II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 289

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20. Zuischensniel
Die Schaubühne
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Von ausgelebten drohen Dir Gefahren:
Und Lüge wird die Wahrheit, die erstarrt!
Ist es nicht weise, willig sich zu wandeln,
Wenn wir uns unaufhaltsam wandeln müssen?
Mit neuen Sinnen neue Lust zu spüren,
Wenn ihren Reiz die alten doch verlieren,
Vom Gestern sich mit freier Kraft zu reißen,
Statt Treue, was nur Schwäche ist, zu heißen.
Sie lassen sich gleichzeitig treiben und gelangen zu sehr ver¬
schiedenen Zielen. Er hat sie in Wirklichkeit betrogen und kommt
als der Alte zurück; sie hat ihn in der Phantasie betrogen und
kommt als eine Neue zurück. In ihr sind während ihrer Ab¬
wesenheit Blüten fremder Art und fremden Duftes aufgeschossen,
die den Mann berauschen und zu ihr zwingen. Sie läßt sich
bezwingen, und das wird ihr Verderben. Denn sie kann nicht
darüber hinweg, daß er sie nicht als Cäcilie genommen hat, sondern
als die berückend veränderte Frau, die dem vermeintlichen Neben¬
buhler wieder abzujagen eine Sensation mehr für ihn ist. Sie wird
nie darüber hinweg können, daß sie, mit ihrer Glut im Blut, nicht dem
geliebten Mann erlegen ist, sondern der obsession du sexe, dem désir
de l’homme, der nicht gerade Amadeus hätte zu sein brauchen.
Sie ist plötzlich hellsichtig geworden. Sie sieht die tiefe Unsicherheit
aller irdischen Beziehungen zwischen Männ und Weib. Sie weiß
jetzt, daß es keine Treue in der Liebe, keine Reinheit in der
Freundschaft gibt. „Ist nicht gemengt in unserm Lebenssaft so
Menschentum wie Tier centaurenhaft?" Sie schaudert davor.
Andre fänden sich ab. Sie kann es nicht. Sie erkennt und
spricht es aus, daß sie beide gelogen haben, als sie sich volle
Freiheit gaben, statt ihre Eifersucht auszutoben und sich dann
umso fester aneinanderzukrampfen. An dieser Lüge ist ihre Liebe
zugrunde gegangen. Sie müssen sich trennen, um wenigstens
die Erinnerung rein zu erhalten ...
Was an dieser Lösung eines intimen Seelenkonflikts unklar
oder unbefriedigend sein soll, weiß ich nicht. Es gibt keine andre,
wenn Schnitzler das hat beweisen wollen, was er in der Tat be¬
wiesen hat: daß die Liebe im Leben des Mannes wenig, im Leben
der Frau alles bedeutet. „Die Frau will den Mann, der Mann will
ein Werk“, so hat Moritz Heimann das Thema einmal formuliert.
Es ist oft gestaltet worden, aber nicht oft so schön und ergreifend