II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 130

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18. Der einsane Nen
Dr. Max Goldschmidt
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Berlin N. 24.

Ausschnitt aus
Danziger Zeitung
20 FER 1904


kums. Die Aufführung gelang trefflich. J
predigen. Ja, die Jugend denkt nur nicht an
sieht, auch für harmlose Scherze ist unsere
das, was da hinten in nebelgrauer Ferne. Sie
Feuleton.
noch zu haben, wenn sie graziös dargebr#
hat sich mit dem zu beschäftigen, was sich schneidig
1 werden.
zusammenfaßt in: Der Wein, das Spiel und die
Berliner Plaudereien.
verdammte Liebe. Arbeit, gewiß, Arbeit dazu.
In der Konzertflut, die mit großen Na#
Und eines Tages? Sei der vielumwordendste
Von E. Dely.
uns überschwemmt, Sonnen, Planeten
Freund, der Vater einer zahlreichen Familie, du
Fixsternen des musikalischen Himmels,
Neuaufführungen. Stimmungen. Bälle und Vor¬
weißt doch nicht, ob die „Einsamkeit“ nicht auf
viel Arbeit für den Hörer, will
träge.
dich lauert. Und wie viele Naturen fühlen sich
seinem Empfinden und Gewissen nur
Der Ostpreuße — „Masure“ — Richard
und die ne
inmitten des Lebens einsam. „Ich mochte
wenig gerecht werden. Ach,
Skowronnek voran. Im Berliner Theater hatte
mich stellen, wie ich wollte, so war ich allein!“
neben denen, die feststehen! Welch ein Ka
er mit „Waterkant“ einen sehr freundlichen Er¬
sagte der glückliche Lebenspfade pilgernde Goethe.
für sie in Berlin. Wie sie ein
folg. So oft, wie am Schluß des dreiaktigen
Nur ganz oberflächliche Personen empfinden keine
oft leid iun, die all ihre Kraft anspannen,
Schauspiels ist er wohl noch nie hier auf die
innere Einsamkeit, wenn sie von äußerer Un¬
Summe ihrer ernsten Studien, ihre: Könn
Szene gerufen.
ruhe umgeben sind. Wie ein „einsamer Weg“
und Wollens zu ziehen, das Testimonium
Sodann Arthur Schnitzler, der Wiener, im
Künstlerschaft zu bekommen. Und dann
zu vermeiden ist, dafür lassen sich keine Thesen
„Deutschen Theater —Geme neue Darbietung
Feuerprobe, bei der sie pekunläre Opfer brin
finden und keine Gesetze anwenden. Auch
heißt „Der einsame Weg“ und ist ein Schauspiel
Schnitzlers Stück zeigt nur einen Fall. Es ist
und den Konzerisaal mieten. Aber wer ##
in fünf Akten. Jetzt zieht man schon gegen fünf
eine solche Anhäufung von versuchter Seeien¬
Billetts für Produktionen Unbekannter, m
Akte, als zu lang, zu Felde. Das Publikum hat
viel Größen das Podium betreten. Die Ein
malerei darin, daß sie die Klarheit verwischt.
keine Ausdauer mehr. Der Beifall, den sich
Gespielt wurde gut.
karten werden vielfach verschenkt, um
Schnitzler holte, war nicht spontan und freudig.
hörer hineinzubringen! Dann des Abe
e
den
„Colombine“, der Einakter von Erich Korn, mit
waren befreundete Hände,
Lust und Erregung! Wieviel hängt ab von
seinem hochdramatischen Inhalt, den wir von
Hervorruf durchsetzten. Der sonst so leichtblütige,
Wort, das am folgenden Tage gedruckt wi
Helene Adilon in der Titelrolle und Charlotte
echt Wienerisch sich gebende, witzige, in alle
Das Rupfen und Zupfen erfolgt oft so energ
Wiehe, der Pantomimistin, hier gesehen, hat
Winkel übermütig leuchtende und dabei Herztöne
daß solch einem kleinen Singvogel auch nicht
Derse durch Arthur Pserhofer und Musik von
anschlagende Schnitzler wollte jetzt nur Tief¬
Jeder auf dem Körper bleibt! Ueber wieviel
Oskar Strauß erhalten und zog als Operette ins
sinniges, Orakelumrandetes bringen, damit das
schlagene Hoffnungen geht dann das Tageslich
Theater des Westens ein. Recht siegreich, recht
Publikum an symbolischen Reden sich den Kopf
Berlin auf, nachdem sie beim elektrischen G#
beifallsfreudig tänzelte Colombine mit ihrem
zerbräche und versucht würde, auch hineinzu¬
