II, Theaterstücke 19, Der Ruf des Lebens. Schauspiel in drei Akten (Vatermörderin), Seite 4

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Le
des
D
19. Ler Ruf
meditierenden Arzte, der irdischen Gerechtigkeit
Lessing=Theater.
entzogen und auf den Sinn des Lebens verwiesen,
Zum rsten Male: „Der Ruf des Lebens“
dessen Sonne über Gute und Böse scheint. Das
Schauspiel in drei Akten vo Arthur Schnitzler.
einzig Sichere ist der Tod. Es hieße einem Dichter
Der neue Schnitzler, von dessen Première
von der Bedeutung Schnitzler zu nahe treten, wollte
im Lessing=Theater ich eden=komme, hat der kleinen
ich in diesen kurzen Andeutungen den geistigen Ge¬
Gemeinde, die ein wirkliches Verständnis für die
halt seiner Dichtung erschöpfen.. Ich komme auf
zarte Problemkunst seiner Dramen hat, eine große
dieselbe noch eingehend zurück. Jedenfalls vor
Ueberraschung bereitet. Er, dessen Stücke, um ein
das von einer bitteren Resignation durchwehte,
Nietzschewort zu gebrauchen, wie auf Taubenflügeln
Grausames und menschlich Zartes in seltsamer
daherkommen, dem man im gegnerischen Lager die
Mischung enthaltende Drama der reifen Schau¬
Fähigkeit absprach, starke Bühnenwirkung zu geben,
spielkunst des Lessing=Theaters außergewöhnliche
hat diesmal ein Stück geschrieben, in dem er alles
Aufgaben. Albert Bassermann gab dem
bisher bei ihm Vermißte nachholt. Im ersten Alt
Obersten die kalte Ruhe des grausamen Lebens¬
Vatermord, im zweiten Ehebruch und ein völlig
spielers, Hans Marr bot als alter Moser eine
unvermuteter Pistolenschuß, im dritten eine Sterbe¬
Charakterstudie von schneidender Schärfe. Else
T
szene und die Beichte einer nicht bereuenden Sün¬
Schiff als Irene schlug ihre seelenvollsten Töne
derin, das fällt selbst dem abgehärtetsten Premieren¬
an, während Grete Hofmann für das wie
besucher auf die Nerven. Die Idee des tiefsinnigen,
ein schönes Irrlicht über dem Sumpf des Lehens
aber in seiner symbolisierenden Schärfe lebens¬
flackernde Phantom Katharina nice die rechten
fremden Dreiakters ist wohl, soweit dieselbe aus
Farben fand. Eine feine Studie bot Emanuel
dem an Gedankenstrichen reichen Dialog ohne Buch
Reicher als Dr. Schindler. Stieler spielte
herausgedeutet werden kann, in einer Polemik ge¬
den Max, Rittner den Forstadjunkten in zu
gen die ohne innere Nötigung von außen her uns
trockenem Tone. Der Dichter konnte sich bereits
aufgezwungene starre sflicht zu finden, der gegen¬
nach dem ersten Akte dreimal verbeugen, nach dem
über der Ruf des Lebens gebieterisch und aller
zweiten und dritten setzte jedoch auch leiser Widerz
anerzogenen Moral spottend sich geltend macht.
spruch ein.
II. v. 1.—
Ein Mädchen, das von einem kranken, grausamen
Vater um seine Jugendzeit betrogen wird, wird da¬
durch zur Mörderin am eigenen Vater und —
wenigstens nach bürgerlicher Moral — zur Dirne,
eine Rolle, der Irene Triesch durch ihre große
Kunst erst, die Lebensfarbe gab. Der Offizier, den
die um ihre Jugend Betrogene liebt, ist im Begriff,
in den sicheren Tod zu gehen, nicht einem inneren
Drange folgend, sondern auf Kommando seines
Obersten, der eine frühere Fahnenflucht seines Re¬
giments gutmachen vill, indem er es zum Opfer¬
tode auserwählt. Vor dem Abzug entdeckt der
Oberst, daß der Leutnant ein Verhältnis mit seiner
Gattin hat und schießt diese in der Wohnung seines
Nebenbuhlers über den Haufen. Ein junges Mäd¬
meditierenden Arzte, der irdischen Gerechtigkeit
chen, dessen Bräutigam ihm untreu geworden, wird
entzogen und auf den Sinn des Lebens verwiesen,
Tessing=Cheater.
eine Beute wilden Lebensrausches und stirbt im
dessen Sonne über Gute und Böse scheint. Das
letzten Akte, während Kinder auf einer Wiese spie¬
Zum ersten Male: „Der Ruf des Lebens“
einzig Sichere ist der Tod. Es hieße einem Dichter
Schauspiel in drei Akten vo Arthur Schnitzler.
len, in Schönheit. Die Verbrecherin aus Lebens¬
von der Bedeutung Schnitzler zu nahe treten, wollte
Der neue Schnitzler, von dessen Première
hunger aber wird von ihrem Freunde, einem viel
ich in diesen kurzen Andeutungen den geistigen Ge¬
im Lessing=Theater ich sben komme, hat der kleinen
halt seiner Dichtung erschöpfen. Ich komme auf
Gemeinde, die ein wirkliches Verständnis für die
dieselbe noch eingehend zurück. Jedenfalls vor
zarte Problemkunst seiner Dramen hat, eine große
das von einer bitteren Resignation durchwehte,
Ueberraschung bereitet. Er, dessen Stücke, um ein
Grausames und menschlich Zartes in selisamer
Nietzschewort zu gebrauchen, wie auf Taubenflügeln
Mischung enthaltende Drama der reife: Schau¬
daherkommen, dem man im gegnerischen Lager die
spielkunst des Lessing=Theaters außergewöhnliche
Fähigkeit absprach, starke Bühnenwirkung zu geben,
Aufgaben. Alvert Bassermann gab dem
hat diesmal ein Stück geschrieben, in dem er alles
Obersten die kalte Ruhe des grausamen Lebens¬
bisher bei ihm Vermißte nachholt. Im ersten Alt
spielers, Hans Marr bot als alter Moser eine
Vatermord, im zweiten Ehebruch und ein völlig
Charakterstudie von schneidender Schärfe. Else
unvermuteter Pistolenschuß, im dritten eine Sterbe¬
Schiff als Irene schlug ihre seelenvollsien Töne
szene und die Beichte einer nicht bereuenden Sün¬
an, während Grete Hofmann für das wie
derin, das fällt selbst dem abgehärtetsten Premièren¬
ein schönes Irrlicht über dem Sumpf des Lebens
besucher auf die Nerven. Die Idee des tiefsinnigen,
flackernde Phantom Katharina nies die rechten.“
aber in seiner symbolisierenden Schärfe lebens¬
Farben fand. Eine feine Studie bot Emanuel
fremden Dreiakters ist wohl, soweit dieselbe aus
Reicher als Dr. Schindler. Stieler spielte
dem an Gedankenstrichen reichen Dialog ohne Buch
den Max, Rittner den Forstadjunkten in zu
herausgedeutet werden kann, in einer Polemik ge¬
trockenem Tone. Der Dichter konnte sich bereits
gen die ohne innere Nötigung von außen her uns
nach dem ersten Akte dreimal verbeugen, nach dem
aufgezwungene starre Fflicht zu finden, der gegen¬
zweiten und dritten setzte jedoch auch leiser Wider¬
über der Ruf des Lebens gebieterisch und aller
H. v. B.
spruch ein.
anerzogenen Moral spottend sich geltend macht.
Ein Mädchen, das von einem kranken, grausamen
Vater um seine Jugendzeit betrogen wird, wird da¬
Kunst und Wissenschaft.
durch zur Mörderin am eigenen Vater und —
zur Dirhe,
„Drei Erlebnisse eines engli¬
wenigstens nach bürgerlicher Moral —
eine Rolle, der Irene Triesch durch ihre große
schen Detektivs.“ Franz v. Schönthans neue
Kunst erst die Lebensfarbe gab. Der Offizier, den
dreiaktige Komödie, die am Deutschen Volkstheater
die um ihre Jugend Betrogene liebt, ist im Begriff,
in Wien bereits über 25 Mal aufgeführt wurde
in den sicheren Tod zu gehen, nicht einem inneren
und seit kurzem am Deutschen Schauspielhaus in
Drange folgend, sondern auf Kommando seines

