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19. Der Ruf des Lebens
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— — 0. — auter
Warum müssen die blauen Kürassiere denn alle wenigen aphoristisch zusammengefaßten Worten mit der ] Feuchtersleben, an alle guten alten Österreiche Und
doch: Puppenspiel — Bänkelgesang — Märchen -
Reiterpistole kurzer Hand aus dem Stück und aus dem
sterben? Alle? Vom Obersten abwärts, Offiziere,
Volkslied — Novelle — im Taschenbuchformat der
Leben hinausknallt. Wer hier das Puppenspiel nicht
wie Mannschaften? Weil seit dreißig Jahren eine
„Aglaja“ oder der „Iris“ — das ergibt kein Stück,
spürt, hat gewiß noch keins gesehen, weder eines vom
schwere Schmach auf dem Regimente liegt. Das Odium
kann sich nicht organisch verbinden.
Grafen Pocci, noch ein solches von Artur Schnitzler.
der Fahnenflucht, der Ruf der Feigheit. Weil sie ein¬
Die Darstellung des Deutschen Volkstheaters, in den
Marie stürzt aus ihrem Liebeshinterhalt hervor und
mal gelaufen sind, wo sie wie festgewurzelt hätten
Hauptsachen beinahe vollendet, ließ kaum etwas zu
eilt mit ihrem Max über Leiche Nummer zwei hinweg
stehen müssen, dem Feinde Stand halten und wehr¬
wünschen übtig. Frl. Hannemann machte die
ins Liebesnestchen, wohin der Ruf des Lebens die
haften Trotz bieten. „Wir sind gelaufen und sie sind
Marie fast zu einem glaubwürdigen Lebewesen, und
unaufhaltsame junge Dame lockt. Der letzte Akt bringt
gelaufen — gelaufen einzeln und in Haufen“, wie's in
das war keine kleine Kunst. Ihr Gefühlston war so
die feinsinnigsten Gespräche, die geistreichsten Ausein¬
der wunderschönen Ballade von Theodor Fontane heißt.
innig und echt, wie ihr Verstummen in Liebesleid und
andersetzungen, die subtilsten Raisonnements. Der treff¬
Jener ans Leben sich krampfhaft festkrallende Greis,
Gewissenspein. Ihr stehen die beredtesten Wortlosigkeiten
liche Arzt hat von der eigentlichen, ihn bekannten
Mariens Vater, ist der Mann, dessen Herz zuerst ins
zu Gebote, in vielfältigster Abstusung. Frl. Paula
Todesursache des alten Herrn keine Anzeige erstattet,
Schwanken geriet, der auf und davonritt, und dem
Müller gab der Katharina zuerst die neckische An¬
wie es ine Pflicht gewesen wäre, und die Marie dem
die anderen nachfolgten, wie dem Hammel die Herde.
mut eines liebenswürdigen Leichtsinns, dann die
Richierspruche ihres gequälten Gewissens überlassen.
Niemand weiß mehr darum als er selbst, und seinet¬
rührendsten Ophelia=Töne. Frl. Marberg,
Katharina wankt wahnsinnig ins Mutterhaus zurück,
wegen müssen nun alle die frischen, blutjungen #kblauen
Oberstin, war augenscheinlich durch Indisposition
um zu sierben. Sie hat ein sehr trauriges lustiges
Kürassiere sterben, auch der Marie und der Katherina
der Entfaltung ihrer tragischen Kraft gehemmt.
Leben geführt. Die schmucken, blauen Kürassiere sind
ihrer. Sie haben es selbst so verlangt und sich zuge¬
Herr
sah so schön aus, wie von Winterhalter gemalt.
alle prompt gestorben. Einer, der zufällig übrig ver¬
schworen.
Homma bot, obschon der feige Alte ihm gar nicht liegt,
blieben, den der Tod vergessen hatte, schoß sich nach¬
Nur eine einzige Nacht gehört noch ihnen und die
ganz Respektables. Dieser Künstler ist nur fürs Grade¬
träglich noch selbst ab.
