II, Theaterstücke 19, Der Ruf des Lebens. Schauspiel in drei Akten (Vatermörderin), Seite 304

19. Der Ruf des Lebens
Telephen 12.301.
D

„UDSLRVER
L. österr. bebördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnlttr
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christianla,
leuf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minnespolts.
ew-Vork, Paris, Rem, San Francisco, Stockholm, St. Petess¬
burg, Toronto.
(Oualimengabe ohne Gewähr.
Insschnitt aus:
Montags-Biatt (publ. Pistt.), Wien
vom: 0 1Z. 1600
Lußnoten zur Wocht.
Seit dem neuesten Arthur Schuinlanin „der Ruf
des Lebens“ ein beliebtes Schlagwort für mancherlei Er¬
scheinungen treibender Kräfte geworden. Nicht im symboli¬
schen, sondern im reellen Sinne ist der von allen Seiten
kant werdende Protent gegen die parlamentarische Er¬
mordung des österreichischen Wirtschaftslebens, die Forde¬
rung nach produktiver Arbeit ein mächtiger Ruf
des
Lebens. Die Industrielien, die Gewerbetreivenden,
die
Kaufleute, die hungernden Arbeiter, alle vereinigen sich in
diesen=Ruf wie Donnerhall. Wir wollen hoffen, daß er die
erbärmlichen Schläfer aus ihrem nationalen Opiumrausch 1
cird
box 24/3
Telephon 12.801.

„OBSERVER“
l. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zelungs-Ausschnltte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ehae Gewähr).
Ausschnitt aus:
Wiener Montags Journal, W.
vom: 8U.Dre1309
Tochter gießt einige
Dichterische Irrwege.
und ist frei ... dem
(Schnitzlers: „Der Ruf des Lebens“.)
Der Ruf des L
Was immer man von Schnitzlers Talent halten Leutnant, um den
möge, ein Recht hat er für sich: man muß ihn ernst mordet. Aber der
nehmen. Er hat niemals zu den Strebern gehört, die rechte Ruf nicht ist,
mit Konzessionen an den Tag den Tageserfolg anstreben, Sünderin von ihrem
er ist seinen eigenen Weg gegangen. Freilich hat ihn der rechte Ruf. Von de
Weg in ein Irrgänglein geführt, wo er jetzt herum= Menschen lockt. Un
wandelt, immer wieder in dasselbe Gäßchen gelangt, um folgt er dem Ruf des
von dort aus den neuen Weg zu suchen. Und weil ihn Ist das wirklich der
das Leben gut bedacht, hat er die Not des Irrweges Ende des Lebens ges
nicht empfunden. Des Leibes Notdurft hat sein be= das angesichts des grit
rühmter Vater für immer ferngehalten, die Liebkosungen hört, oder besser, em
der Seele hat ihm der übergroße Freundeszirkel geboten, wenig an der Leiche
der ihn kajoliert, weil er der Sohn eines berühmten zum Fraß des Leibes
Vaters ist und selber auch zu den Auserkorenen gehört. daß es für den Ruf
Der ernste Arzt mit der koketten Schmachtlocke in jammervoll öde wäre
der Stirn — das ist auch die Charakteristik des Dichters. Sammlung, keinen
Schnitzler hat die Art, ernst nachzudenken, aber in findung kennt. Und
seine Gedanken spielt immer wieder die Gedankenwelt eigenen Irrium stecken
seiner verhätschelnden Umgebung hinein. Des Lebens Das Leben ist doch
mene tekel will er an die Wand malen und malt doch wissenlosen Wüstling
nur sein Leben auf die Leinwand. Sein Leben als diktieren die er in
flotter Junggeselle, der das süße Mädl kennen lernte und ausstreichen möchte.
das berauschende Wien in vollen Zügen schlürfte, als frischen Leiche weg in
beobachtender Arzt, der in einem traurigen Falle einen könnte der Arzt doch
Vorwurf für die Wahrheit des Lebens sieht, als wohl= dieser Ruf des Leben
situierter Familienvater, der im üppigen Salon über den
Falsch wie die
Ernst des Lebens nachdenkt. Die alten Bäume rauschen blütig einen Mord a
ihr ewig wahres Lied, nebenan spielt die gesittete Frau Liebesnacht zu feiern,
eine Beethovensche Sonate und des Dichters Phantasie spintisierender Verzwa
flattert auf in wolkenumdüsterte Höhen. Er sieht ein das keinen Ruf meh
Leben, das keines ist und hält's für das Wahre. Weiß philosophische Marie
gar nicht, daß es ein Traum ist. Und dann klatschen sich einen Paroxismu
die Leute und schreiben die Zeitungen schonend über die und legt einen schwal
Muse des Sohnes eines berühmten Vaters und der die eigene Selbstsucht
Dichter schreitet halbbefriedigt weiter seinen Irrweg. mit dem Todesgedan
Der Ruf des Lebens ertönt an unser aller Ohr.
fühlt. Man könnte
Den Verbrecher lockt er zur Schandtat, den Wüstling sie alsbald in die A#
zum Genuß, den ehrlichen Menschen erreicht er nicht . . .s am nächsten Tage wis
So kommt es, daß nur die sündigen Menschen etwas Schnitzler nach der
erleben, die ehrlichen, guten, die langweilen sich ihr Schauspiels sich bei
Leben lang und ihre Umgebung mit ihren Grundsätzen. fetern läßt.
Das tut einemi
Habe ich den Dichter nicht ganz mißverstanden, so will
er uns diese These in erschütterndem Bilde vorführen.
man in dem jungen
Die sündige Tochter des alten Moser lockt der Ruf des und auf einen guten
Lebens in die Arme des Liebsten, zur rechten Stunde der flotte Erzähler
kommt auch noch der moralische Arzt, den der Ruf des feine Beobachter von
Lebens nie erreicht, und der schiebt die sündigen Gelüste liche Kämpfer gegen##
vorwärts, dem Ruf des Lebens in die Arme. Die in solcht Ge##kenw