19. Der Ruf des Lebens
Telephon 12.801.
Dit Am
— „UBSEHVER
T#österr. behördl.konz Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Peris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr).
Ausschnitt aus:
Münchner Neueste Nachrichten
vom: 46 4. 1909
Theater= und Kunstnachrichten.
München, 23. April.
Rof des Lebens“ hatte, wie uns
me wird, dort heuse Abend
lei Anwesenheit des Dichters starken äußeren
Erfolg. Der erste Akt ist geschickt gemacht,
während der zweite abstoßend wirkt und der dritte
verflacht Schnitzler wurde nach dem zweiten Akt
gerufen.
Telephon 12.801.
„OBSERVER“
1 österr. behördl konz Unternehmen für Zeitungs-Aussohnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ehne Gewähr).
Auschnit AWENER ABENDPOS!
26 h. 1305
pam:
Im Landestheater in Prag fand Samstag die erste
Aufführung von Schnitzle#s „Ruf des Lebens“ statt.
Der Dichter hatte das Stück einer vollständigen Umarbeitung
unterzogen. Wie die Prager Blätter berichten, errang es
einen starken äußeren Erfolg.
box 24/4
O l. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
2
Vertretungen
0 in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
QQuelienangabe ohne Gewähr.)
= Ausschnitt, aus:
2
26. APR 1900
E vom:
aus Bohmen, Prag
Neues Theater. Freitag: „Der Ruf des
Lebens“, Schauspiel von Artur Schnitzler, Es ist
Schnitzlers vertrauester Gedanke, del# Alte be¬
wegt: Der Gedanke an den Tod. Der Tod als Lebens¬
spender, als Lebensbeschleuniger und Lebensdeuter kehrt
jbei Schnitzler unzähligemal wieder. Immer erscheint der
Tod, um den entmutigten Menschen Kourage zu geben,
Kourage zum großen Schritt, zur Vollendung ihrer ge¬
heimen Wünsche und ihres Schicksals. Angesichts des To¬
des richten sich die Menschen auf, spannen alle Kräfte an,
hereiten sich auf den großen Moment vor, aufen ihn mit
Kechzender Seele, um sich ihm ganz hinzugeben, mit ange¬
Khaltenem Atem und gewiß, daß die Erde nichts hat, was
sich mit der Seligkeit dieses Moments vergleichen ließe.
Mag dann alles zusammenbrechen und versinken, mag
dann alles vorbei sein — das Leben hatte einen Sinn.
Diese bejahende Kraft des Todesgedankens ist auch im
„Ruf des Lebens“ wunderbar wirksam; indem der Tod
seinen Schatten wirft, richten sich die Menschen zu tragi¬
scher Größe auf. Das schlanke Mädchen, das an einen
siechen und in seinem Siechtum doppelt egoistischen Vater
gekettet ist, sprengt die Ketten entzwei; der Jüngling, der
zwischen Liebe und Liebelei hin= und herschwankt, folgt mit
heißem Atem der echten Leidenschaft; die Frau, die vom
Leben sich betrogen wähnte, fordert im großen Moment,
was ihr versagt ward; der Mann, der in der gewöhn¬
lichen Stunde nicht die Kraft fand, it dem Schicksal abzu¬
rechnen, wagt nun, da der Tod an die Türe pocht, den
entscheidenden Schritt. Alle vier Lebensschicksale aber, die
im Schatten des Todes sich vollenden, find mit wunder¬
bar einfachen Mitteln zu einer großen Handlung ver¬
bunden. Der erste Akt ist ganz Ouvertüre und zeigt die
Menschen noch unberührt vom Atem des Todes; im zwei¬
ten Akt vollzieht sich die grandiose Steigerung: der Todes¬
gedanke erfüllt seine berauschende, heroisierende Mission.
