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20. Zuischensniel
wie sie's ausgemacht, sie will sich treu bleiben, auf Höflichkeit aufgebaut, eine verfeinerte Form
Schnitzlers „Zwischenspiel“. ec,
##
denn worin wären wir jetzt besser als all die der Lüge. Warum soll oder kann es im Kleinen
Gedanken im Nachhausegehen von der Aufführung des
Andern, die wir verachten?“
anders sein als im Großen?
Stückes.
Ca
Und trotzdem siegt bei ihm die Leidenschaft.
Marie Holzer (Prag-Karolinenthal.)
Ist ein Zusammenleben überhaupt möglich, auf
Die schwüle Liebesszene zum Schluße des zweiten
Wahrhaftigkeit gegründet, absoluter Wahrhaftigkeit?
Das Spiel ist verklungen; der Vorhang ge¬
Aites führt uns die ganze Brutalität einer Leiden= Wenn man alles sagen würde, was uns durch die
schaft vor.
fallen und alles stürzt aus dem Theater. Ein
"Seele zieht — immer — wäre es nicht oft eine
ein Lachen
Drängen ein Hasten; ein Plaudern-
Mann und Frau stehen sich gegenüber, vor Entweihung, oft eine Grausamkeit, oft sogar ein
und hie und du ein Entrüstungsruf über die
Welt und Menschen gehören sie einander an
##el?
Moderne.
trotz ihrer Kompromisse, und trotzdem, wie grau¬
Ist Aufrichtigkeit nicht ein Hirngespinst? Auf¬
Und in mir klingt die Seele in tausend Tö=sam, wirkt zhier die Kraft des Mannes, der nicht
richtigkeit, Wahrheit, die von tausend Zufälligkeiten,
nen. Ich bin froh, als ich in die mondhelle Nacht
frägt, nichts hört als den Schrei seiner Sinne.
hinaustrete, ich weiche der Elektrischen aus, zu der
Und dann besteht sie auf dem Auseinander= tausend Launen abhängig ist? Ist die Wahrheit
alles hindrängt, und gehe einsam heimwärts.
gehn — er ist verzweifelt — toll und endlich geht etwas Feststehendes oder hat sie hundertfache Ge¬
stalt, hundert Ecken und Kanten, hundert Seiten
Tausend Gedanken und Gefühle sind aufge-er. Ob auf ewig — ob um zurückzukehren, wer
und jede hat ihre Berechtigung, hat ihre Begrün¬
scheucht, die still und stumm da saßen in einer
kann wissen, was das Leben mit ihm vorhat;
dung?
verlorenen Ecke, und ich gehe wieder dem Leben
denn er ist ein Schwächling, der unterliegen muß.
entgegen mit seinen Alltagsrechten und Alltags¬
Wahrhaftigkeit! Ein Begriff, der nur im
Die Frau ist die Starke. Sie hat sich in der
pflichten.
Gewalt, sie kann schweigen und leiden; sie kann
Hirn von Toren lebt, von Träumern! Es gibt
Schnitzler führt uns die Geschichte einer Ehe
schweigen und sich sehnen.
keine Wahrhaftigkeit, darf keine geben. Das Leben
vor, die auf Freiheit, auf Wahrhaftigkeit aufge¬
Die ganze Kraft der Liebe liegtsist ein Kartenspiel und mein Partner erwartet
baut ist und wo die beiden Ehegatten sich frei ge¬
in der Beherrschung! Solche Zwischen¬
Ueberraschung, sonst hat das Spiel seinen Reiz
verloren.
ben in dem Momeni, wo der Mann fühlt, daß er spiele kommen in der modernen Ehe, in der besten
eine andere liebt. Die Frav ist verzweifelt und Gesellschaft wohl manchmal vor —
oder häufig,
Und warum haftet denn dem Wort Wahrheit
schweigt. Und dann, nachden das Zwischenspiel bei
nur leider fällt der Vorhang in beiden Stücken
so ein Nimbus an? — und in Wirklichkeit ist sie
ihm vorüber, will er zu einer Frau zurückkehren, nicht zur selben Zeit, das ist das Böse. Beim
doch meist so brüsk, so hart. Warum ist die Lüge
die durch einen neuen Erfolg als Bühnenkünß= Mann wickelt sich die Handlung meist rascher ab unds so verfehmt? und in Wirklichkeit liegt in ihr oft
lerin ihm in erneuten Licht erstrahlt. Aber sie will dann folgt die Katastrophe in dieser oder jener Ge= so viel Heroismus. Ist denn all unsere Beherr¬
nicht, sie will ihm Freundin sein — nichts weiter, stalt. Unsere ganze Gesellschaft und Geselligkeit istlschungskunst nicht auch Lüge?
