II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 288

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Zuischensniel
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Die Schaubühne
Zwischenspiel.
„Ich bestehe darauf, daß der Held zum Schluß entweder
Hochzeit macht oder vom Teufel geholt wird; da kann man doch
beruhigt nach Hause gehen, wenn der Vorhang gefallen ist.“ So
räsoniert in der Komödie „Zwischenspiel“ Herr Albertus Rhon.
Wäre dieser Stückeschreiber nicht ein ironisiertes Widerspiel, sondern
ein getreues Wiederspiel des Dichters= Authur Schnitzler, so würden
wir mit anzusehen haben, wie sich Amadeus. und Cäcilié auch am
Schluß des letzten Aktes, wie des vorletzten, versöhnt in die Arme
sinken, würden gerührt und beruhigt nach Hause gehen und hundert¬
mal wiederkommen. Solche Ehe verständen wir, solche Ehe
führen wir selbst! Es käme einer Beleidigung gleich, wenn ich

Schnitzler dafür loben wollte, daß er nicht für die Leute schreibt,
die solche Ehe führen; daß er sich auch diesmal durch keinerlei
Versuchung zu einem Zugeständnis hat bewegen lassen. Aber der
Trauer gleich kommt das Gefühl, womit ich feststelle, daß sein
Publikum immer kleiner wird. Sudermann und Konsorten haben
für lange Zeit die Menschen aus dem Theater vertrieben, die ich
nach Schnitzlers verständnisreichstem Kritiker die Poppenberg¬
Naturen nennen möchte, nämlich die fähig sind, die Notwendigkeit
grade dieses Ausgangs zu begreifen. Sieger sind — um sie nach
Schnitzlers verständnisbarstem Kritiker zu benennen — die Gold¬ —
mann=Naturen geblieben. Sie vermissen eine Handlung, weil

keine Intrigue angezettelt und kein Mord verübt wird. Sie klagen:
über die Unzulänglichkeit der Charakteristik, weil der Held, der
ein großer Komponist sein soll, nicht zum Beweise auf der Bühne
seine Werke spielt. Sie reden von Disharmon ie, weil zwei Herzen
keinen faulen Frieden schließen, sondern lautlos brechen.
Diese Herzen gehören dem Kapellmeister Amadeus Adams und
seiner Frau, der Sängerin Cäcilie Adams=Ortenburg. Den Mann
zieht es, nach siebenjähriger Ehe, zu einer Gräfin; zur Frau ziehts
einen Fürsten. Sie fühlen sich stark genug, ihren Sinnen Freiheit
zu gewähren, ohne den Bund ihrer Seelen zu gefährden. Sie
haben furchtbar viel gelesen und befolgen Hofmannsthals Rat:
Laß Dich von jedem Augenblicke treiben,
Das ist der Weg, Dir selber treu zu bleiben;
Der Stimmung folg, die Deiner niemals harrt,
Gib Dich ihr hin, so wirst Du Dich bewahren,