Um dieses zweiten Aktes willen verdiente „Der Ruf des
Lebens“ der Bühne wieder gewonnen zu werden; er ist
so ganz erfullt von der Poesie stolzen Abschiedsnehmens,
so voll von Leidenschaft und heroischen Instinkten, daß die
Menschen wie in Fieberglut erscheinen. Ihr Tempo und
Pulsschlag ist heschleunigt, alle Masken und Hautlichkeiten
fallen, und während das Morgenrot zum letztenmale auf¬
steigt und die schmetternde Trompete den Tod ankündigt,
dürfen die Leidenschaften frei sich entfalten, wie edle Raub¬
tiere, die jahrelang in Käfigen gehalten, nun losgelassen
werden . .... Leider nur führt von diesem wunderbar
glühenden zweiten Akt keine Brücke zum Ende des Stücks:
Nach der übergroßen Steigerung, nach dem konzentrierten
Geschehen, zerfließt der Schlußakt in sentimentalen Be¬
trachtungen eines Landarztes, die herrliche Melodie klingt
in ein banales Liedchen aus. Es ist, als ob der Dichter
nicht den Mut zum Schweigen gehabt hätte und
besänfti¬
das erschrockene Bourgeois=Gemüt nun
gen und beruhigen zu müssen sich verpflichtet wähnte. —
Das Werk kam auf unserer Bühne etwas lahm heraus
Gut war Herr Onno; er hatte Haltung, Stolz und ließ
Leidenschaft spüren; rührend und ergreifend Fräulein
Medelsky; voll heißer Schönheit Frl. von Helling;
gut waren Herr Faber, der auch eine charakteristische
Maske trug und Herr Max Schütz. Aber dem Ganzen
fehlte doch die bewußte Führung, die zur Erreichung eines
einheitlichen Tempos und Tones unerläßlich ist. Auch
macht man es sich bei uns mit der Ausstattung doch zu
leicht. Das so überaus stilvolle Milieu der Napoleonischen
Zeit war nur angedeutet, und wer ein bißchen in die
schönen alten Uniformen unserer ehemaligen Kürassiere
verliebt ist, hatte mit den „blauen Reitern“ der Neumann¬
schen Regie geradezu Mitleid.
Telephon 12.801.
Dit Am
— „UBSEHVER
T#österr. behördl.konz Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Peris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr).
Ausschnitt aus:
Münchner Neueste Nachrichten
vom: 46 4. 1909
Theater= und Kunstnachrichten.
München, 23. April.
Rof des Lebens“ hatte, wie uns
me wird, dort heuse Abend
lei Anwesenheit des Dichters starken äußeren
Erfolg. Der erste Akt ist geschickt gemacht,
während der zweite abstoßend wirkt und der dritte
verflacht Schnitzler wurde nach dem zweiten Akt
gerufen.
Telephon 12.801.
„OBSERVER“
1 österr. behördl konz Unternehmen für Zeitungs-Aussohnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ehne Gewähr).
Auschnit AWENER ABENDPOS!
26 h. 1305
pam:
Im Landestheater in Prag fand Samstag die erste
Aufführung von Schnitzle#s „Ruf des Lebens“ statt.
Der Dichter hatte das Stück einer vollständigen Umarbeitung
unterzogen. Wie die Prager Blätter berichten, errang es
einen starken äußeren Erfolg.
box 24/4
O l. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
2
Vertretungen
0 in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
QQuelienangabe ohne Gewähr.)
= Ausschnitt, aus:
2
26. APR 1900
E vom:
aus Bohmen, Prag
Neues Theater. Freitag: „Der Ruf des
Lebens“, Schauspiel von Artur Schnitzler, Es ist
Schnitzlers vertrauester Gedanke, del# Alte be¬
wegt: Der Gedanke an den Tod. Der Tod als Lebens¬
spender, als Lebensbeschleuniger und Lebensdeuter kehrt
jbei Schnitzler unzähligemal wieder. Immer erscheint der
Tod, um den entmutigten Menschen Kourage zu geben,
Kourage zum großen Schritt, zur Vollendung ihrer ge¬
heimen Wünsche und ihres Schicksals. Angesichts des To¬
des richten sich die Menschen auf, spannen alle Kräfte an,
hereiten sich auf den großen Moment vor, aufen ihn mit
Kechzender Seele, um sich ihm ganz hinzugeben, mit ange¬
Khaltenem Atem und gewiß, daß die Erde nichts hat, was
sich mit der Seligkeit dieses Moments vergleichen ließe.
