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Le
19. Dereer re se e ee e deee ee
Telephon 12801.
„OBSERVER
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Aussehnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Gters-C-
AGBLATT
Ausschnitt aus:
6- 3. 1906
vor“.
Theater, Kunst und Literatur.
Die Erstaufführung von Artur Schniklens
„Ruf des Lebens“, die am 24. Februar im Be¬¬
liner Lessing=Theater stattfand, hat trotz des
äußeren, freilich bestrittenen Erfolges dem tiefer Blicken¬
den eine herbe Enttäuschung bereitet. Oskar Anwand
schreibt darüber in der „M. Allg. Ztg.“: „Ich muß ge¬
stehen, selten ein mir so durch und durch unsympathisches
Stück gesehen zu haben. Der Dichter zerfasert unsere
Empfindungen als Unwahrheiten und Vorurteile, um
doch wieder zu ihnen zurückzukehren und sie zusammen¬
zuleimen. Fast scheint es, als fehlte ihm jede naive
Lebensfreude und =Gesundheit, das reiche, lachende Da¬
sein anders zu genießen als durch die krankhafte Auf¬
stachelung im Angesichte des nahen Todes. So kann
man diesmal auch nicht von Charakteren, sondern nur
von Theaterfiguren reden, die statt der von Schnitzler
beabsichtigten stilisierten Sprache einfach ein Journa¬
listen= und Papierdeutsch im Munde führen. Was soll
uns aber dieser rührsame Hexenkessel eines jammern¬
den Poeten voll Mutlosigkeit, Geistreichelei, Skepsis und
Sentimentalität! Für mich ist ein Dichter, wer das
Leben liebt und neue Möglichkeiten gestaltet, nicht
aber bloß Gefühle nutzlos zerpflückt, als untersuchte
ein Arzt einen Körper mit scharfer Sonde immer und
mmer wieder, bis er traurig und treffend bemerkt:
ies ist eine unförmige, blutige, tote Masse. Aber
ielleicht jonglierte Schnitzler diesmal nur artistisch und
ußerlich mit den wenigen Motiven, die seit kurzem
ein ganzes Repertoire bilden. Jedenfalls zeigt ihn sein
Ruf des Lebens“ (in Wahrheit ein Ruf zum Trüb¬
inn) als Dekadent im schlimmsten Sinne des
Lortes.“
box 24/1
Telenhon 1280
#####r
—
53
„SOSEIVER
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeilungs-Ausschnilte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Ch.istiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis. New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quelienangabe ohne Gewähr.)
1824
Liiciutesgeerbe--euh u
Ausschnitt aus:
10. J. 1906
vom:
Eine starke Enttäuschung bereitete dagegen=Schnitzler
mit seinem „Ruf des Lebens“ einem Stück, das seiner un¬
würdig ist. In der Sprache findet sich unglaubliches
Papierdeutsch neben sehr feinen, vereinzelten Wendungen,
in der Handlung fast unausgesetzt theatralisch zugestutzte
Ueberraschungen gröbster Art, Unwahrscheinlichkeiten, verzerrt
bis zur Grimasse. Da muß ein junges Weib, nur um dem
„Ruf des Lebens“ zu folgen, ihren Vater ermorden, einen
griesgrämigen hypochondrischen Alten, der dem Mädel das
Leben versauert und sie in seinen vier Wänden hält. Und
als das Mädel auf diese Art heimlich zu ihrem Liebsten
schleicht (im zweiten Akt), da harrt des Zuschauers eine neue
Ueberrumpelung. Der Liebste ist Offizier bei den blauen
Kürassieren, die morgen in den Tod reiten, und hat ein andres
Lieb bei sich, die Frau seines Vorgesetzten, der plötzlich durch
das Fenster springt und sein Weib niederknallt. Worauf die
andre Liebste mit ihrem Offizier dem Ruf des Lebens folgt.
Diese mörderlichen Knalleffekte beschließt ein langatmiger
dritter Akt, der trübe Resignation bringt und etliche grelle
Schlaglichter auf einen andren Mann wirft, der einst ein
andres junges Ding hat sitzen lassen, ein Weib, das schlie߬
lich den Verstand verliert, was man dem Zuhörer auch nicht
verübeln könnte.
