19 Der Ruf des Lebens
Telephon 12.801.
De.
„OUSEIVEN
f. österr. behördi. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschultte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
n Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Gen' Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr).
Ausschnitt aus:
vom: 14. De-Mnehggr Neueste Nachrichter
Dr. Erich Petzet
* Kleine Chronik. Artur Schnitzlers, dreiaktiges
Drama „Der Ruf des Lebens“, das seinerzeit in
Breslau und Berlin keinen Erfolg,hatte erzielen
können, kam am Sonntag mit geändertem Schluß im
Deutschen Volkstheater zum ersten Male in Wien
zur Aufführung und wurde sehr beifällig aufgenom¬
st.
men. — Das
Telephon 12.801.
Da
1
„ODSLITEI
österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitunga-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christianin, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Baris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
VOuelienangabe ohne Gewühr).
Ausschnitt aus:
P
14SEEuS: Kofnischs Zeltung
vom.
—
* Wien. Arthur Sch#blers dreickktiges Schauspiel Der Ruf
###peils, das in Berlin aufgeführt ist.
*gelghete Samstag im hiesigen Deutschen Volkstheater zur ersten Auf¬
lichkung in Wien. Das lockere Gefüge des dramatischen Baues und
nas Problematische sowohl dei Fabel wie der handelnden Personen
bermochten auch hier keinen liefern Eindruck zu machen, wenngleich
der äußere Erfolg groß und lärmend war und Schnitzler von seiner
gläubigen Gemeinde nach dem Schlusse der beiden letzten Akte unge¬
zählie Male gerufen wurde. Am stärksten wirkte der erste Akt, der
für sich als Einakter gespielt vielleicht längere Lebensdauer haben
würde. Die Derstellung war nicht übel. Seibst die Marie, die Tochter
des „alten „bösen Mannes“ Moser, wurde in der Darstellung des
Frl. Hanzemann ganz glgubhaft.
—.—
box 24/3
1. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
I., Concordiaplatz 4.,
Wien,
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Gent, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork.
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenengabe ohne Gewähr).
Ausschnitt aus: Hamburger Nachrichten
12 1999
Hamburg
vom:
H. [Wiener Theater.] Schnitzlers Schauspiel „Der Ruf.
eutschen Volks¬
des Lebens“, die letzte
#
stheaters, ist schon älteren Datums; vof etwa drei Jahren in
Berlin aufgeführt, vermochte es dort zu keiger rechten Anerkennung
zu gelangen. In Wien hat es dagegen starken Eindruck gemacht,
denn seine dichterischen Qualitäten sind unleugbar stark; aber die
Hauptsache: wir haben uns in unseren literarischen Anschauungen
seitdem wieder gewandelt, denn unleugbar ist das Romantische und
nahm ihm in noch stärkerem Maße das groß Dramatische auf dem
Wege. Schnitzlers Schauspiel bietet beides, zwar noch nicht kräftig
herausgearbeitet, aber doch so, daß das, was damals vielleicht ein
früher Vorläufer war, heute den Anforderungen der Gegenwart sich
anpaßt und sie erfüllt. Auf diesen Voraussetzungen beruht sicher¬¬
lich der starke Anklang, den das Stück gefunden und den es, einige
Unebenheiten abgerechnet, auch verdient hat. — Der Ruf des
Lebens: das Thema liegt im Titel klar vorgezeichnet; alle Men¬
schen, die darin handeln, sind auf diesen Akkord abgestimmt, sie alle
hören den Ruf und eilen, ihm zu folgen, jeder nach seiner Art,
nach seinem Temperament und Wollen. Alle Menschen verbindet
dieser eine große mächtige Anreiz der Lebensbetätigung, der für
recht und notwendig erkannt, sich in das schlagende Herz gesenkt
hat, aber auch alle trennt diese ewige Melodie, die jeden das
Schicksal anpacken heißt unter der Voraussetzung, er könne es
modeln, wie es ihm gefällt. Man merkt den Arzt, vor dessen
Augen diese Gestalten entstanden und das tiefer zu blicken sucht und
Zusammenhänge erkennt, die die Kenntnis der menschlichen Psyche
im Bunde mit ihren Erscheinungsarten und Gesetzen zu raten gibt.
