II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 552

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20. Zuischenspier
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als Richter Adam hätt' ich beinah gelacht. Ich hab' mich nur nicht
Egon: Doch, es ist einer.
Sam: Wie ich jetzt seh', hat mir das ganze Stück eigentlich doch recht getraut zu lachen, weil kein Mensch im ganzen Haus gelacht hat.
Ich kann doch nicht allein lachen.
nicht gefallen. Es ist zwar interessant, aber der „Grüne Kakadu“
Egon: Ihr Gefühl ist ganz richtig, und ich respektiere, wie
im Deutschen Volkstheater war bedeutend besser. Da geht
immer so auch diesmal, die erfrischende Aufrichtigkeit Ihres ge¬
doch wenigstens etwas vor! Da wird geschrien und getobt und ge¬
sunden Urteils. Sie lassen sich von dem literarischen Ruhm eines
schossen und Spektakel gemacht, und jeden Augenblick glaubt man,
Stückes in Ihren Anschauungen nicht beirren.
jetzt geht sie los, die französische Revolution, jetzt kommen sie mit der
Sam: Mich muß eine Sache im Theater vör allem interessieren.
Guillotine, die Bluthunde.
Und über einen Komiker will ich lachen. Ueber den Maran zum
Egon: Der Dichter jongliert allerliebst mit Spiel und Wirklich¬
Beispiel muß ich immer lachen, wenn er seine betrogenen Ehemänner
keit, mit Ernst und Komödie. Uebrigens ein Lieblingsmotiv seiner
spielt. Ich habe das Gefühl, daß das
ganzen Kunst. Wir sind alle Komödianten.
von allgemeinem Interesse ist. Jetzt spielen
Sam: Die Anwesenden natürlich aus¬
sie in der Josefstadt eine blödsinnig tolle
genommen.
Pariser Geschichte „Hotel Pompadour“.
Hortense: Ich finde im „Grünen
Egon: Ich glaube, das Genre hat
Kakadu“ die schöne, natürliche Freiheit
sich bereits überlebt, und der Anteil des
so ganz entzückend wahr, mit der die kokette
Publikums nimmt merklich ab. Ein wir¬
Marquise Séverine die beiden — na, die
belnder zweiter Akt, der übrigens auch
Geschöpfe behandelt, die im Cabarett des
schon oft genug dagewesen ist, vermag für
Schmierendirektors Prospère zu ihren Fü߬
einen langweiligen ersten und einen stumpf¬
chen sich hinschmiegen. Ach, wie die drei
sinnigen dritten nicht zu entschädigen Und:
einander gut verstehen!
die Mizzi Palme, die in der „Dame
Sam: Die eine war die kleine Paula
von Nr. 23“ so unübertrefflich wurmstichig
Müller, eine reizende Person und ein
naiv war, hat diesmal nur ein winziges
großes Talent, und die andere die kleine
Zofen=Röllchen.
Fritzi Schaffer, auch ein großes Talent
Sam: Wenn der Maran sich schlafen
und eine sehr reizende Person. Mich er¬
legt, muß ich immer lachen. Ich werde
innert übrigens der „Grüne Kakadu“ an
übrigens jetzt auch schlafen gehen. Ich
„Kabale und Liebe“. Aber nur ganz ent¬
bin gestern etwas länger aufgeblieben,

fernt natürlich.
und da habe ich das halbe Stündchen
Egon: Es ist die Zeit, das Kostüm.
nachzuholen. Sie sind doch wohl so gütig,
Haben Sie nicht den großartigen Strolch
Egon, und vertreiben meiner Frau die #
Grain des Herrn Homma bemerkt? Eine
Zeit mit literarischen Gesprächen. Uebers
Glanzleistung voll grotesker Lustigkeit. Er
Theater kann man stundenlang fortreden,
hat seine arme Tante ermordet und weint
und es kommt nichts dabei heraus. Es ist“
Paula Müller, Mitglied des Deutschen Volkstheaters.
ihr die rührendsten Reuetränen nach.
übrigens mit der Politit auch nicht
Sam: Ich hab' mir sagen lassen, die
anders. Gute Nacht, lieber Egon, und auf ein recht baldiges Wieder¬
Regie des Herrn Ballentin soll so besonders gut gewesen sein in dem
sehen, vielleicht schon morgen. Gute Nacht, süßer Engel, du bist mir
vorhergegangenen, dem „Zerbrochenen
Stücke. iei=sen
doch nicht böse, daß ich mich so früh zurückziehe? Wenn
Krug“ von Kleist. Das ist gewiß ein sehr wunderbares Stück, aber
ihr die ganz hohe Literatur besprecht, versteh' ich ja ohnehin
doch vielleicht ein bißchen zu lang. Der Kleist ist doch der berühmtere,
nichts davon und wenn ich meine Meinung über Strindberg
und beim Schnitzter haben sich die Leute großartig unterhalten. Wenn es
abgebe, ärgerst du dich ja doch nur. Strindberg ist übrigens auch
nicht vom Kleist wäre, möchten sich einige schon trauen zu sagen, daß
sehr interessant. Aber Schnitzler ist mir lieber. Gute Nacht allerseits,
es beinah' fad gewesen ist. Wen soll denn das eigentlich interessieren
die Zigarren stehen auf der Konsole. (Er geht ab, Hortense seufzt mit schmerz¬
heutzutage, wo doch ganz andere Sachen vorgehen in der Welt, daß
lich entsagendem Lächeln).
ein alter Krug zerbrochen ist!
Egon: Ich höre Ihrem Herrn Gemahl manchmal ganz gern zu.
Hortense: Der Krug ist nur Symbol, Lieber.
Er ist der typische Repräsentant der Publikums=Ansicht. Er hat gezahlt
Na, wenn er wirklich ein Symbol
Sam: Ein Symbol? —
und er will sich unterhaten.
ist, dann hast du recht. Wenn man's so nimmt, ist der „Zerbrochene
Horteuse: Jawohl, das hat er und das will er. Er präsentiert
Krug“ auch ein sehr interessantes Stück. Es ist eine ganz andere Zeit,
die sittliche Forderung und treibt seine Außenstände mit jovialer
und es sind ganz andere Menschen. Man sieht in eine fremde
Unerbittlichkeit ein . . . ... (Sie reden über Literatur.,
Welt und wie früher alles gewesen ist. Ueber den Herrn Höfer