Marie will zu ihrem Liebsten in die Kaserne. Weil
aus; komplizierte und brüchige Naturen muß er sich
Schnitzler mußte seine ganze ansehnliche Dichterkunst
der Vater die Tür versperrt und den Schlüssel in
immer erst abringen. Sehr zeitechte, stilreine Gestalten
aufwenden, um der vielen Lächerlichkeiten, die in
der Hand hat, bringt sie ihn ganz einfach um. Sie
schufen Herr Kutschera, Arzt, und Frau Thal¬
seinem Stoffe lagen, Herr zu werden. Sein Feinstes
gießt ihm so viel Morphium, oder was es sonst Gutes
ler, Tante Toni. Direktor Weisse gab dem Obegsten
und Tiesstes mußte er aufbieten, um scheinbar und
sein mag, in das verlangte Erfrischungstränklein, daß
die gemessene Würde des gehörnten Philosophen. Die
wenigstens für ein pag Sekunden lang Recht zu be¬
er nimmer davon aufwacht; und wie die greise Puppe
festgeschlossene Einfachheit der sichersten Umrißlinie ist
halten gegen den „Satz in einem alten Buche“, der
steif daliegt, muß sie den Schlüssel hergeben und Marie
gar nicht genug zu rühmen. Nennt man noch die
doch zwig bestehen wird, so lange Menschen auf dieser
kann in ihre Kaserne. Aber diesmal fällt Rosenmontag
Herren Kramer, Edthofer und Fürth, sind
Erd mohnen: „Ehre Vater und Mutter, auf daß
auf Allerseelen. Weil sie sich ihrem jungen Offizier zur
alle Mitspieler und Teilhaber erwähnt. Das Publikums
du lange lebest auf Erden.“ Dagegen kommt keine noch
gehörigen Zeit verweigert um entzogen hatte, knüpfte
Premieren=Abends bereitete dem Stück eine freund¬
des
so spitzfindige moderne Psychologie auf, nicht einmal
dieser mit der schönen jungen Frau seines alten
liche Aufnahme, die aber doch mehr dem Dichter als
Obersten ein sträfliches Liebesverhältnis an. Marie, die allerneueste Psychopathia sexualis.
der Dichtung galt.
Einen ganz allerliebst altmodischen Ton schlägt der
die im Zimmer ihres Max hinter dem Vorhang lauscht
Armin Friedmann,
Dichter an in mancher gefühlsamen, betrachtenden
und lauert, hört, wie das buhlerische Weib den edelsten
Jüngling bestürmt, hört auch, wie der Herr Oberst! Szene. Es ist eine köstlich kultivierte Diktion. Man
zum Fenster hereinsteigt und die Frau Gemahlin nach 1 denkt manchmal an Adalbert Stifter, an Ernst von!
19. Der Ruf des Lebens
s pütt, wricht bip 1 /2 Uhl Ruchunlugs bauriee. Au
— — 0. — auter
Warum müssen die blauen Kürassiere denn alle wenigen aphoristisch zusammengefaßten Worten mit der ] Feuchtersleben, an alle guten alten Österreiche Und
doch: Puppenspiel — Bänkelgesang — Märchen -
Reiterpistole kurzer Hand aus dem Stück und aus dem
sterben? Alle? Vom Obersten abwärts, Offiziere,
Volkslied — Novelle — im Taschenbuchformat der
Leben hinausknallt. Wer hier das Puppenspiel nicht
wie Mannschaften? Weil seit dreißig Jahren eine
„Aglaja“ oder der „Iris“ — das ergibt kein Stück,
spürt, hat gewiß noch keins gesehen, weder eines vom
schwere Schmach auf dem Regimente liegt. Das Odium
kann sich nicht organisch verbinden.
Grafen Pocci, noch ein solches von Artur Schnitzler.
der Fahnenflucht, der Ruf der Feigheit. Weil sie ein¬
Die Darstellung des Deutschen Volkstheaters, in den
Marie stürzt aus ihrem Liebeshinterhalt hervor und
mal gelaufen sind, wo sie wie festgewurzelt hätten
Hauptsachen beinahe vollendet, ließ kaum etwas zu
eilt mit ihrem Max über Leiche Nummer zwei hinweg
stehen müssen, dem Feinde Stand halten und wehr¬
wünschen übtig. Frl. Hannemann machte die
ins Liebesnestchen, wohin der Ruf des Lebens die
haften Trotz bieten. „Wir sind gelaufen und sie sind
Marie fast zu einem glaubwürdigen Lebewesen, und
unaufhaltsame junge Dame lockt. Der letzte Akt bringt
gelaufen — gelaufen einzeln und in Haufen“, wie's in
das war keine kleine Kunst. Ihr Gefühlston war so
die feinsinnigsten Gespräche, die geistreichsten Ausein¬
der wunderschönen Ballade von Theodor Fontane heißt.