Hamburg mit großem Erfolg gegeben wird, ist so¬
Obersten, der eine frühere Fahnenflucht seines Re¬
eben auch vom Königlichen Hoftheater in Wies¬
giments gutmachen vill, indem er es zum Opfer¬
baden zur Aufführung angenommen worden. Das
T
tode auserwählt. Vor dem Abzug entdeckt der

Werk, das im Verlage von Felix Bloch Erben er¬
Oberst, daß der Leutnant ein Verhältnis mit seiner
18
scheint, wird in den nächsten Tagen am Deutschen
Gattin hat und schießt diese in der Wohnung seines
Landestheater n Prag in Szene gehen und be¬
Nebenbuhlers über den Haufen. Ein junges Mäd¬
findet sich auch an einer Reihe anderer hervor¬
chen, dessen Bräutigam ihm untreu geworden, wird
ragender Bühnen, u. a. am Schauspielhaus in
eine Beute wilden Lebensrausches und stirbt im
ha
Frankfurt a. M., den Residenz=Theatern in Dres¬
letzten Akte, während Kinder auf einer Wiese spie¬

den, Köln und Stuitgart, den Stadttheatern in
ken, in Schönheit. Die Verbrecherin aus Lebens¬
hunger aber wird von ihrem Freunde, einem viel 1 Graz, Bonn, Brünn usw. bereits in Vorbereitung. zu
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