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18. Der eins, Neg box 23/1
geg.aubl, und nun, mit einem Mal, bricht das alles zu¬
kammen. Ein alternder, welker Mann, der nicht mehr
hofft, der auch an seiner Kunst verzweifelt, steht er allein
da. Und in panikarti, Entsetzen greift er klammernd
um sich und schreit nach einem Menschen, der ihm etwas
sein könnte. Nach seinem Sohn schreit er, nach dem
Sohn der Frau, die er vor dreiundzwanzig Jahren in
der schwersten Entscheidung feige verlassen, um sich seine
Freiheit zu bewahren. Gabriele hatte ihr gebrochenes!
Leben in eine still: Ehe mit einem gütigen Menschen,
dem Professor Wegrat gerettet, in dieser Ehe kam Ju¬
lians Sohn Felix zur Welt; unter der Last der Lüge
starb die Frau. Naco Felix streckt jetzt Julian die Hand.
Halb erraten läßt er ihn die Wahrheit, halb beichtet
er, und endlich entblößt er sich in schonungslosem Selbst¬
gericht vor seinem Sohn.
Voll starker Tragik, die nicht durch große Worte oder
emphatische Gebärden geschwächt wird, ist die Situation
dieses Sohnes. Als Mann steht er dem bekennenden
Mann gegenüber; Schicksalsschauer überrieseln ihn in
der Erinnerung an die Mutter; nicht die Mutter allein
ist sie für ihn jetzt, sondern auch die Frau, die unsäglich
gelitter und die zusammenbrach. Während der Vater
vor ihm ein Anrecht auf ihn geltend macht und an die
Stimme seines Blutes appelliert, keimt in ihm ein gans
neues schmerzlich=zärtliches Gefühl für jenen, der ihn
bis jetz: Vater gewesen. Was Julian ihm gesagt, das
mag wahr sein, aber ihm ist es „eine Wahrheit ohne
Kraft", „ins Leer gesprochen“, Julians Anspruch scheint
ihm nichtig und wesenlos fremd und feindlich ist ihm
der leibliche Vater, keine Blutsstimme regt sich, aber
inniger werden alle die Gefühle, die im Zusammenleben,
in der Gemeinschaft des Seins mit dem, der als sein
Vater gilt, organisch erwuchsen. Fester als die Bluts¬
bande sind die Verflechtungen, die das Leben von Wesen
zu Wesen spinnt, die Wesensanziehungen, die Wahlver¬
wandtschaften.
Felix bleibt bei Wegrat, und Julian geht einsam
sort. Neben diesem Drama läuft ein anderes und
kreuzt in querem Zickzacklauf dazwischen. Sein Held ist
auch ein Puppenspieler auf dem Herbstpfad absteigenden
Lebens, totgezeichnet sogar, aber dieser Puppenspieler,
Stephan von Sala, wahrt die überlegene Maske bis zum
letzten brillanten Abgang. In einigen Dialogen ist diese
Gestall, die Bassermann schöpferisch charakterisierte,
scharf umrissen dargestellt in ihrer Skepfis, in ihrem
Illusionsspiel mit den Menschen. Aber es gelang
Schnitzler nicht, sie in dramatischen Rapport zu bringen.
Die Mädchengestalt, die als letzte in den glitzernden eis¬
kalten Bannkreis dieses Mannes gerät, ist nur ein
literarischer Begriff, sie ist nicht gestaltet. Und so wirkt
dieser Sala im Zusammenhang des Ganzen nur als eine
n moderner Raisonneur, der
blendende Spezialital, ei.. umanschen=Junklinen“
übernimmt. Er hat eine Meinung, aber kein Amt.