Paul Legband.
Le
19. Dereer re se e ee e deee ee
Telephon 12801.
„OBSERVER
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Aussehnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Gters-C-
AGBLATT
Ausschnitt aus:
6- 3. 1906
vor“.
Theater, Kunst und Literatur.
Die Erstaufführung von Artur Schniklens
„Ruf des Lebens“, die am 24. Februar im Be¬¬
liner Lessing=Theater stattfand, hat trotz des
äußeren, freilich bestrittenen Erfolges dem tiefer Blicken¬
den eine herbe Enttäuschung bereitet. Oskar Anwand
schreibt darüber in der „M. Allg. Ztg.“: „Ich muß ge¬
stehen, selten ein mir so durch und durch unsympathisches
Stück gesehen zu haben. Der Dichter zerfasert unsere
Empfindungen als Unwahrheiten und Vorurteile, um
doch wieder zu ihnen zurückzukehren und sie zusammen¬
zuleimen. Fast scheint es, als fehlte ihm jede naive
Lebensfreude und =Gesundheit, das reiche, lachende Da¬
sein anders zu genießen als durch die krankhafte Auf¬
stachelung im Angesichte des nahen Todes. So kann
man diesmal auch nicht von Charakteren, sondern nur
von Theaterfiguren reden, die statt der von Schnitzler
beabsichtigten stilisierten Sprache einfach ein Journa¬
listen= und Papierdeutsch im Munde führen. Was soll
uns aber dieser rührsame Hexenkessel eines jammern¬
den Poeten voll Mutlosigkeit, Geistreichelei, Skepsis und
Sentimentalität! Für mich ist ein Dichter, wer das
Leben liebt und neue Möglichkeiten gestaltet, nicht
aber bloß Gefühle nutzlos zerpflückt, als untersuchte
ein Arzt einen Körper mit scharfer Sonde immer und
mmer wieder, bis er traurig und treffend bemerkt:
ies ist eine unförmige, blutige, tote Masse. Aber
ielleicht jonglierte Schnitzler diesmal nur artistisch und
ußerlich mit den wenigen Motiven, die seit kurzem
ein ganzes Repertoire bilden. Jedenfalls zeigt ihn sein
Ruf des Lebens“ (in Wahrheit ein Ruf zum Trüb¬
inn) als Dekadent im schlimmsten Sinne des
Lortes.“
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Telenhon 1280
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„SOSEIVER
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeilungs-Ausschnilte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Ch.istiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis. New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quelienangabe ohne Gewähr.)
1824
Liiciutesgeerbe--euh u
Ausschnitt aus:
10. J. 1906
vom:
Eine starke Enttäuschung bereitete dagegen=Schnitzler
mit seinem „Ruf des Lebens“ einem Stück, das seiner un¬
würdig ist. In der Sprache findet sich unglaubliches
Papierdeutsch neben sehr feinen, vereinzelten Wendungen,
in der Handlung fast unausgesetzt theatralisch zugestutzte
Ueberraschungen gröbster Art, Unwahrscheinlichkeiten, verzerrt
bis zur Grimasse. Da muß ein junges Weib, nur um dem
„Ruf des Lebens“ zu folgen, ihren Vater ermorden, einen
griesgrämigen hypochondrischen Alten, der dem Mädel das
Leben versauert und sie in seinen vier Wänden hält. Und
als das Mädel auf diese Art heimlich zu ihrem Liebsten
schleicht (im zweiten Akt), da harrt des Zuschauers eine neue
Ueberrumpelung. Der Liebste ist Offizier bei den blauen
Kürassieren, die morgen in den Tod reiten, und hat ein andres
Lieb bei sich, die Frau seines Vorgesetzten, der plötzlich durch
das Fenster springt und sein Weib niederknallt. Worauf die
andre Liebste mit ihrem Offizier dem Ruf des Lebens folgt.
Diese mörderlichen Knalleffekte beschließt ein langatmiger
dritter Akt, der trübe Resignation bringt und etliche grelle
Schlaglichter auf einen andren Mann wirft, der einst ein
andres junges Ding hat sitzen lassen, ein Weib, das schlie߬
lich den Verstand verliert, was man dem Zuhörer auch nicht
verübeln könnte.
Paul Legband.