19. Der Ruf des Lebens box 24/3
Warum müssen die blauen Kürassiere denn alle wenigen aphoristisch zusammengefaßten Worten mit der ! Feuchtersleben, an alle guten alten Österreicher.
sterben?. Alle? Vom Obersten abwärts, Offiziere, Reiterpistole kurzer Hand aus dem Stück und aus demdoch: Puppenspiel — Bänkelgesang — Mänh
wie Mannschaften?: Weil seit dreißig Jahren eine! Leben hinausknallt. Wer hier das Puppenspiel nicht Volkslied — Novelle — im Taschenbuchforme
„Aglaja“ oder der „Iris“ — das ergibt kein
schwere Schmach auf dem Regimente liegt. Das Odiumspürt, hat gewiß noch keins gesehen, weder eines vom
kann sich nicht organisch verbinden.
Grafen Pocci, noch ein solches von Artur Schnitzler.
Die Darstellung des Deutschen Volkstheaters,
der Fahnenflucht, der Ruf der Feigheit. Weil sie ein¬
Marie stürzt aus ihrem Liebeshinterhalt hervor und
Hauptsachen beinahe vollendet, ließ kaum ei
mal gelaufen sind, wo sie wie festgewurzelt hätten
stehen müssen, dem Feinde Stand halten und wehr= eilt mit ihrem Max über Leiche Nummer zwei hinweg
wünschen übrig. Frl. Hannemann mach
haften Trotz bieten. „Wir sind gelaufen und sie sind ins Liebesnestchen, wohin der Ruf des Lebens die
Marie fast zu einem glaubwürdigen Lebewesen
unaufhaltsame junge Dame lockt. Der letzte Akt bringt
das war keine kleine Kunst. Ihr Gefühlston
gelaufen — gelaufen einzeln und in Haufen“, wie's in
die feinsinnigsten Gespräche die geistreichsten Ausein¬
innig und echt, wie ihr Verstummen in Liebes
der wunderschönen Ballade von Theodor Fontane heißt.
andersetzungen, die subtilsten Raisonnements. Der treff¬
Gewissenspein. Ihr stehen die beredtesten Wortlo
Jener ans Leben sich krampfhaft festkrallende Greis,
liche Arzt hat von der eigentlichen, ihn bekannten
zu Gebote, in vielfältigster Abstufung. Frl.
Mariens Vater, ist der Mann, dessen Herz zuerst ins
Todesursache des alten Herrn keine Anzeige erstattet,
Müller gab der Katharina zuerst die neckist
Schwanken geriet, der auf und davonritt, und dem
wie es seine Pflicht gewesen wäre, und die Marie dem
mut eines libenswürdigen Leichtsinns, dar
die anderen nachfolgten, wie dem Hammei die Herde.
Richterspruche ihres gequälten Gewissens überlassen.
rührendsten Ophelia=Töne. Frl. Marberg
Niemand weiß mehr darum als er selbst, und seinet¬
Katharina wankt wahnsinnig ins Mutterhaus zurück,
Oberstin, war augenscheinlich durch Indisposit
wegen müssen nun alle die frischen, blutjungen, blitzblauen
um zu sterben. Sie hat ein sehr trauriges lustiges
der Entfaltung ihrer tragischen Kraft gehemmt
Kürassiere sterben, auch der Marie und der Katherina
Leben geführt. Die schmucken, blauen Kürassiere sind
sah so schön aus, wie von Winterhalter gema
ihrer. Sie haben es selbst so verlangt und sich zuge¬
alle prompt gestorben. Einer, der zufällig übrig ver¬
Homma bot, obschon der feige Alte ihm garn
schworen.
blieben, den der Tod vergessen hatte, schoß sich nach¬
ganz Respektables. Dieser Künstler ist nur für
Nur eine einzige Nacht gehört noch ihnen und die
träglich noch selbst ab.
