II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 348

20. Zuischensniel
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(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: Palinner Anzeiger, Brünn
12 1005
vom:
Kdr. Ein Ensemble=Gastspiel des Wiener Hof¬
burgtheaters bedeutet für Brünn stets ein künstle¬
risches Ereignis. Diesmal in doppelter Beziehung.
As neu¬
Die Gäste machten uns mit S
ester Komödie „Zwischenspieleses #
Werk, das eine in Dialogform gebrachte Novelle, s.
aber kein bühnenwirksames Theaterstück ist, bietet 6
so ungeheure darstellerische Schwierigkeiten, ent¬
behrt so vollständig allen und jedes schauspieleri=
schen Effektes, daß eben nur Künstler, wie sie
das Wiener Hofburgtheater besitzt, an die Bewäl¬ 8
tigung einer solchen undankbaren Aufgabe schreiten
können. Nur ihrer Kunst und allenfalls noch der
Achtung, mit der man Schnitzlerischen Arbeiten be¬
gegnet, ist es zuzuschreiben, daß das Stück keine¬
deutliche Ablehnung erfuhr. Der begeisterte Beifall
galt einzig und allein den Schauspielern. Vielfach
konnte man in der Zuhörerschaft das Urteil ver¬
nehmen: „Die Aufführung ist großartig, das Stück
aber miserabel.“ Das Publikum gibt mit diesem
harten Worte seinem Unmute über die Schwerver¬
ständlichkeit intimer Seelenvorgänge, den Mangel
an dramatisch bewegter Handlung und die gegen
alles Herkommen disharmonische Lösung des Kon¬
fliktes aufrichtigen, wenn auch derben Ausdruck.
Schnitzler stellt farblose Charaktere auf die Bühne,
Menschen, die nicht Fisch, nicht Fleisch sind; er prä¬
pariert mit dem. Seziermesser des gewandten See¬
lenforschers alle Stimmungen, Regungen und Ge¬
heimnisse der Psyche, legt sie säuberlich geordnet
vor uns hin, gleich feinen, ausgeschälten Nerven¬
fasern — und vergißt, daß sie eben wegen dieser
Feinheit und Dünnheit uns nicht sichtbar werden,
nicht greifbar sind. Zwischen Bühne und Zuschauer¬
raum ist ein großer Abstand, mit dem der Drama¬
tiker rechnen muß. Der erzählende Dichter
darf sich solche feine seelische Zergliederungen ger
statten; diese bilden sogar einen der vornehmsten
Reize der psychologischen Novelle. Der Drama¬
tiker aber stelle Leben auf die Bühne, scharf
gezeichnete Gestalten, Menschen mit Leidenschaft
und Willen, und behandle ihren Widerstreit mit
gewaltigen, bewegenden Mächten. Im „Zwischen¬
spiel“ aber wird in langen, unbewegten Dialo¬
gen, welche zumeist von dem an einer krankhaf¬
ten Selbstbeobachtung leidenden Ehegatten Ama¬
deus und Cäcilie Adams geführt werden, über
Liebe und Ehe, deren Ende und Bruch verhandelt.
Daß Liebe im Leben des Mannes bloß eine Episode
ist, im Leben der Frau alles bedeutet, daß eine
vorübergehende Treulosigkeit des Mannes noch
lange kein Ehebruch ist, daß ein normalgeartetes
Weib sich ohne Reue nur dem geliebten Manne
hingeben kann, sind Wahrheiten, die schon oft be¬
wiesen wurden, und zu deren Neugestaltung
Schnitzler wohl am geeiqnetesten unter den zeit¬