II, Theaterstücke 19, Der Ruf des Lebens. Schauspiel in drei Akten (Vatermörderin), Seite 303

19. Der Ruf des Lebens box 24/3
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Wien, I., Concordiaplatz 4.

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l. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork.
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
Wien, I., Concordiaplatz 4.
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Ausschnitt aus:
Der Humorist, 4%
lagen, London, Radric, Mlland, Minenpos, Rien- (ort.,
Pris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
7 100n
—vom. 200f. un
(Quellenangabe ohne Gewähr).
Theater und Kunst.
Auschalt aust Wiehien Ganschtfünge
19017 1909
(Deutsches Volkstheater.) Um Leben und Sterben dreht
vom:
es sich immer bei Artur Schnitzler. Einmal bejaht er das Leben,
das anderemal schildert er das Sterben. Diesmal betont er das
THEATER.
Leben stärker. Darum heißt sein Stück „Der Ruf des Lebens“, und
immer tritt da das Leben in sein Recht, wenn dem Tode das
Wir Wiener sind doch bessere
seine geworden. Der alte Rittmeister Moser muß verlöschen, damit
sein Töchterchen eine Nacht mit ihrem geliebten Mar leben kann.
Menschen. Arthur Schnitzlers „Ruf
Die Frau Oberst muß sterben, damit Max diese eine Nacht leben
des Lebens“, in Berlin abgelehnt, wurde
kann und Katharina lebt, damit sie beruhigt sterben kann. Bei
bei uns begeistert aufgenommen. Wir
allen bedeutet Leben nichts anderes, als sich seruell ausleben. Viel
ehren den vaterländischen Dichter, auch
neues predigt uns der Dichter nicht. Denn schließlich ist man sich
wenn er bedenkliche Fehler macht und
heute — ausgenommen in den Kreisen der Heuchler — schon klar,
mit dem Vater- und Gattenmord spielt,
daß es nur einen Trieb im Wesen gibt, den Trieb nach Erhaltung
der Art, also die Sucht, das Leben zu erhalten. Daß dieser Trieb
um seine These zu beweisen.
stärker ist als die Scheu vor dem Tode, der überall aus dem
Es kommt auch viel bede#tliches
Stücke grinst, ist eigentlich auch nicht neu. Darum ist Schnitzlers
Militär auf die Bühne, Krieger, #e ein¬
neuestes Werk gewiß keine Tat. Bliebe noch die Form. Aber auch
mal davon gelaufen sind und nun — alle
die ist nicht einwandfrei. Mit den Kunstgriffen der Bühne ist
auf dem Felde der Ehre sterben wollen
Schnitzler nie besonders vertraut gewesen. Er denkt immer alles
kräftiger, wirksamer, als er es gestaltet. Der Gedanke ist gewiß
hysterische Männer die zu den hyster¬
prächtig, daß ein Mädel von des Vaters Leiche in des Geliebten
ischen Mädchen und Frauen des Dramas
Arme eilt, aber wie es hier gemacht ist, wirkt's nicht recht.
passen.
Ebensowenig, wie Max über die Leiche der Frau Oberst, die seine
Es wird viel geliebt und viel getötet,
Geliebte war, mit Marie wegeilt, die seine Geliebte wird. Es
das Stück selbst rettet mit Mühe sein
wirkt nicht so grandios, wie es gedacht wird. Philosophie ist nicht
theaterfähig. Schnitzlers „Ruf des Lebens“ ist keine Symphonie
Leben, weil Schnitzler in Wien so
mit berauschenden Themen und Harmonien, es ist eine Variation
geliebt wird.
über allzubekannte Motive. Darum scheint all der Premierenjubel
Die Damen Marberg, Müller und
übertrieben. Zu soviel Begeisterung ist kein Grund gegeben. Die
Hannemann lebten und liebten mit
Darstellung war so abgerundet und ausgereift, wie es im Volks¬
theater schon zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Frl. Hanne¬
großer Virtuosität. Herr Kramer war
mann lieh der lebenshungrigen Marie all ihr innerliches Feuer,
ein sehr flotter Offizier, Verführer und
Paula Müller der armen Katharine ihre sanfte Lieblichkeit,
Ehebrecher.
Kathi Thaller der Mutter ihre stille Güte. Eine feine Leistung
Die Boulevard-Drama-Szene mit dem
bot Homma als der alte Rittmeister, der nicht sterben will.
betrogenen, schußbereiten Oberst hätte
Kutschera, Edthofer, Kramer, Weisse und Klitsch
sich der sonst so geschmackvolle Schnitzler
wissen, was sie spielen; bei jedem auf Details eingehen, führte zu
spaltenlangen Kommentaren. Sie sind so vollendet, daß man fast
ersparen können.
geneigt ist, Mängel zu suchen, ohne sie zu finden. Der Jubel des
Publikums wird da nur um so begreiflicher.
tz—nk.