II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 503

20. Zwischensniel
box 25/6
Sriee,
usschnittausu 1. —
Sine Sn u
om: 15.00l. 1977
Neichenerger Tagespost,
Reichenberg
Reichenberger Stadttheater.
Am 13. Juli ist hier Arthur Schnitzlersdreiaktige
Komödie „Zwischenspiel vom
Wiener Hofburgtheater als Gast gegeben worden.
Hermann Bahr, der wie er in einem „Glückwunsch
gelernt hat“ muß seinem Freunde „doch“ sagen,
seinen Marxismus (wie diverse andere seiner zeitwei¬
ligen Weltanschauungen) „mit der Zeit recht bedingen
gelernt hat“, muß seinem Freunde „doch“ sagen, daß
daß es ihm als der geistige Ausdruck einer sinkenden
Klasse erscheint, „die sich durch die Entwicklung unauf¬
haltsam zerrieben fühlt“, aus dem Leben seitab „deser¬
tieren“ zu wollen. Er findet also offenbar, wie der
Marxist Herniann Wendel, daß Schnitzler hier das
Schicksal teilt, von dem dieser behauptet, daß es sich
„mit unerbiltlich grausamer Gesetzmäßigkeit an den
modernenDichtern vollzieht“, das Schicksal, „dessen Tra¬
gik es ist, daß die Schaffenden auf dem schwankenden u.
unterhöhlten Boden einer Klasse stehen, die keine Zu¬
kunft mehr hat“ und die daher, auch wenn sie strecken¬
weise viel mehr versprachen, auf halbem Wege abbiegen
und „sich auf blühenden Wiesen“, abseits der brennen¬
den Fragen der eigenen Zeit, verlieren, „um Blumen
zu pflücken“, die sich schließlich wohl auch in der My¬
stik oder in undramatischer Seelenzerfaserung künst¬
lerisch ausleben.
In der „Liebelei“ hat Schnitzler, indem er die
Tragödie eines Mädchens gestaltete, die nicht die so¬
ziale Berechtigung hatte, ernst genommen zu werden
von dem Manne der bevorzugten Klasse, den sie liebt,
auch an ein soziales Problem gerührt, in „Freiwild“
hat er die Duellfrage, im „Vermächtnis“ die Frage der
„natürlichen Kinder“ und ihrer Mütter zur Diskussion
gestellt, ja im „Grünen Kakadu“ ließ er uns sogar die
Feuerluft der französischen Revolution atmen und wäh¬
rend dort Komödie in der Komödie gespielt wird, füh¬
len wir, wie draußen die Weltgeschichte das Weltge¬
richt wird. Im „Zwischenspiel“ jedoch erscheint Schnitz¬
ler fast nur als Seelenanatom und dramatischer Stim¬
mungsmaler. Trotz der bei diesem Dichter selbstver¬
ständlich blitzend geistreichen Dialoge und manches psy¬
chologischen Treffers, den sie enthalten, fehlt der faden¬
dünnen Handlung jeder dramatische Nerv und man
empfindet den Schluß nicht recht als zwingende Not¬
wendigkeit. —
Ein Ehepaar, Kapellmeister Amadeus Adams und
feine Frau, eine bedeutende Opernfängerin, — ein
Chepaar, das sich „Wahrheit“ versprochen hat, kommt
einander, zu einem Zeitpunkt, wo beide Teile einiger¬
maßen anderweitig interessiert sind, darin entgegen,
sich gegenseitig in Schönheit freizugeben. Sie einigen
sich dahin, daß sie fortan Freunde sein wollen und sich
äußerlich nichts an ihrer bisherigen Gemeinsamkeit än¬
dern soll. Er erwartet, daß sie ihm mit seinem ehema¬
ligen Schüler, dem Fürsten Sigismund von Lohsenstein,
der sie innig liebt, untreu wird, und sie nimmt ohne
weiteres an, daß er in zärtliche Beziehungen zu der
Opernsängerin Gräfin Mosheim, die ihm das gewiß
nicht schwer machen wird, tritt. Cäcilie Adams=Orten¬
burg, von dem Wiener Gast mit faszinierender künst¬
lerischer Feinfühligkeit lebendig gemacht, in allen Nu¬
ancen des Weibempfindens gleich lebensvoll offen¬
bart, erfüllt die Voraussetzungen ihres Mannes nicht,
während der Kapellmeister (Herr Gebhardt), dessen
Darstellung an Sicherheit in der charakterisierenden
Linienführung einiges zu wünschen übrig ließ, ein Ver¬
hältnis zur Gräfin hinter sich hat, als Cäcilie von einem
Gastspiel, wo sie Triumphe feierte und Eroberungen
machte, zu dem „Freunde“ zurückkehrt. Das Selbstge¬
fühl ihrer siegreichen Schönheit, die Bereitschaft der
Frau, die sich frei fühlt, dem Leben und den „Aben¬
teuern“ gegenüber, berauschen den Kapellmeister der¬
art, daß der Kamerad zum Verführer wird und das