Zu gleicher Zeit gabs einen ebenso kräftigen wie
harmlosen Skowronnek-Erfolg mit dem Schauspiel
„Waterkant“ im Berliner Theater: „Ein Marine¬
Sicg“. Pg.
enm Wlephamanikant#
18. Der eins, Neg box 23/1
geg.aubl, und nun, mit einem Mal, bricht das alles zu¬
kammen. Ein alternder, welker Mann, der nicht mehr
hofft, der auch an seiner Kunst verzweifelt, steht er allein
da. Und in panikarti, Entsetzen greift er klammernd
um sich und schreit nach einem Menschen, der ihm etwas
sein könnte. Nach seinem Sohn schreit er, nach dem
Sohn der Frau, die er vor dreiundzwanzig Jahren in
der schwersten Entscheidung feige verlassen, um sich seine
Freiheit zu bewahren. Gabriele hatte ihr gebrochenes!
Leben in eine still: Ehe mit einem gütigen Menschen,
dem Professor Wegrat gerettet, in dieser Ehe kam Ju¬
lians Sohn Felix zur Welt; unter der Last der Lüge
starb die Frau. Naco Felix streckt jetzt Julian die Hand.
Halb erraten läßt er ihn die Wahrheit, halb beichtet
er, und endlich entblößt er sich in schonungslosem Selbst¬
gericht vor seinem Sohn.
Voll starker Tragik, die nicht durch große Worte oder
emphatische Gebärden geschwächt wird, ist die Situation
dieses Sohnes. Als Mann steht er dem bekennenden
Mann gegenüber; Schicksalsschauer überrieseln ihn in
der Erinnerung an die Mutter; nicht die Mutter allein
ist sie für ihn jetzt, sondern auch die Frau, die unsäglich
gelitter und die zusammenbrach. Während der Vater
vor ihm ein Anrecht auf ihn geltend macht und an die
Stimme seines Blutes appelliert, keimt in ihm ein gans
neues schmerzlich=zärtliches Gefühl für jenen, der ihn
bis jetz: Vater gewesen. Was Julian ihm gesagt, das
mag wahr sein, aber ihm ist es „eine Wahrheit ohne
Kraft", „ins Leer gesprochen“, Julians Anspruch scheint
ihm nichtig und wesenlos fremd und feindlich ist ihm
der leibliche Vater, keine Blutsstimme regt sich, aber
inniger werden alle die Gefühle, die im Zusammenleben,
in der Gemeinschaft des Seins mit dem, der als sein
Vater gilt, organisch erwuchsen. Fester als die Bluts¬
bande sind die Verflechtungen, die das Leben von Wesen
zu Wesen spinnt, die Wesensanziehungen, die Wahlver¬
wandtschaften.
Felix bleibt bei Wegrat, und Julian geht einsam
sort. Neben diesem Drama läuft ein anderes und
kreuzt in querem Zickzacklauf dazwischen. Sein Held ist
auch ein Puppenspieler auf dem Herbstpfad absteigenden
Lebens, totgezeichnet sogar, aber dieser Puppenspieler,
Stephan von Sala, wahrt die überlegene Maske bis zum
letzten brillanten Abgang. In einigen Dialogen ist diese
Gestall, die Bassermann schöpferisch charakterisierte,
scharf umrissen dargestellt in ihrer Skepfis, in ihrem
Illusionsspiel mit den Menschen. Aber es gelang
Schnitzler nicht, sie in dramatischen Rapport zu bringen.
Die Mädchengestalt, die als letzte in den glitzernden eis¬
kalten Bannkreis dieses Mannes gerät, ist nur ein
literarischer Begriff, sie ist nicht gestaltet. Und so wirkt
dieser Sala im Zusammenhang des Ganzen nur als eine
n moderner Raisonneur, der
blendende Spezialital, ei.. umanschen=Junklinen“
übernimmt. Er hat eine Meinung, aber kein Amt.
Zu gleicher Zeit gabs einen ebenso kräftigen wie
harmlosen Skowronnek-Erfolg mit dem Schauspiel
„Waterkant“ im Berliner Theater: „Ein Marine¬
Sicg“. Pg.
enm Wlephamanikant#