des Abends funkelten. Mir erscheint die mus
reizenden Lied über die Bühne. Oskar Strauß
geheimnissen, wie es bei Hauptmann und den
lische Feuerprobe im Konzertsaal als die al
dirigierte selber und heimste Lorbeer und Applaus
Nordländern zu tun pflegt. Aber, dem blut¬
härteste. „Flora Scherres-Friedenthal, die bewä
ein. Dann folgte eine wieder ausgegrabene
warmen Bürger aus dem Lande der Pyäaken ander
Klavierkünstlerin, hat ihr Stammpublikum wie
Operette, auch einaktig, von Hektor Erémieux,
Donau gelang das nicht, die neue Gewandung
um sich gesammelt und den ihr sicheren Beifall
Musik von Henry Caspers. „Die Tante schläft“,
paßt nicht auf seine Schultern. Alte Liebe und
eingeheimst. Unter den zum erstenmal
für eine Tante sind vierzig Jahre kein bedenk¬
ihre Sünoe steigen aus der Dunkelheit und Ver¬
spielenden Pianistinnen hat eine junge Ma
liches Alter; das Leipziger Stadttheater hat sie
borgenheit in „Der einsame Weg“ auf. Die Er¬
heimerin, Ella Jonas, sich hervorgetan. Sie wi
zuerst im vorigen Jahre wieder aufgeweckt.
kenntnis, daß das Alter einsam macht, gleichviel
temperamentvoll und sehr musikalisch und hi
Caspers, der die so sehr hübsche, gefällige Musik
ob man rücksichtslos, egoistisch durchs Leben ge¬
frohen Hoffnungen
begabt befunden, zu
schrieb, ist in der Seinestadt 1825 geboren. Die
rannt oder enisagungsvoll, ist das Jazit, das
rechtigend. Wer mit solchem Zeugnis Schn#
Operette war sein Feld, „Ma tante dort“ hatte
zwei sich auslebende Naturen in dem Stücke
uf Weiß beglückt wird, der darf aufatm
seinerzeit den größten Erfolg, auch bei uns.
Schnitzlers zlehen. Es ist das keine Neu¬
sagen: „Ich hab's gewagt.“ Wie viel blasse Lip
Henry Caspers gab aber das Komponieren
entdeckung. Selbst in jungen Jahren kann man
der Kermsten, die täglich ihre acht Stun
auf und übernahm die Pianofortefabrik seines
sie machen, wenn man Interesse für das Alter
Klavier üben oder ihre Singstudien schon ja
Vaters, es war lukrativer und weniger auf¬
hat, statt es höhnisch auszuspotten, wie es häufig
lang treiben, zucken: „Ach, hätt' ich's doch
regend. Die unschuldige — besonders dem
geschieht.
nicht gewagt“. Das Herzklopfen in Berlin in
heutigen Geschmack gegenüber sehr unschuldee
Julian Zichtner, der Held, hat die Braut seines
verschiedenen Kunstlagern, in den Lebensschich
Handlung des Scherzes ist, daß eine kemme ##
Freundes geliebt und sie verlassen, seinen Sohn
ist ein starkes und könnte man's hören di
chambre eine Gliederpuppe als schlafende Tonte
hat er nicht anerkennen können, später sehnt er
die Mauern, es würde ein Schauder einen üh
ausgibt, um ihre junge Herrin vor den Hulldi¬
sich nach ihm — als der tolle Lebensdurst nicht
kommen! Wer sein Leben der Frau Mu
gungen eines Chevaliers zu schützen, und selber
mehr vorhält — der Sohn weist ihn zurück.
verpflichtet, sollte erst zehnfach geprüft wer
der Anbetung des Kammerdieners, die ihr lästig,
Einsamen Weg muß er, verbittert und in seinen
und sich selber fragen: Bin ich auserwählt un
zu entgehen. Nun kommt aber die müde wirk¬
Lebenshoffnungen geknickt, gehen, dieser Julian
so vielen? Da ist dann irgendwo in einem La
liche Tante und schläft ein. Da hält man sie
Fichtner, well alle Schuld sich auf Erden rächt:
städtchen eine musikalische Begabung
Zum Schluß kriegen sich
für die Puppe.
Weil die eine Generation log und trog, kommt
Eltern. Tanten und Freunden entdeckt. Da
Die musikalische
Paare.
aber die zwei
in der nächsten die rüchwärtsschlagende Vergeltung.
man selber von den Erfolgen und
Ausgrabung war eine dankbare gewesen, das
dich das Alter
Lebe deine Jugend so,
nicht reuig und einsam sieht, will Schnitzler] bewies die vergnügte Anteilnahme des Publi-1 goldenen Ernte gelesen, und nun heißt's: