diese in höchst zutreffender und amüsanter Weise
zu geißeln versteht. Ein poetisches Stimmungs¬
bild von ganz hervorragender Feinheit, das den
verständnisvollen Zuhörer ganz in seinen Bann
zwingt und bei dem jede Störung der Illusion
besonders arg empfunden wird. Deshalb würde
es sich bei einer nochmaligen Aufführung sehr
empfehlen, daß die Darsteller den Applaus an
den Aktschlüssen in durchaus unveränderter Stel¬
lung der letzten Szenen entgegennehmen würden.
Schnitzler rollt das schon sosoft behandelte Thema
auf, ob Personen verschiedenen Geschlechtes einen
zeinen Freundschaftsbund miteinander schließen
können, der jede geschlechtliche Beziehung aus¬
schließt. Hier nur noch verschärft oder wenn
man will verringert das Problem dadurch, daß
es Eheleute sind, die eines guten Tages aufs
Platonische sich verlegen und durch gemeinsame
künstlerische Interessen einen Bund reiner
Freundschaft schließen, der jedem Teil das volle
Ausleben nach seinen Neigungen gestattet.
Schrankenlose Aufrichtigkeit, wird uns im ersten
Akte gleich erzählt, war die Grundlage dieser
Musterehe, und diese ermöglicht nun so ohne¬
weiters die Umgestaltung. Leider gewinnt man
in der großen Szene des ersten Aktes, in der die
Auseinandersetzung der beiden Gatten erfolgt, den
Eindruck, als wären beide nicht aufrichtig, als
liebten sie noch einander und sei es nur etwas
Trotz oder Verstimmung, das sie zu diesem
ewas unnatürlichen Vertrage führt. Vielleicht
tag es in der Darstellung, in der stets etwas
verbitterten Miene des Amadeus und den von
zahlreichen Seufzern begleiteten Antworten Cä¬
ciliens. Keiner von beiden zeigte die nötige Un¬
befangenheit, obwohl der Herr Kapellmeister sich,
nach seinen Worten, da so erleichtert und höchst
selig fühlt. Und wahrlich, eine unheimliche Per¬
son, diese Cäcilie, die so ganz aus der Art ihres
Geschlechtes schlägt und so vorwurfslos diese
Entthronung des Weibes entgegennimmt. Nun,
der Mensch denkt, und das Tier lenkte diesmal.
[Die Ehein Briefen, die ihn, den Amadeus
nämlich, pünktlich erreichten und die er wohl
aufbewahrt, wird in Szene gesetzt, er gastiert da
und sie dort, endlich führt sie der zweite Akt
wieder im gemeinsamen einst ehelichen Heim zu¬
sammen, und wir hören's und sehen's auch, daß
Cäcilie schön geworden. Und nicht nur wir sehen
das, auch der Herr Kapellmeister sieht das, und
das Tier im Menschen wirft das Kartenhaus der
Freundschaft über den Haufen. Amadeus wird
beinahe widerlich brutal, verlangt eheliche Rechte,
allerdings nicht mit Berufung darauf, daß die
Freundschaft Humbug war und Liebe Liebe
bleibt, sondern daß den zwei Freunden ein fa¬
moses Abenteuer sich da biete. Der Ehemann
als Geliebter seiner Frau. Na, gar so tierisch
brutal soll's nun doch nicht sein. Und darum
hören wir vorher noch von Cäcilie, daß sie eine
ganz andere geworden ist, so ein Stückchen, aber
nur ein Stückchen, Nora; der Herr Amadeus spitzt
die Ohren, eine andere? Ja, mit der Nora im
ersten Akte, dem untergebenen, willenlosen Weibe,
schloß er platonische Bündnisse, aber das selb¬
ständig gewordene Weib, das liebt, weil es will,
nicht muß, das erobert sein will, ha, das lockt,
und Herr Amadeus wird zum Tiere. Ein fataler
Patron das, in diesem Augenblicke. Frau Cäcilie
geht auf das Abenteuer ein, zum Abschied, wie
sie am Schlusse des Stückes sagt. Aber, o Wun¬
der, Herr Amadeus liebt seine Freundin auch
im dritten Akte, liebt sie so recht nach Art aller
braven Ehemänner und erinnert sich deshalb
jetzt, daß, nach seiner Meinung wenigstens, er
eigentlich wütend sein müßte auf denjenigen, der
ihn in der Zeit der brieflichen Ehe bei seiner
Gattin vertreten hat. Der Andere, schreit er mit
rollenden Augen, der muß ihm jetzt Rechenschaft
jgeben. Er wird eifersüchtig nach dem Abenteuer.“
zu geißeln versteht. Ein poetisches Stimmungs¬
bild von ganz hervorragender Feinheit, das den
verständnisvollen Zuhörer ganz in seinen Bann
zwingt und bei dem jede Störung der Illusion
besonders arg empfunden wird. Deshalb würde
es sich bei einer nochmaligen Aufführung sehr
empfehlen, daß die Darsteller den Applaus an
den Aktschlüssen in durchaus unveränderter Stel¬
lung der letzten Szenen entgegennehmen würden.
