeit athmet man jetzt freier. Noch dünkt es
ihn nur ein Zwischenspiel in der Symphonie des Erlebens; capriccio dolo¬
roso freilich: doch auf das traurige folgt bald wohl wieder ein heiteres Thema.
Ist der Starke aber nicht stark genug, sein Schicksal sich selbst zu komponiren?
Trennung, nicht Scheidung. Wenn das Eheband reißt, bleibt noch die Ge¬
meinsamkeit künstlerischer Interessen. Auch herzlicher: dem kleinen Peter darf
Papa und Mama nicht fehlen. Eigentlich kann Allesbleiben, wie es ist, sieben
frohe Jahre lang war; zusammen wohnen, studiren, nichts einander verbergen;
nur zwischen den Leibern wird die Distanz noch etwas erweitert. So träumt
ers; träumt nur Gewinn. Hofft, Caecilie, die gleichgestimmte Kameradin,
nicht zu verlieren und noch länger künftig, wenn die Lust ihn anwandelt, und
noch sorgenloser bei einem heißen Liebchen weilen zu können. Doch die Frauen¬
stimme klingt anders. Was er für ein Zwischenspiel hält, ist ihr das Finale.
20. ZuiSahler
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Die Zukunft.
gerade deshalb. Dürfte der Fürst ihr sein, waser ihrallmählich geworden ist?
Und sie, die sich doch streng gehütet hat, soll nun sehen, wie der Mann, für
den sie mit ihrem Leib, mit ihrer Seele selbst geizt, sich an ein dummes Lust¬
thierchen vergeudet? Daß er mit der Beichte vollbrachter That ihr Ohrquälte,
war schon schwer zu ertragen; daß er sie jetzt gar, vor der Ausführung noch,
in seine erotischen Pläue blicken läßt, ist unerträglich. Hat ein Liebender je
so gehandelt? Eine letzte Probe mag erweisen, was sie ihm heute noch ist. Ob
sie den Fürsten liebe, fragt er. Sie leugnets nicht; sagt nur, das Gefühl sei
anders als vor sieben Jahren, da ihr Herz sich zum ersten Malgab; und neben
ihr lebe jetzt Etwas, „das zurückhalten könnte, wenn es nur wollte.“ Sagt
ohne lange Worte genug für ein feines Ohr. Läßt ernun sie entgleiten, dann ists
nicht nur Stolz, der ihm den Kampf wehrt: dann ist das Feuer verprasselt, das
ihr Mädchenreiz einst entfacht hatte. Und er hält sie nicht. Will sie nicht halten;
nicht mit einem Anderen um sie kämpfen und zitternd sich selbst und ihr Auge
täglich fragen, auf welcher Seite der nächste Morgen den Sieg finden wird.
Das wäre ein erbärmlicher Ausklang so hohen Glückes. Lieber die Trennung.
Aufrichtigkeit bis aus Ende. Immer haben sie ja mit dem Gedanken an solche
Stunde gespielt. Jetzt ist sie gekommen; und ihr großer Ernst darf die in Freiheit
Vereinten nicht in die Schlupfwinkel feiger Kleinbürger scheuchen. Ausunerfüll¬
ten Wünschen ist die Heimkehr häßlicher als aus bestandenen Abenteuern. Drum
soll Caecilie sich die Erfüllung ihres Wunsches nicht versagen. Die Sommer¬
ferien sind vor der Thür. Da hätte das Paar sich doch getrennt. Mag Jeder
seinen Weg gehen: sie mit Sigismund, er mit der Gräfin. Mag Freundschaft
werden, was so lange Liebe war. Am Ende vielleicht nur schien? Nach den
bangen Stimmungen der letzten Zeit athmet man jetzt freier. Noch dünkt es
ihn nur ein Zwischenspiel in der Symphonie des Erlebens; capriccio dolo¬
roso freilich: doch auf das traurige folgt bald wohl wieder ein heiteres Thema.
Ist der Starke aber nicht stark genug, sein Schicksal sich selbst zu komponiren?
Trennung, nicht Scheidung. Wenn das Eheband reißt, bleibt noch die Ge¬
meinsamkeit künstlerischer Interessen. Auch herzlicher: dem kleinen Peter darf
Papa und Mama nicht fehlen. Eigentlich kann Allesbleiben, wie es ist, sieben
frohe Jahre lang war; zusammen wohnen, studiren, nichts einander verbergen;
nur zwischen den Leibern wird die Distanz noch etwas erweitert. So träumt
ers; träumt nur Gewinn. Hofft, Caecilie, die gleichgestimmte Kameradin,
nicht zu verlieren und noch länger künftig, wenn die Lust ihn anwandelt, und
noch sorgenloser bei einem heißen Liebchen weilen zu können. Doch die Frauen¬
stimme klingt anders. Was er für ein Zwischenspiel hält, ist ihr das Finale.