20. Zuischensniel
wie sie's ausgemacht, sie will sich treu bleiben, auf Höflichkeit aufgebaut, eine verfeinerte Form
Schnitzlers „Zwischenspiel“. ec,
##
denn worin wären wir jetzt besser als all die der Lüge. Warum soll oder kann es im Kleinen
Gedanken im Nachhausegehen von der Aufführung des
Andern, die wir verachten?“
anders sein als im Großen?
Stückes.
Ca
Und trotzdem siegt bei ihm die Leidenschaft.
Marie Holzer (Prag-Karolinenthal.)
Ist ein Zusammenleben überhaupt möglich, auf
Die schwüle Liebesszene zum Schluße des zweiten
Wahrhaftigkeit gegründet, absoluter Wahrhaftigkeit?
Das Spiel ist verklungen; der Vorhang ge¬
Aites führt uns die ganze Brutalität einer Leiden= Wenn man alles sagen würde, was uns durch die
schaft vor.
fallen und alles stürzt aus dem Theater. Ein
"Seele zieht — immer — wäre es nicht oft eine
ein Lachen
Drängen ein Hasten; ein Plaudern-
Mann und Frau stehen sich gegenüber, vor Entweihung, oft eine Grausamkeit, oft sogar ein
und hie und du ein Entrüstungsruf über die
Welt und Menschen gehören sie einander an
##el?
Moderne.
trotz ihrer Kompromisse, und trotzdem, wie grau¬
Ist Aufrichtigkeit nicht ein Hirngespinst? Auf¬
Und in mir klingt die Seele in tausend Tö=sam, wirkt zhier die Kraft des Mannes, der nicht
richtigkeit, Wahrheit, die von tausend Zufälligkeiten,
nen. Ich bin froh, als ich in die mondhelle Nacht
frägt, nichts hört als den Schrei seiner Sinne.
hinaustrete, ich weiche der Elektrischen aus, zu der
Und dann besteht sie auf dem Auseinander= tausend Launen abhängig ist? Ist die Wahrheit
alles hindrängt, und gehe einsam heimwärts.
gehn — er ist verzweifelt — toll und endlich geht etwas Feststehendes oder hat sie hundertfache Ge¬
stalt, hundert Ecken und Kanten, hundert Seiten
Tausend Gedanken und Gefühle sind aufge-er. Ob auf ewig — ob um zurückzukehren, wer
und jede hat ihre Berechtigung, hat ihre Begrün¬
scheucht, die still und stumm da saßen in einer
kann wissen, was das Leben mit ihm vorhat;
dung?
verlorenen Ecke, und ich gehe wieder dem Leben
denn er ist ein Schwächling, der unterliegen muß.
entgegen mit seinen Alltagsrechten und Alltags¬
Wahrhaftigkeit! Ein Begriff, der nur im
Die Frau ist die Starke. Sie hat sich in der
pflichten.
Gewalt, sie kann schweigen und leiden; sie kann
Hirn von Toren lebt, von Träumern! Es gibt
Schnitzler führt uns die Geschichte einer Ehe
schweigen und sich sehnen.
keine Wahrhaftigkeit, darf keine geben. Das Leben
vor, die auf Freiheit, auf Wahrhaftigkeit aufge¬
Die ganze Kraft der Liebe liegtsist ein Kartenspiel und mein Partner erwartet
baut ist und wo die beiden Ehegatten sich frei ge¬
in der Beherrschung! Solche Zwischen¬
Ueberraschung, sonst hat das Spiel seinen Reiz
verloren.
ben in dem Momeni, wo der Mann fühlt, daß er spiele kommen in der modernen Ehe, in der besten
eine andere liebt. Die Frav ist verzweifelt und Gesellschaft wohl manchmal vor —
oder häufig,
Und warum haftet denn dem Wort Wahrheit
schweigt. Und dann, nachden das Zwischenspiel bei
nur leider fällt der Vorhang in beiden Stücken
so ein Nimbus an? — und in Wirklichkeit ist sie
ihm vorüber, will er zu einer Frau zurückkehren, nicht zur selben Zeit, das ist das Böse. Beim
doch meist so brüsk, so hart. Warum ist die Lüge
die durch einen neuen Erfolg als Bühnenkünß= Mann wickelt sich die Handlung meist rascher ab unds so verfehmt? und in Wirklichkeit liegt in ihr oft
lerin ihm in erneuten Licht erstrahlt. Aber sie will dann folgt die Katastrophe in dieser oder jener Ge= so viel Heroismus. Ist denn all unsere Beherr¬
nicht, sie will ihm Freundin sein — nichts weiter, stalt. Unsere ganze Gesellschaft und Geselligkeit istlschungskunst nicht auch Lüge?