innig und echt, wie ihr Verstummen in Liebesleid und
andersetzungen, die subtilsten Raisonnements. Der treff¬
Jener ans Leben sich krampfhaft festkrallende Greis,
Gewissenspein. Ihr stehen die beredtesten Wortlosigkeiten
liche Arzt hat von der eigentlichen, ihn bekannten
Mariens Vater, ist der Mann, dessen Herz zuerst ins
zu Gebote, in vielfältigster Abstusung. Frl. Paula
Todesursache des alten Herrn keine Anzeige erstattet,
Schwanken geriet, der auf und davonritt, und dem
Müller gab der Katharina zuerst die neckische An¬
wie es ine Pflicht gewesen wäre, und die Marie dem
die anderen nachfolgten, wie dem Hammel die Herde.
mut eines liebenswürdigen Leichtsinns, dann die
Richierspruche ihres gequälten Gewissens überlassen.
Niemand weiß mehr darum als er selbst, und seinet¬
rührendsten Ophelia=Töne. Frl. Marberg,
Katharina wankt wahnsinnig ins Mutterhaus zurück,
wegen müssen nun alle die frischen, blutjungen #kblauen
Oberstin, war augenscheinlich durch Indisposition
um zu sierben. Sie hat ein sehr trauriges lustiges
Kürassiere sterben, auch der Marie und der Katherina
der Entfaltung ihrer tragischen Kraft gehemmt.
Leben geführt. Die schmucken, blauen Kürassiere sind
ihrer. Sie haben es selbst so verlangt und sich zuge¬
Herr
sah so schön aus, wie von Winterhalter gemalt.
alle prompt gestorben. Einer, der zufällig übrig ver¬
schworen.
Homma bot, obschon der feige Alte ihm gar nicht liegt,
blieben, den der Tod vergessen hatte, schoß sich nach¬
Nur eine einzige Nacht gehört noch ihnen und die
ganz Respektables. Dieser Künstler ist nur fürs Grade¬
träglich noch selbst ab.
Marie will zu ihrem Liebsten in die Kaserne. Weil
aus; komplizierte und brüchige Naturen muß er sich
Schnitzler mußte seine ganze ansehnliche Dichterkunst
der Vater die Tür versperrt und den Schlüssel in
immer erst abringen. Sehr zeitechte, stilreine Gestalten
aufwenden, um der vielen Lächerlichkeiten, die in
der Hand hat, bringt sie ihn ganz einfach um. Sie
schufen Herr Kutschera, Arzt, und Frau Thal¬
seinem Stoffe lagen, Herr zu werden. Sein Feinstes
gießt ihm so viel Morphium, oder was es sonst Gutes
ler, Tante Toni. Direktor Weisse gab dem Obegsten
und Tiesstes mußte er aufbieten, um scheinbar und
sein mag, in das verlangte Erfrischungstränklein, daß
die gemessene Würde des gehörnten Philosophen. Die
wenigstens für ein pag Sekunden lang Recht zu be¬
er nimmer davon aufwacht; und wie die greise Puppe
festgeschlossene Einfachheit der sichersten Umrißlinie ist
halten gegen den „Satz in einem alten Buche“, der
steif daliegt, muß sie den Schlüssel hergeben und Marie
gar nicht genug zu rühmen. Nennt man noch die
doch zwig bestehen wird, so lange Menschen auf dieser
kann in ihre Kaserne. Aber diesmal fällt Rosenmontag
Herren Kramer, Edthofer und Fürth, sind
Erd mohnen: „Ehre Vater und Mutter, auf daß
auf Allerseelen. Weil sie sich ihrem jungen Offizier zur
alle Mitspieler und Teilhaber erwähnt. Das Publikums
du lange lebest auf Erden.“ Dagegen kommt keine noch
gehörigen Zeit verweigert um entzogen hatte, knüpfte
Premieren=Abends bereitete dem Stück eine freund¬
des
so spitzfindige moderne Psychologie auf, nicht einmal
dieser mit der schönen jungen Frau seines alten
liche Aufnahme, die aber doch mehr dem Dichter als
Obersten ein sträfliches Liebesverhältnis an. Marie, die allerneueste Psychopathia sexualis.
der Dichtung galt.
Einen ganz allerliebst altmodischen Ton schlägt der
die im Zimmer ihres Max hinter dem Vorhang lauscht
Armin Friedmann,
Dichter an in mancher gefühlsamen, betrachtenden
und lauert, hört, wie das buhlerische Weib den edelsten
Jüngling bestürmt, hört auch, wie der Herr Oberst! Szene. Es ist eine köstlich kultivierte Diktion. Man
zum Fenster hereinsteigt und die Frau Gemahlin nach 1 denkt manchmal an Adalbert Stifter, an Ernst von!