aus; komplizierte und brüchige Naturen muß
Marie will zu ihrem Liebsten in die Kaserne. Weil
Schnitzler mußte seine ganze ansehnliche Dichterkunst
immer erst abringen. Sehr zeitechte, stilreine
der Vater die Tür versperrt und den Schlüssel in
aufwenden, um der vielen Lächerlichkeiten, die in
schufen Herr Kutschera, Arzt, und Frau
der Hand hat, bringt sie ihn ganz einfach um. Sie
seinem Stoffe lagen, Herr zu werden. Sein Feinstes
gießt ihm so viel Morphium, oder was es sonst Gutes
und Tiesstes mußte er aufbieten, um scheinbar und sler, Tante Toni. Direktor Weisse gab dem
sein mag, in das verlangte Erfrischungstränklein, daß
wenigstens für ein paar Sekunden lang Recht zu be¬ die gemessene Würde des gehörnten Philosoph
festgeschlossene Einfachheit der sichersten Umriß
er nimmer davon aufwacht; und wie die greise Puppe
halten gegen den „Satz in einem alten Buche“, der
gar nicht genug zu rühmen. Nennt man
steif daliegt, muß sie den Schlüssel hergeben und Marie
doch ewig bestehen wird, so lange Menschen auf dieser
Herren Kramer, Edthofer und Fürt
kann in ihre Kaserne. Aber diesmal fällt Rosenmontag
Erde wohnen: „Ehre Vater und Mutter, auf daß
alle Mitspieler und Teilhaber erwähnt. Das
auf Allerseelen. Weil sie sich ihrem jungen Offizier zur
du lange lebest auf Erden.“ Dagegen kommt keine noch
des Premièren=Avends bereitete dem Stück ein
gehörigen Zeit verweigert und entzogen hatte, knüpfte
so spitzfindige moderne Psychologie auf, nicht einmal
liche Aufnahme, die aber doch mehr dem Dic
dieser mit der schönen jungen Frau seines alten
die allerneueste Psychopathia sexualis.
der Dichtung galt.
Obersten ein sträfliches Liebesverhältnis an. Marie,
Einen ganz allerliebst altmodischen Ton schlägt der
Armin Friedm
die im Zimmer ihres Max hinter dem Vorhang lauscht
Dichter an in mancher gefühlsamen, betrachtenden
und lauert, hört, wie das buhlerische Weib den edelsten
Szene. Es ist eine köstlich kultivierte Diktion. Man
Jüngling bestürmt, hört auch, wie der Herr Oberst
zum Fenster hereinsteigt und die Frau Gemahlin nach denkt manchmal an Adalbert Stifter, an Ernst von
Warum müssen die blauen Kürassiere denn alle wenigen aphoristisch zusammengefaßten Worten mit der ! Feuchtersleben, an alle guten alten Österreicher.
sterben?. Alle? Vom Obersten abwärts, Offiziere, Reiterpistole kurzer Hand aus dem Stück und aus demdoch: Puppenspiel — Bänkelgesang — Mänh
wie Mannschaften?: Weil seit dreißig Jahren eine! Leben hinausknallt. Wer hier das Puppenspiel nicht Volkslied — Novelle — im Taschenbuchforme
„Aglaja“ oder der „Iris“ — das ergibt kein
schwere Schmach auf dem Regimente liegt. Das Odiumspürt, hat gewiß noch keins gesehen, weder eines vom
kann sich nicht organisch verbinden.
Grafen Pocci, noch ein solches von Artur Schnitzler.
Die Darstellung des Deutschen Volkstheaters,
der Fahnenflucht, der Ruf der Feigheit. Weil sie ein¬
Marie stürzt aus ihrem Liebeshinterhalt hervor und
Hauptsachen beinahe vollendet, ließ kaum ei
mal gelaufen sind, wo sie wie festgewurzelt hätten
stehen müssen, dem Feinde Stand halten und wehr= eilt mit ihrem Max über Leiche Nummer zwei hinweg
wünschen übrig. Frl. Hannemann mach
haften Trotz bieten. „Wir sind gelaufen und sie sind ins Liebesnestchen, wohin der Ruf des Lebens die
Marie fast zu einem glaubwürdigen Lebewesen
unaufhaltsame junge Dame lockt. Der letzte Akt bringt
das war keine kleine Kunst. Ihr Gefühlston
gelaufen — gelaufen einzeln und in Haufen“, wie's in
die feinsinnigsten Gespräche die geistreichsten Ausein¬
innig und echt, wie ihr Verstummen in Liebes
der wunderschönen Ballade von Theodor Fontane heißt.
andersetzungen, die subtilsten Raisonnements. Der treff¬
Gewissenspein. Ihr stehen die beredtesten Wortlo
Jener ans Leben sich krampfhaft festkrallende Greis,
liche Arzt hat von der eigentlichen, ihn bekannten
zu Gebote, in vielfältigster Abstufung. Frl.