Schnitzler rollt das schon sosoft behandelte Thema
auf, ob Personen verschiedenen Geschlechtes einen
zeinen Freundschaftsbund miteinander schließen
können, der jede geschlechtliche Beziehung aus¬
schließt. Hier nur noch verschärft oder wenn
man will verringert das Problem dadurch, daß
es Eheleute sind, die eines guten Tages aufs
Platonische sich verlegen und durch gemeinsame
künstlerische Interessen einen Bund reiner
Freundschaft schließen, der jedem Teil das volle
Ausleben nach seinen Neigungen gestattet.
Schrankenlose Aufrichtigkeit, wird uns im ersten
Akte gleich erzählt, war die Grundlage dieser
Musterehe, und diese ermöglicht nun so ohne¬
weiters die Umgestaltung. Leider gewinnt man
in der großen Szene des ersten Aktes, in der die
Auseinandersetzung der beiden Gatten erfolgt, den
Eindruck, als wären beide nicht aufrichtig, als
liebten sie noch einander und sei es nur etwas
Trotz oder Verstimmung, das sie zu diesem
ewas unnatürlichen Vertrage führt. Vielleicht
tag es in der Darstellung, in der stets etwas
verbitterten Miene des Amadeus und den von
zahlreichen Seufzern begleiteten Antworten Cä¬
ciliens. Keiner von beiden zeigte die nötige Un¬
befangenheit, obwohl der Herr Kapellmeister sich,
nach seinen Worten, da so erleichtert und höchst
selig fühlt. Und wahrlich, eine unheimliche Per¬
son, diese Cäcilie, die so ganz aus der Art ihres
Geschlechtes schlägt und so vorwurfslos diese
Entthronung des Weibes entgegennimmt. Nun,
der Mensch denkt, und das Tier lenkte diesmal.
[Die Ehein Briefen, die ihn, den Amadeus
nämlich, pünktlich erreichten und die er wohl
aufbewahrt, wird in Szene gesetzt, er gastiert da
und sie dort, endlich führt sie der zweite Akt
wieder im gemeinsamen einst ehelichen Heim zu¬
sammen, und wir hören's und sehen's auch, daß
Cäcilie schön geworden. Und nicht nur wir sehen
das, auch der Herr Kapellmeister sieht das, und
das Tier im Menschen wirft das Kartenhaus der
Freundschaft über den Haufen. Amadeus wird
beinahe widerlich brutal, verlangt eheliche Rechte,
allerdings nicht mit Berufung darauf, daß die
Freundschaft Humbug war und Liebe Liebe
bleibt, sondern daß den zwei Freunden ein fa¬
moses Abenteuer sich da biete. Der Ehemann
als Geliebter seiner Frau. Na, gar so tierisch
brutal soll's nun doch nicht sein. Und darum
hören wir vorher noch von Cäcilie, daß sie eine
ganz andere geworden ist, so ein Stückchen, aber
nur ein Stückchen, Nora; der Herr Amadeus spitzt
die Ohren, eine andere? Ja, mit der Nora im
ersten Akte, dem untergebenen, willenlosen Weibe,
schloß er platonische Bündnisse, aber das selb¬
ständig gewordene Weib, das liebt, weil es will,
nicht muß, das erobert sein will, ha, das lockt,
und Herr Amadeus wird zum Tiere. Ein fataler
Patron das, in diesem Augenblicke. Frau Cäcilie
geht auf das Abenteuer ein, zum Abschied, wie
sie am Schlusse des Stückes sagt. Aber, o Wun¬
der, Herr Amadeus liebt seine Freundin auch
im dritten Akte, liebt sie so recht nach Art aller
braven Ehemänner und erinnert sich deshalb
jetzt, daß, nach seiner Meinung wenigstens, er
eigentlich wütend sein müßte auf denjenigen, der
ihn in der Zeit der brieflichen Ehe bei seiner
Gattin vertreten hat. Der Andere, schreit er mit
rollenden Augen, der muß ihm jetzt Rechenschaft
jgeben. Er wird eifersüchtig nach dem Abenteuer.“