Es sind Kriegszeiten. Unten ziehen die blauen Dratzoner in
den Kampf, bereit, eine alte Schmach ihres Regimentes mit dem
Tod zu sühnen. Droben in der Kammer vegetiert der alte Meser,
dem Grabe nahe, dem Tode verfallen, der aber seit Jahren zögert,
über die Schwelle zu treten. Seine Tochter Marie leidet die
Qual der Pflege um diesen Alten, der ihre Jugend in Lieblosigkeit,
Hartherzigkeit und krankhaftem Mißtrauen langsam tötet. Schon
hat sie sich mit ihrem Schicksal abgefunden, da kreuzt ein einziges
Mal ein junger Offizier ihren Weg, eine lange Ballnacht weilt
er an ihrer Seite; mit ihm ist das Leben plötzlich an sie heran¬
getreten, das freie, liebende Leben, das eben mit singender Seele
ergriffen, bereit ist, zum Tode zu gehen, denn der junge Offizier!
steht bei den blauen Dragonern, die am nächsten Morgen hinaus¬
ziehen — in den gewissen, freiwillig gewählten Tod. Ihre Cousine
kommt, ein junges Ding, mit der tödlichen Krankheit in der Brust;
zwei Schwestern liegen draußen unter dem Rasen und noch wenige
Jahre für sie, darum ruft sie das Leben, die Tage der Rosen zu ge¬
nießen. Unter Bluten der Seele stürzt sie von Liebe zu Liebe;
auch ihr blauer Draßoner zieht morgen binaus: darum weiter ins
Leben. — Marie vergiftet ihren Vater, diesen grausamen Greis,
denn zu spät ist fürchterlicher als niemals, und zum letztenmal
steht das Leben draußen vor der Tür, sie eilt in die Arme ihres
Geliebten. Ein neues Drama muß sie unfreiwillig in der Kaserne
mit anschauen; des Obersten junges Weib hat sich eben diesem
jungen Leutnant an den Hals geworfen; es treibt sie von dem
leise alternden Gemahl zur Jugend. Er kann sie nicht halten, sie
ist seinen Armen und seiner Liebe entglitten; er ist nicht der
Mann, der konventionell den Schänder seiner Ehre zur Rechen¬
schaft zieht; die Gelegenheit des Krieges heißt ihn und das ganze
Regiment den Todg suchen, darum der Schwur zur Abwaschung
der Schmach, die zur unglücklichen Tradition geworden. Der Oberst
findet sein Weib auf der Stube des Leutnants und schießt es
Jnieder — das Leben rief sie hinab in die ewige Stille. — Versönlich
klingt trotz Tod und Verzweiflung das Stück aus, das Regiment
geht unter, mit ihm der Geliebte, das junge Mädel fällt in geistige
Umnachtung, Marie zieht Trauer an und wohnt auf dem Lande, bei
ihrer Tante, der Mutter der Unglücklichen. Sie hat in einer Nacht
das Leben erkannt und ist wissend geworden, sie erfuhr Seligkeit
und Verzweiflung, Niedertracht, Betrug und Lüge, Hingebung und
große Gedanken. Wenn auch das Leben ruft und die Menschen
dem Rufe folgen; sie machen sich nicht ihr Schicksal, denn das
Schicksal leitet sie und braucht sie, um sich zu erfüllen. Warum
sollte nicht das Leben sie abermals wecken und sie freundlicher
leiten, auf daß ihr Fuß nicht strauchle über Verderben und tötende
Liebe? Sie wird dann wieder folgen, vielleicht zu einem anderen
Geschenk dieses Lebens: zu welchem, das wird sie erleben, wenn
sie abermals wissend geworden. — So führt Schnitzler seine Ge¬
danken weiter; und von einzelnen Menschen zur ganzen Menschheit:
knüpft sich die Kette, wir sind Kinder des Lebens und folgen darum
seinem Ruf. Der philosophische Determinismus als Absolutes,
das die Menschen leitet, und der das Werk durchzieht, ist zwar eine
Weltauschauung, die bei weitem nicht einwandfrei ist; das ändert
aber nichts, dankbar anzuerkennen, wenn ein Dichter mit ihr im
Ausschnitt einiger Menschenleben die Pforte zum Letzten aller Dinge
aufzustoßen sucht. Die Schattenseiten des Stückes liegen zu. klar
auf der Hand, um mit ihrer näheren Darlegung das Endziel des
Ganzen zu verdunkeln.
