II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 72

1Sa
box 23/1
18. Der einsnne Nen
Max Goldschmidt
Bureau für
Zeitungsausschnitte
hit direktem Nachrichtendienst durch
eisene Korrespondenten.
Telephon: III, 3051.
.24.

Ausschnitt aus
ische Zeitung, Bertia
45 FER 1903
ihres Geistes im voraus pariert, weshalb wir niemals ihr Leiden seine Pflichten erfüllt hat, und die Wahrheit die ihm eben ent¬
Feuilleton.
deckt wird, hat für ihn gar keine Kraft, außer daß Fichtner, den
als Hauptsache nehmen, sondern das, was sie selbst darüber
er verehrte und liebte, ihm ganz fremd geworden ist. Das Andenken
Deutsches Theater.
Treffendes zu sagen haben. Je einfacher Schnitzlers Erfindungen
der Mutter, die von dem zgaler so schmählich verlassen, bei ihrem
sind, wie in der „Liebelei“, desto mehr vergißt man den Mangel
Fuar. Zum 1. Male: „Der einsame Weg“.
Bräntigam und späterem Manne mit einer Lüge aushielt, bleibt ihm
einer architektonischen Fähigkeit über den Verführungskünsten seiner
n von Arthur Schnitzler. (Buchausgabe,
teuer wie zuvor, was immerhin, da die Instinkte sich nicht plötzlich
Grazie und Liebenswürdigkeit. Wenn aber wie hier von zeitlich
umkehren können, möglich, aber nicht wahrscheinlich ist, nur daß der
weit zurückgehenden Voraussetzungen ausgegangen wird, die sich
n Vorbericht von einer Aufnahme gesprochen
junge Mann seinen Instinkten nicht so klar und kritisch gegenüber¬
zur Klarheit entschleiern sollen, so sehen wir den Dramatiker in
iem Erfolge und zum Teil einem Mißerfolge
einiger Verlegenheit, der die Masse des konkreten Stoffes nicht
stehen dürfte. Und auch in dem andern Fall bleibt die Stimme
mit andenten wollen, daß sich das Schicksal
ordentlich klein bekommen kann, der, um nicht mit theatralischen Coups
der Natur ganz stumm. Der alte Wegrath gewinnt den Sohn,
ückes nicht gleich in der Première entschieden
darauf los zu hauen, mit Zögerungen und Wiederholungen sehr
der ihm nicht gehört, dafür verliert er die leibliche Tochter, zu
eine Eigenart so äußerliche Wertbestimmungen
ungleiche Brocken abgitt wodurch manchmal zu viel und manch¬
deren Wesen er nie einen Schlüssel finden konnte. Allerdings ist
enden kann. Man muß mit ihm längeren
mal zu wenig erklärt wird.
es so dunkel, daß sie uns ebensowenig begreifbar wird. Sie hat
, um mit seiner vom Leben selbst genährten
ein Verhältnis mit Herrn von Sala, das fast an Incest streift, da
An dieser Unentschlossenheit leidet namentlich der erste Akt, und
klichkeit vertraut zu werden, ein Resultat,
sie mit seiner verstorbenen Tochter befreundet war, — aber warum
Herr Schnitzler mochte sich hier besonders unsicher fühlen weil sein
r den Dichter spricht wie gegen den
821
sie sich tötet, bleibt uns ziemlich unerforschlich, und der Dichter, der
leichter Kreuzer im Fahrwasser des gewaltigen Orlogschiffes Heurik
ben die starke Hand fehlt, um die
im Fall Fichtner und Sohn viel zu viel erklärt, hat sich hier um
Ibsen schwimmt. Aus verschleierten Andeutungen erfahren wir,
8 Dramas in geläufiger Bewegung zu
eine so dicht verschleiernde Diskretion bemüht daß der Selbstmord
daß das Leben der kranken Frau Wegrath, das bald beendet sein
friftsteller, bei denen die Gabe feiner psycho¬
am Ende des vierten Aktes fast komisch wirkt, weil wir durchaus
wird, ein Geheimnis birgt, zu dem der etwas absichtlich und auf¬
egung die der naiven Schöpferkraft über¬
fällig genannte Maler Julian Fichtner in Beziehung stehen muß.
