II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 469

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20. Zuischenspiel
Perden—
sich um die verhältnismäßig geringe Menge der hei¬
seise gefordert und notgedrungen bezahit,
mischen Kartoffeln, und es kommt eine unerträgliche
die Preise hinausgehen, die sonst von
Preistreiberei zustande.
ler Lanowirtschaft wie auch der Ver¬
Wie das auf die Stimmung aller Volksschichten
gerechtfertigt und möglich bezeichnet
wirkt, welche auf Kartoffeleinkauf angewiesen sind,
Im Reichstage hat der Abg. Giesberts
braucht nicht näher ausgeführt zu werden. Im Hin¬
on 3.50 bis 4 Mark pro Zentner ge¬
blick auf die diesjährige große Kartoffelernte werden
Kartoffeln frei Keller geliefert werden
Preise von 5 und 6 Mark nicht mit Unrecht als Wucher¬
Landtagsabgeordnete Hocveler hat in
gefundenes an seelischer Bergwerksarbeit ist dabei —
Schnitzler: „Zwischenspiel“.
so die erwachende Eifersucht des schon gleichgültig
Künstlertheater,
gewordenen Mannes, nachdem er die verschwebende
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Gattin einmal, einmal, einmal wieder besessen hat.
Vorzüglich. Aber man sagt nicht: er ist ein Luder.
ich an Fragen der Nützlichkeit (oder des
Ich verlange das von einem Schriftsteller.
), dann ist, wenn im Felde draußen
II.
nerzlicher fließt und wir solche zerlegenden
sehn, allenfalls eine Antwort: daß Ab¬
Jedenfalls schweifen die Gedanken ab, wenn man
seelische Gesundheit fördern; somit für
heut vor diesem Liebeskampf des leidenden Paars im
ein Daseinsrecht haben.
Parlett sitzt.
hier ein Dichter hinstellt, wird von
Inmitten der Halbtöne, Zwiespaltklänge, Zwischen¬
Gedanken in mir verzerrt; unterbrochen;
stufungen des Geschlechtsmenschlichen; inmitten der
gänzt.
Erörterungen zweier sich leis Verrückenden, sich Wen¬
einen Mann und seine Frau sich von
denden, sich Abwendenden; zweier durchaus im Recht be¬
ernen; den letzten Teil dieses Entfernens
findlichen Selbstbeobachter, Kleinbeobachter: inmitten die¬
Beide haben genug voneinander —
ser Goldwägungen (ob es schon die letzten Goldwägungen
genug, daß kein Schmerz aufkäme.
kaum sind) kam, sekundenlang das furchtbare Gefühl in
eschieht, geschieht also hier ... in etlichen
mich: es gibt noch eine andre Lösung — der Mann
usagen dauernd festgehalten. Bloß in
kann dies Geschöpf dermaßen hauen, daß ihr die
ten.
Hälfte des Kehlkopfs, dessen sie als Opernsängerin
ein Auseinandergehn erfolgt, wenn man
übrigens dringend bedarf, zerbrochen wird, und schmeißt
keit betrachtet, in hundertundzehn Auf¬
sie dann die Treppe runter wie ein Paket. Gräßlich..
Weiter.
Dramatiker hat nur drei — doch ließen
drei mehr Punkte bringen, als Schnitzler
Im selben Atem kommt ein gegenteiliges Gefühl,
mehr Schlagendes drängen; mehr Ver¬
etwa so: Kinder, macht kein Aufhebens! Ihr habt's
bachtetes — daß dem Schaugast etwa
ja doch so gut!... Und ob Ihr Euch schon zerkriegt!
dieser Poet ist ein Luder.
Und ob Ihr schon ein wehmütiges, schmerzvoll=stilles
hat man das Gefühl: der Poet gibt
Scheidegefühl habt! Zugegeben!... Ihr sitzt ja im
ehr fein halbverdeckte Regungen; immer¬
Warmen! Wenn man nur g'sund is — liebe Cäcilie,
ereicherungen des Bestandes. Selbst= lieber Amadeus.
AT
Preisbildung keineswegs ein bloß wirtschaftliches,
sondern auch ein eminent wirtschaftspolitisches ist, in¬
soweit, als die Rückwirkung auf unser öffentliches
Leben schon jetzt unverkennbar ist und in steigendem
Maße sich geltend machen wird. Man wird nicht nur
die Regierung, sondern auch die politischen Parteien
und deren Führer, von denen man eine wirksame
Einwirkung auf die Regierung erwartet, für die ein¬
Schnigler bleibt ein hoher Wert für unsere Bühne
mit seinem schürfenden Gesamtwerk — das von der
Gunst nicht genügend besonnt wird. In diesem Stück
herrscht aber die schlimme Losung: Kein Schmatz
ohne Schmuß.
Schlimm? Es geht ja so zu bei vielen heutigen
Menschen; es muß heute so zugehn — die Sache wird
aber komisch, wenn sie gesprochen wird (statt nur ge¬
dacht zu werden). An Merkmalen sollte man sie spüren
statt an Mitteilungen.
Kein Schmatz ohne Schmuß Ich stelle mir vor,
daß die zwei Leute, wenn der Vorhang nach einer
Umarmung fällt und Wilderes folgt, immer noch
über jede Einzelheit schmußen, während sie begangen
wird.
Immer noch in dieser Sprechform Schnitzlers. Auch
sie hat zwei Seiten. Ich gewahre vieles, was unleicht,
holprig geprägt ist. Doch ... wäre das gut geprägt,
sehr schlagend geprägt, besonders deckend geprägt:
dann beschuldigte man ihn der Ausländerei. Zudem
hat er, als Dramatiker, nur die Verpflichtung, so un¬
vollendet und nachklappend reden zu lassen, wie wir
meistens im Alltag wirklich sprechen. ...
Er will aber doch etwas feiner sprechen lassen; legt
also gewisse Wendungen einem berufsmäßigen Schrift¬
steller in den Mund —— und aus alledem ergibt sich
ungefähr: Zeitungsüberlieferung von der blauen
Donau mit etwas Seelengeträuf zwischen.
Manchmal sehr fein. Doch Oskar Blumenihal saß
in einem Schaukäfig — dies nannte man vormals