Telephon 12.801.
De.
„OUSEIVEN
f. österr. behördi. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschultte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
n Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Gen' Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr).
Ausschnitt aus:
vom: 14. De-Mnehggr Neueste Nachrichter
Dr. Erich Petzet
* Kleine Chronik. Artur Schnitzlers, dreiaktiges
Drama „Der Ruf des Lebens“, das seinerzeit in
Breslau und Berlin keinen Erfolg,hatte erzielen
können, kam am Sonntag mit geändertem Schluß im
Deutschen Volkstheater zum ersten Male in Wien
zur Aufführung und wurde sehr beifällig aufgenom¬
st.
men. — Das
Telephon 12.801.
Da
1
„ODSLITEI
österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitunga-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christianin, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Baris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
VOuelienangabe ohne Gewühr).
Ausschnitt aus:
P
14SEEuS: Kofnischs Zeltung
vom.
—
* Wien. Arthur Sch#blers dreickktiges Schauspiel Der Ruf
###peils, das in Berlin aufgeführt ist.
*gelghete Samstag im hiesigen Deutschen Volkstheater zur ersten Auf¬
lichkung in Wien. Das lockere Gefüge des dramatischen Baues und
nas Problematische sowohl dei Fabel wie der handelnden Personen
bermochten auch hier keinen liefern Eindruck zu machen, wenngleich
der äußere Erfolg groß und lärmend war und Schnitzler von seiner
gläubigen Gemeinde nach dem Schlusse der beiden letzten Akte unge¬
zählie Male gerufen wurde. Am stärksten wirkte der erste Akt, der
für sich als Einakter gespielt vielleicht längere Lebensdauer haben
würde. Die Derstellung war nicht übel. Seibst die Marie, die Tochter
des „alten „bösen Mannes“ Moser, wurde in der Darstellung des
Frl. Hanzemann ganz glgubhaft.
—.—
box 24/3
1. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
I., Concordiaplatz 4.,
Wien,
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Gent, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork.
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenengabe ohne Gewähr).
Ausschnitt aus: Hamburger Nachrichten
12 1999
Hamburg
vom:
H. [Wiener Theater.] Schnitzlers Schauspiel „Der Ruf.
eutschen Volks¬
des Lebens“, die letzte
#
stheaters, ist schon älteren Datums; vof etwa drei Jahren in
Berlin aufgeführt, vermochte es dort zu keiger rechten Anerkennung
zu gelangen. In Wien hat es dagegen starken Eindruck gemacht,
denn seine dichterischen Qualitäten sind unleugbar stark; aber die
Hauptsache: wir haben uns in unseren literarischen Anschauungen
seitdem wieder gewandelt, denn unleugbar ist das Romantische und
nahm ihm in noch stärkerem Maße das groß Dramatische auf dem
Wege. Schnitzlers Schauspiel bietet beides, zwar noch nicht kräftig
herausgearbeitet, aber doch so, daß das, was damals vielleicht ein
früher Vorläufer war, heute den Anforderungen der Gegenwart sich
anpaßt und sie erfüllt. Auf diesen Voraussetzungen beruht sicher¬¬
lich der starke Anklang, den das Stück gefunden und den es, einige
Unebenheiten abgerechnet, auch verdient hat. — Der Ruf des
Lebens: das Thema liegt im Titel klar vorgezeichnet; alle Men¬
schen, die darin handeln, sind auf diesen Akkord abgestimmt, sie alle
hören den Ruf und eilen, ihm zu folgen, jeder nach seiner Art,
nach seinem Temperament und Wollen. Alle Menschen verbindet
dieser eine große mächtige Anreiz der Lebensbetätigung, der für
recht und notwendig erkannt, sich in das schlagende Herz gesenkt
hat, aber auch alle trennt diese ewige Melodie, die jeden das
Schicksal anpacken heißt unter der Voraussetzung, er könne es
modeln, wie es ihm gefällt. Man merkt den Arzt, vor dessen
Augen diese Gestalten entstanden und das tiefer zu blicken sucht und
Zusammenhänge erkennt, die die Kenntnis der menschlichen Psyche
im Bunde mit ihren Erscheinungsarten und Gesetzen zu raten gibt.