Schnitzler am wohlsten, und wir mit ihm,
Dagegen wird das wirkliche Verhältnis ihrer Tochter Johanna zu
wäste Prsagen woldi. (ier v. Sald, des aunders wirdige
bei Seite schieben kann und seine Menschen
dem alternden Lebemann Stephan von Sala ganz flüchtig ge¬
des Hauses, der nach dieser Katastrophe gleich zur Pistole
als genaue Selbstbeobachter ihre eigenen
streift, so daß es vorläufig im Dunkeln bleibt. Frau Wegrath
wird, ist der beste Sprecher im Stück, ein alternder Lel
nten Fäden immer feiner und anregender
wird ihrem Manne, dem braven Akademiedirektor entrissen, und
der von ähnlichen Bauernfeldschen Figuren die guten 2
n. In solchen Augenblicken, die auch halbe
ihr Sohn,, Lentnant Felix erfährt von Fichtner, daß er geerbt, aber an Geist noch zugenommen hat. Er besond
t allerdings der Gang der dramatischen
ihm sein Dafein verdankt, allerdings in einer halben Er= Fichtner der verzweifelt um die Liebe des Sohnes kämpft
ewinnen unsere Ohren die Freiheit, seinem
der noch eine halbe und dann eine ganze
hin, daß Leute wie sie keinen Anspruch auf irgend eine m
klärung,
konischen Härten und weichen Empfinde¬
nachfolgt. Diese Auseinandersetzungen sind recht peinlich liche Anhänglichkeit haben. Sie haben ihre Schätze für sich ge¬
alog zu folgen, mit dem er heute in
und man sollte selbst einem klugen Schnitzlerschen Leutnant nicht
braucht, nie verzichtet, nie geopfert und mögen „unsere Torheiten,
wie allein steht und mit dem er sich
zumnten, daß er die Geschichte der Mutter, die damals sogar
unsere Niederträchtigkeiten verborgen bleiben — uns selber nie.
ter von verbindlichsten Umgangsformen
Braut war mit einer meuschlichen Unparteilichkeit anhören kann,
In unser tiefsten Seele wissen wir immer, worau wir sind“ Dieser
land oder vielmehr Österreich nur einmal in
als ob es sich um ein fremdes Wesen handelte. So alt kann
erfahrene Genußmensch hat den hellsten Verstand für die Lebensdinge,
dten Bauernfeld hervorgebracht hat. Von
Jugend nicht sein und das Alter auch nicht. Sehr fein ist die
nur schade, daß seine Figur von hinten verdunkelt wird durch eine
keiten abgesehen, unter denen sich namentlich
Erklärung des Malers, der die Braut des Freundes nur im Stich
Herzkrankheit, mit der von ihm wie von den anderen ein geheim¬
Eliden, nur auf das Notwendige bedachten
ließ, um ein damals großes Leben mit allen Träumen der Macht
nisvolles, irreführendes Spiel getrieben wird. Obgleich die echteste
macht, entbehren seine Stücke schon deshalb
und Freiheit für sich allein zu retten. Aber man denkt nur
Schnitzlersche Figur, hat er einen ebenfalls überflüssigen artistischen
ie, weil die Leute in ihnen zu wissend sind,
und
so vor dem Entschlusse, man tut es nicht,
Zug von D'Anunzio empfangen, und wenn er von den Aus¬
oder leiden können, was sie nicht in Ge¬
wenn man es getan hat, verzichtet man durch Schweigen
grabungen in Baktrien schwärmt, so tönt es wie ein Echo aus der
enommen haben. Sie sind alle, auch die
auf den Sohn, der einem immerhin nach dem Ge¬
Toten Stadt“. Am klarsten ist jedenfalls der Schluß, und die
Entnis so gesättigt, daß sie uns auch über
ständnis an die Kehle springen könnte. Aber die Schnitzlerschen
Aufklärung über Willen und Gesinnung des Schauspiels kommt
ihren geistreichen Bemerkungen für eigene
Figuren sind geistig zu fein destilliert, um sich ein elementares
gerade noch im letzten Augenblick, um den Zuschauer zu einem be¬
n, daß sie aber während desselben uns fast
Aufbrausen zu gestatten. Logisch ist es jedenfalls und in Über¬
stimmten menschlichen Verhältnis gegenüber dem Ganzen zu bringen.
schnellste Verständigung auf dem
einstimmung mit einer durch keine Theaterkonvention gefälschten
Die Egoisten haben alle verloren, nur der am wenigsten glänzende
brüderlich
hls rein menschlich und
Erfahrung, daß die sogenannte Stimme der Natur sich hier
Akademiedirektor hat gewonnen, indem er den Sohn mit seiner
Ob sie vom Leben gedemütigt
en.
die Richter in eigener Sache, selbst aus= durchaus nicht zum Worte meldet. Felix ist gewohnt, den guten
einfachen Güte an sich bindet, während die anderen den einsamen
Schicksalsschläge mit den scharfen Waffen Akademiedirektor für seinen Vater zu halten, der in Selbstlosigkeit] Weg gehen müssen. A. E.