II, Theaterstücke 19, Der Ruf des Lebens. Schauspiel in drei Akten (Vatermörderin), Seite 177

19. Der Ruf des Lebens
box 24/2
*
271
interessiert sind“. Seine bedeutsame Abhandlung
im vorigen Jahre erschienenen „Eisland¬
ist zuerst im „Österreichischen Verwaltungs¬
blüten“, eine Anthologie aus der neu¬
isländischen Lyrik, sind von der gesamten is¬
archiv“ erschienen und liegt nun auch im
Separatabdruck vor. Professor Halban weist in
ländischen Kritik als dauernde, grundlegende
Arbeiten auf diesem Gebiete anerkannt worden.
treffender Weise nach, daß der Gymnasiast
Aber auch sein hauptsächlich auf Grund is¬
gerade für das Rechtsstudium verhältnismäßig
ländischer Quellen gearbeitetes geographisch¬
am wenigsten vorgebildet wird und schlägt
ethnographisches Werk „Island, das Land
daher vor, den angehenden Juristen vorerst im
und seine Bewohner“ erfreut sich, obgleich seit
ersten Semester durch Vorlesungen über Enzyklo¬
seinem Erscheinen vor mehr als 20 Jahren in
pädie der Rechts= und Staatswissenschaften,
manchen Partien jetzt veraltet, auf Island
über Rechtsphilosophie und über allgemeine
selbst noch immer der größten Wertschätzung
Gesellschaftslehre gewissermaßen für das eigent¬
und ist seinerzeit von den berufensten deutschen
liche Studium vorzubereiten. hierauf wären die
Fachautoritäten — wir nennen nur Konrad
rechtshistorischen Disziplinen in drei Semestern
vorzutragen, wobei auf die vergleichende Rechts¬
Maurer und Richard heinzel — und neuestens
wieder von Professor Kahle und dem Wiener
wissenschaft ein besonderer Nachdruck gelegt
Dr. Erich Zugmayer nach ihrer Bereisung der
werden sollte. Das fünfte und sechste Semester
sollten dem staatswissenschaftlichen Studium und
Insel als eine vorzügliche, äußerst verläßliche
die zwei letzten den judiziellen Fächern ge¬
Arbeit bezeichnet worden. Vor kurzem erhielt
Poestion von Island eine in ungemein schmeichel¬
widmet sein. Die Anregungen des Professors
haften Ausdrücken abgefaßte Adresse, worin ihm
v. halban laufen darauf hinaus, dem künf¬
der Dank des isländischen Volkes für seine eben¬
tigen Juristen eine besonders gute theoretische
Grundlage zu geben und die Erwerbung der
so unermüdliche wie erfolgreiche literarische Tätig¬
eigentlichen Gesetzeskenntnis mehr der Praxis
keit im Interesse Islands ausgedrückt und zugleich
zu überlassen.
die Bitte vorgetragen wurde, als Ehrengast

Poestion. Regierungsrat J. C.
des Landes und des Volkes die Insel zu be¬
Poestion, dessen nordische Grammatiken eine
suchen. Regierungsrat Poestion hat, nachdem
weite Verbreitung — sogar in Schweden und
ihm der Ministerpräsident in dankenswerter
Weise die Reise nach Island ermöglichte,
Norwegen selbst — gefunden haben, war der erste,
der für uns sozusagen den Schleier von der ganzen
die Einladung der Isländer angenommen und
wird im kommenden Sommer endlich das Land
neuisländischen Literatur seit der Reformation
gehoben und ihre reichen Schätze der übrigen
betreten, mit dem er sich so vielfach beschäftigt
hat. Er gedenkt dort mehrere Monate zu ver¬
Welt erschlossen hat, Sein großes literar¬
historisches Werk „Isländische Dichter der Neu¬
weilen, sprachliche, ethnographische und geo¬
zeit in Charakteristiken und übersetzten Proben
graphische Studien zu betreiben und die alten,
ihrer Dichtung“, seine Schrift über das is¬
geschichtlich oder kultur= und literarhistorisch
ländische Drama und Theaterwesen und seine berühmten Stätten zu besuchen.
nk —
Feuilleton.
seine Reflexion hinüherweht. Wo es ihm ge¬
Artur Schnitzlers Schauspiel: „Der Ruf
lungen ist, das Wirklichkeitsbild mit der auf¬
des Lebens“ im Berliner Lessing=Theater.
lösenden, halbironischen Stimmung der Re¬
Den „Ruf des Lebens“ hat Artur Schnitzler
signation ganz zur Einheit zu verschmelzen,
in manchen seiner früheren Werke besser ver¬
etwa wie einem Maler, der Landschaften und
standen, als in seinem neuen Schauspiel, dem er
Gestalten ganz in Luft einhüllt, da hat er sein
das vielsagende Wort an die Stirne geschrieben
Bestes geschaffen. Das Schauspiel „Liebelei“ mit
und das dieser Tage mit lärmendem, aber nicht
dem wahrhaft empfundenen Epiloge des welt¬
unbestrittenem Erfolge im Lessing=Theater ge¬
müden Musikanten, den das Leben aus der
geben wurde. Schnitzler ist sonst tatsächlich der
konventionellen Sittlichkeit herausgedrängt hat,
Lebendigsten einer; er pflegt festen Boden unter
ist das typische Beispiel für solches Gelingen.
den Füßen zu haben und ihn nicht zu verlieren.
Diesmal fällt dem Dichter der Himmel, den er
Teilt er schon mit den anderen bedeutenden
über das Ganze wölben möchte, aus dem Ge¬
Dramatikern des heutigen Wien die Neigung,
dicht heraus. Die atmosphärische Stimmung ist
skeptisch wehmütig über die Welt hinwegzusehen,
nicht echt, man merkt die Pinselstriche in der
so faßt er doch das Gegenständliche sehr ener¬
Luft und so scheint auch das Leben darunter
gisch an, so daß ein Wirklichkeitshauch auch in
nur „gemalt“
□0