Mag dann alles zusammenbrechen und versinken, mag
dann alles vorbei sein — das Leben hatte einen Sinn.
Diese bejahende Kraft des Todesgedankens ist auch im
„Ruf des Lebens“ wunderbar wirksam; indem der Tod
seinen Schatten wirft, richten sich die Menschen zu tragi¬
scher Größe auf. Das schlanke Mädchen, das an einen
siechen und in seinem Siechtum doppelt egoistischen Vater
gekettet ist, sprengt die Ketten entzwei; der Jüngling, der
zwischen Liebe und Liebelei hin= und herschwankt, folgt mit
heißem Atem der echten Leidenschaft; die Frau, die vom
Leben sich betrogen wähnte, fordert im großen Moment,
was ihr versagt ward; der Mann, der in der gewöhn¬
lichen Stunde nicht die Kraft fand, it dem Schicksal abzu¬
rechnen, wagt nun, da der Tod an die Türe pocht, den
entscheidenden Schritt. Alle vier Lebensschicksale aber, die
im Schatten des Todes sich vollenden, find mit wunder¬
bar einfachen Mitteln zu einer großen Handlung ver¬
bunden. Der erste Akt ist ganz Ouvertüre und zeigt die
Menschen noch unberührt vom Atem des Todes; im zwei¬
ten Akt vollzieht sich die grandiose Steigerung: der Todes¬
gedanke erfüllt seine berauschende, heroisierende Mission.
Um dieses zweiten Aktes willen verdiente „Der Ruf des
Lebens“ der Bühne wieder gewonnen zu werden; er ist
so ganz erfullt von der Poesie stolzen Abschiedsnehmens,
so voll von Leidenschaft und heroischen Instinkten, daß die
Menschen wie in Fieberglut erscheinen. Ihr Tempo und
Pulsschlag ist heschleunigt, alle Masken und Hautlichkeiten
fallen, und während das Morgenrot zum letztenmale auf¬
steigt und die schmetternde Trompete den Tod ankündigt,
dürfen die Leidenschaften frei sich entfalten, wie edle Raub¬
tiere, die jahrelang in Käfigen gehalten, nun losgelassen
werden . .... Leider nur führt von diesem wunderbar
glühenden zweiten Akt keine Brücke zum Ende des Stücks:
Nach der übergroßen Steigerung, nach dem konzentrierten
Geschehen, zerfließt der Schlußakt in sentimentalen Be¬
trachtungen eines Landarztes, die herrliche Melodie klingt
in ein banales Liedchen aus. Es ist, als ob der Dichter
nicht den Mut zum Schweigen gehabt hätte und
besänfti¬
das erschrockene Bourgeois=Gemüt nun
gen und beruhigen zu müssen sich verpflichtet wähnte. —
Das Werk kam auf unserer Bühne etwas lahm heraus
Gut war Herr Onno; er hatte Haltung, Stolz und ließ
Leidenschaft spüren; rührend und ergreifend Fräulein
Medelsky; voll heißer Schönheit Frl. von Helling;
gut waren Herr Faber, der auch eine charakteristische
Maske trug und Herr Max Schütz. Aber dem Ganzen
fehlte doch die bewußte Führung, die zur Erreichung eines
einheitlichen Tempos und Tones unerläßlich ist. Auch
macht man es sich bei uns mit der Ausstattung doch zu
leicht. Das so überaus stilvolle Milieu der Napoleonischen
Zeit war nur angedeutet, und wer ein bißchen in die
schönen alten Uniformen unserer ehemaligen Kürassiere
verliebt ist, hatte mit den „blauen Reitern“ der Neumann¬
schen Regie geradezu Mitleid.