II, Theaterstücke 19, Der Ruf des Lebens. Schauspiel in drei Akten (Vatermörderin), Seite 287

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19. Der Ruf des Lebens

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Samstag den 18. Dezember 1909.

historischer Schilderungen, wie
läuterte Reife eines ästhetisch feinen Schöpferwillens.
fehlen der Erzählerin. Ihre Vis
Der tolle Wagemut und die lebemännische Wildheit, die
Volksmärchen, ihre Legenden z
der größte Lyriker Schwedens Michael Bellmann in den
ten, deren Poesic in kleinen, in
Balladen seiner Helden Fredman und Mowitz in die
Herausarbeitung des Grundged
Schnörkel und Zierate des Roloko gebannt, eint sich mit
löf ist am großartigsten da, wa
einer romantischen Beseelung der Natur und einer moder¬
Heimat steht, und auch wenn sie
nen Zergliederung der Seelen zur allseitigen Schilderung
auf, den Flügeln ihrer Phantaf
einer Zeit, eines Volkes, einer Welt. So ist denn Gösta
mit ihrer schwedischen Erde in
Berling auch bei uns ein Volksbuch geworden, das große
gehören die „Christuslegenden“
Verbreitung gefunden hat. Die Dichterin aber, die wohl
und Erzählungen von Jésus, w
selbst die Furcht haben mochte, mit diesem Erstlingswerk
gelien übecliefern, in einer per
ihren Höhepunkt erreicht zu haben, versuchte sich an neuen,
zubringen weiß, doch nicht zu
ganz anders gearteten Aufgaben und bewährte auch hier
Wohl aber sind viele ihrer Ge
ihre Meisterschaft.
würdig, in denen die grausige
Ihre Stellung als Lehrerin hatte sie nach dem Erfolg
Sage ertönt oder die weiche Me
von Gösta Berling aufgegeben; ihr ganz von den Bildern
einen alltäglichen Vorgang u
der Heimat erfülltes und doch nach Märchenfernen sehn¬
groß die Phantasic dieser Frau
süchtiges Gemüt verlangte in die Fremde, und der größte
senken kann in die Mord= und
Gegensatz zog sie an, die Schönheit des Südens, die My¬
das zeigt zum Beispiel ihre
stik des Orients. Aber auch vor den Werken italienischer
Schatz“, in der der schrille Ton
Kunst, in der üppigen Sonnenhelle Siziliens, an den ge¬
Untat gewetzt wird, beständig
heiligten Stätten Jerusalems vergaß sie die heimliche
das Verbrechen allmählich in
Nebelstimmung des Nordens nicht. Nach ihren Reisen
uns auswächst. Und daneben d
hat sie sich wieder in einer schwedischen Provinzstadt nie¬
Kinderbuch, das, in den letzten
dergelassen, in der alten Bergwerkstadt Falun, die der
„wunderbare Reise des kleinen
Schauplatz so vieler Sagen und Geschichten ist, in der
den Wildgänsen auszieht auf
Hauptstadt des urschwedischen Dalekarlien, und die Erleb¬
diese schönste Dichtung, die wo
nisse der fremden, wundersomen Gegenden vereinten sich
Jugend geschenkt hat und in de
mit ihrer tiefen Liebe zum Vaterland in der Synthese
dersens, mit einer klugen Welt
ihres großartigsten Romans „Jerusalem". Vorher hat sie
scheint, als ob in der Seele Se
im „Aßchrist“ den stärksten Gegensatz zu ihrem Hymnus
Wesen ihrer vaterländischen Ver
auf Schwedens Schönheit angeschlagen und die klassische
den sind, etwas vom Skalden
Landschaft Siziliens zum Rahmen einer tiefsinnigen Er¬
die männlichsten Elemente lebe
zählung gewählt. Signorellis Fresken in Orvieto, die den
ist es doch die Güte und Herzen
Ernst und das Grausen des Jüngsten Gerichtes so er¬
Dichten die persönlichste Notegu
schütternd malen, erweckten in ihr den Plan, die Wunder
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des Antichrist in der Gegenwart aufleben zu lassen und
— Pe.
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mit der sosialen Frage zu vervinden. Aber ihre Phalttasie
hob alles empor aus der nüchternen Wirklichkeit in die
romantische Traumhelle der Wunderstadt Diamante, über¬
„Der Ruf des Leh
goß alles mit Purpur, Gold und Azur. Und doch ist diese
schönheitstrunkene Schilderung ewigen Himmelbläus und
Schnitzler in Berlin,
üppiger Fruchtbarkeit der sehnsüchtige Lobgesang eines
— Wiener Theaterbrief von 28
Nordländers, der seine eigene Mysterien- und Märchen¬
—Das Leben ruft winkt, lockt
stimmung hineinträgt in die klare Heiterkeit der antiken!
überhören! „Zu spät“ klingt furch
Landschaft, der die Sonnenhelle durch den Schleier einer
Leben ist so kurz. Und nur die sich
dunklen Schwärmerei dämpft. Das ewige Sinnen und
Trachten der germanischen Seele nach wunderbaren Wei= schlafen ruhig in der Erde, die