Es sind Kriegszeiten. Unten ziehen die blauen Dratzoner in
den Kampf, bereit, eine alte Schmach ihres Regimentes mit dem
Tod zu sühnen. Droben in der Kammer vegetiert der alte Meser,
dem Grabe nahe, dem Tode verfallen, der aber seit Jahren zögert,
über die Schwelle zu treten. Seine Tochter Marie leidet die
Qual der Pflege um diesen Alten, der ihre Jugend in Lieblosigkeit,
Hartherzigkeit und krankhaftem Mißtrauen langsam tötet. Schon
hat sie sich mit ihrem Schicksal abgefunden, da kreuzt ein einziges
Mal ein junger Offizier ihren Weg, eine lange Ballnacht weilt
er an ihrer Seite; mit ihm ist das Leben plötzlich an sie heran¬
getreten, das freie, liebende Leben, das eben mit singender Seele
ergriffen, bereit ist, zum Tode zu gehen, denn der junge Offizier!
steht bei den blauen Dragonern, die am nächsten Morgen hinaus¬
ziehen — in den gewissen, freiwillig gewählten Tod. Ihre Cousine
kommt, ein junges Ding, mit der tödlichen Krankheit in der Brust;
zwei Schwestern liegen draußen unter dem Rasen und noch wenige
Jahre für sie, darum ruft sie das Leben, die Tage der Rosen zu ge¬
nießen. Unter Bluten der Seele stürzt sie von Liebe zu Liebe;
auch ihr blauer Draßoner zieht morgen binaus: darum weiter ins
Leben. — Marie vergiftet ihren Vater, diesen grausamen Greis,
denn zu spät ist fürchterlicher als niemals, und zum letztenmal
steht das Leben draußen vor der Tür, sie eilt in die Arme ihres
Geliebten. Ein neues Drama muß sie unfreiwillig in der Kaserne
mit anschauen; des Obersten junges Weib hat sich eben diesem
jungen Leutnant an den Hals geworfen; es treibt sie von dem
leise alternden Gemahl zur Jugend. Er kann sie nicht halten, sie
ist seinen Armen und seiner Liebe entglitten; er ist nicht der
Mann, der konventionell den Schänder seiner Ehre zur Rechen¬
schaft zieht; die Gelegenheit des Krieges heißt ihn und das ganze
Regiment den Todg suchen, darum der Schwur zur Abwaschung
der Schmach, die zur unglücklichen Tradition geworden. Der Oberst
findet sein Weib auf der Stube des Leutnants und schießt es
Jnieder — das Leben rief sie hinab in die ewige Stille. — Versönlich
klingt trotz Tod und Verzweiflung das Stück aus, das Regiment
geht unter, mit ihm der Geliebte, das junge Mädel fällt in geistige
Umnachtung, Marie zieht Trauer an und wohnt auf dem Lande, bei
ihrer Tante, der Mutter der Unglücklichen. Sie hat in einer Nacht
das Leben erkannt und ist wissend geworden, sie erfuhr Seligkeit
und Verzweiflung, Niedertracht, Betrug und Lüge, Hingebung und
große Gedanken. Wenn auch das Leben ruft und die Menschen
dem Rufe folgen; sie machen sich nicht ihr Schicksal, denn das
Schicksal leitet sie und braucht sie, um sich zu erfüllen. Warum
sollte nicht das Leben sie abermals wecken und sie freundlicher
leiten, auf daß ihr Fuß nicht strauchle über Verderben und tötende
Liebe? Sie wird dann wieder folgen, vielleicht zu einem anderen
Geschenk dieses Lebens: zu welchem, das wird sie erleben, wenn
sie abermals wissend geworden. — So führt Schnitzler seine Ge¬
danken weiter; und von einzelnen Menschen zur ganzen Menschheit:
knüpft sich die Kette, wir sind Kinder des Lebens und folgen darum
seinem Ruf. Der philosophische Determinismus als Absolutes,
das die Menschen leitet, und der das Werk durchzieht, ist zwar eine
Weltauschauung, die bei weitem nicht einwandfrei ist; das ändert
aber nichts, dankbar anzuerkennen, wenn ein Dichter mit ihr im
Ausschnitt einiger Menschenleben die Pforte zum Letzten aller Dinge
aufzustoßen sucht. Die Schattenseiten des Stückes liegen zu. klar
auf der Hand, um mit ihrer näheren Darlegung das Endziel des
Ganzen zu verdunkeln.