Mariens Vater, ist der Mann, dessen Herz zuerst ins
Todesursache des alten Herrn keine Anzeige erstattet,
Müller gab der Katharina zuerst die neckist
Schwanken geriet, der auf und davonritt, und dem
wie es seine Pflicht gewesen wäre, und die Marie dem
mut eines libenswürdigen Leichtsinns, dar
die anderen nachfolgten, wie dem Hammei die Herde.
Richterspruche ihres gequälten Gewissens überlassen.
rührendsten Ophelia=Töne. Frl. Marberg
Niemand weiß mehr darum als er selbst, und seinet¬
Katharina wankt wahnsinnig ins Mutterhaus zurück,
Oberstin, war augenscheinlich durch Indisposit
wegen müssen nun alle die frischen, blutjungen, blitzblauen
um zu sterben. Sie hat ein sehr trauriges lustiges
der Entfaltung ihrer tragischen Kraft gehemmt
Kürassiere sterben, auch der Marie und der Katherina
Leben geführt. Die schmucken, blauen Kürassiere sind
sah so schön aus, wie von Winterhalter gema
ihrer. Sie haben es selbst so verlangt und sich zuge¬
alle prompt gestorben. Einer, der zufällig übrig ver¬
Homma bot, obschon der feige Alte ihm garn
schworen.
blieben, den der Tod vergessen hatte, schoß sich nach¬
ganz Respektables. Dieser Künstler ist nur für
Nur eine einzige Nacht gehört noch ihnen und die
träglich noch selbst ab.
aus; komplizierte und brüchige Naturen muß
Marie will zu ihrem Liebsten in die Kaserne. Weil
Schnitzler mußte seine ganze ansehnliche Dichterkunst
immer erst abringen. Sehr zeitechte, stilreine
der Vater die Tür versperrt und den Schlüssel in
aufwenden, um der vielen Lächerlichkeiten, die in
schufen Herr Kutschera, Arzt, und Frau
der Hand hat, bringt sie ihn ganz einfach um. Sie
seinem Stoffe lagen, Herr zu werden. Sein Feinstes
gießt ihm so viel Morphium, oder was es sonst Gutes
und Tiesstes mußte er aufbieten, um scheinbar und sler, Tante Toni. Direktor Weisse gab dem
sein mag, in das verlangte Erfrischungstränklein, daß
wenigstens für ein paar Sekunden lang Recht zu be¬ die gemessene Würde des gehörnten Philosoph
festgeschlossene Einfachheit der sichersten Umriß
er nimmer davon aufwacht; und wie die greise Puppe
halten gegen den „Satz in einem alten Buche“, der
gar nicht genug zu rühmen. Nennt man
steif daliegt, muß sie den Schlüssel hergeben und Marie
doch ewig bestehen wird, so lange Menschen auf dieser
Herren Kramer, Edthofer und Fürt
kann in ihre Kaserne. Aber diesmal fällt Rosenmontag
Erde wohnen: „Ehre Vater und Mutter, auf daß
alle Mitspieler und Teilhaber erwähnt. Das
auf Allerseelen. Weil sie sich ihrem jungen Offizier zur
du lange lebest auf Erden.“ Dagegen kommt keine noch
des Premièren=Avends bereitete dem Stück ein
gehörigen Zeit verweigert und entzogen hatte, knüpfte
so spitzfindige moderne Psychologie auf, nicht einmal
liche Aufnahme, die aber doch mehr dem Dic
dieser mit der schönen jungen Frau seines alten
die allerneueste Psychopathia sexualis.
der Dichtung galt.
Obersten ein sträfliches Liebesverhältnis an. Marie,
Einen ganz allerliebst altmodischen Ton schlägt der
Armin Friedm
die im Zimmer ihres Max hinter dem Vorhang lauscht
Dichter an in mancher gefühlsamen, betrachtenden
und lauert, hört, wie das buhlerische Weib den edelsten
Szene. Es ist eine köstlich kultivierte Diktion. Man
Jüngling bestürmt, hört auch, wie der Herr Oberst
zum Fenster hereinsteigt und die Frau Gemahlin nach denkt manchmal an Adalbert Stifter, an Ernst von