18. Der einsane Neg box 23/1
edigen. Ja, die Jugend denkt nur nicht an kums. Die Aufführung gelang trefflich. Man
as, was da hinten in nebelgrauer Ferne. Sie
sieht, auch für harmlose Scherze ist unsere Zeit
at sich mit dem zu beschäftigen, was sich schneidig
noch zu haben, wenn sie graziös dargebracht
sammenfaßt in: Der Wein, das Spiel und die
werden.
erdammte Liebe. Arbeit, gewiß, Arbeit dazu.
In der Konzertflut, die mit großen Namen
nd eines Tages? Sei der vielumworbendste
uns überschwemmt, Sonnen, Planeten und
reund, der Vater einer zahlreichen Familie, du
Fixsternen des musikalischen Himmels, gibts
eißt doch nicht, ob die „Einsamkeit“ nicht auf
viel Arbeit für den Hörer, will er
ch lauert. Und wie viele Naturen fühlen sich
seinem Empfinden und Gewissen nur ein
hmitten des Lebens einlam. „Ich mochte
wenig gerecht werden. Ach, und die Neuen
ich stellen, wie ich wollte, so war ich allein!“
neben denen, die feststehen! Welch ein Kampf
ngte der glückliche Lebenspfade pilgernde Goethe.
für sie in Berlin. Wie sie einem
ur ganz oberflächliche Personen empfinden keine
oft leid tun, die all ihre Kraft anspannen, die
hnere Einsamkeit, wenn sie von äußerer Un¬
Summe ihrer ernsten Studien, ihres Könnens
he umgeben sind. Wie ein „einsamer Weg“
und Wollens zu ziehen, des Testimonium der
vermeiden ist, dafür lassen sich keine Thesen
Künstlerschaft zu bekommen. Und dann die
nden und keine Gesetze anwenden. Auch
Feuerprobe, bei der sie pekuniäre Opfer bringen
Schnitzlers Stück zeigt nur einen Fall. Es is
und den Konzertsaal mieten. Aber wer kauft
ne solche Anhäufung von versuchter Seelen¬
Billetts für Produktionen Unbekannter, wo so
nalerei darin, daß sie die Klarheit verwischt.
viel Größen das Podium betreten. Die Einla߬
espielt wurde gut.
karten werden vielfach verschenkt um Zu¬
hörer hineinzubringen! Dann des Abends
„Colombine“, der Einakter von Erich Korn, mit
Lust und Erregung! Wieviel hängt ab von dem
inem hochdramatischen Inhalt, den wir von
Wort, das am folgenden Tage gedruckt wird!
elene Adilon in der Titelrolle und Charlotte
Das Rupfen und Zupfen erfolgt oft so energisch,
Piehe, der Pantomimistin, hier gesehen, hat
erse durch Arthur Pserhofer und Musik von
daß solch einem kleinen Singvogel auch nicht eine
Jeder auf dem Körper bleibt! Ueber wieviel zer¬
skar Strauß erhalten und zog als Operette ins
schlagene Hoffnungen geht dann das Tageslicht in
heater des Westens ein. Recht siegreich, recht
geifallsfreudig tänzelte Colombine mit ihrem
Berlin auf, nachdem sie beim elektrischen Glanz
des Abends funkelten. Mir erscheint die musika¬
eizenden Lied über die Bühne. Oskar Strauß
lische Feuerprobe im Konzertsaal als die aller¬
kirigierte selber und heimste Lorbeer und Applaus
n. Dann folgte eine wieder ausgegrabene
harteste. „Flora Scherres-Friedenthal, die bewährte
Klavierkünstlerin, hat ihr Stammpublikum wieder
perette, auch einaktig, von Hektor Crémieux,
tusik von Henry Caspers. „Die Tante schläft“,
um sich gesammelt und den ihr sicheren Beifallszoll
r eine Tante sind vierzig Jahre kein bedenk¬
eingeheimst. Unter den zum erstenmal hier
spielenden Pianistinnen hat eine junge Mann¬
ches Alter; das Leipziger Stadttheater hat sie
erst im vorigen Jahre wieder aufgeweckt.
heimerin, Ella Jonas, sich hervorgetan. Sie wurde
aspers, der die so sehr hübsche, gefällige Musik
temperamentvoll und sehr musikalisch und kraft¬
Die
hrieb, ist in der Seinestadt 1825 geboren.
begabt befunden, zu frohen Hoffnungen be¬
perette war sein Feld, „Ma tante dort“ hatte
rechtigend. Wer mit solchem Zeugnis Schwarz
einerzeit den größten Erfolg, auch bei uns.
auf Weiß beglückt wird, der darf aufatmend
enry Caspers gab aber das Komponieren
sagen: „Ich hab's gewagt.“ Wie viel blasse Lippen
der Aermsten, die täglich ihre acht Stunden
Euf und übernahm die Pianofortefabrik seines
Klavier üben oder ihre Singstudien schon jahre¬
aters, es war lukrativer und weniger auf¬
legend. Die unschuldige
besonders dem
lang treiben, zucken: „Ach, hätt' ich's doch noch
eutigen Geschmack gegenüber sehr unschuidige
nicht gewagt“. Das Herzklopfen in Berlin in den
verschiedenen Kunstlagern, in den Lebensschichten
bandlung des Scherzes ist, daß eine femme de
hambre eine Gliederpuppe als schlafende Tante
ist ein starkes und könnte man's hören durch
die Mauern, es würde ein Schauder einen über¬
usgibt, um ihre junge Herrin vor den Huldi¬
jungen eines Chevaliers zu schützen, und selber
kommen! Wer sein Leben der Frau Musika
er Anbetung des Kammerdieners, die ihr lästig,
verpflichtet, sollte erst zehnfach geprüft werden
entgehen. Nun kommt aber die müde wirk¬
und sich selber fragen: Bin ich auserwählt unter
so vielen? Da ist dann irgendwo in einem Land¬
che Tante und schläft ein. Da hält man sie
fr die Puppe. Zum Schluß kriegen sich
städtchen eine musikalische Begabung von
ber die zwei Paare. Die musikalische
Eltern, Tanten und Freunden entdeckt. Da hat
Ausgrabung war eine dankbare gewesen, das man selber von den Erfolgen und der
ewies die vergnügte Anteilnahme des Publi-1 goldenen Ernte gelesen, und nun heißt's: hin
nach Berlin! Ausbilden! Jung und frisch und
fröhlich mit Notenrolle und Mappe, mit
der Geige wandern sie den Konservatorien
zu, Jünglinge und Mägdelein. Und was
machen die Jahre aus ihnen, die vernichteten
Hoffnungen, der gekränkte Ehrgeiz? Was resul¬
tiert aus den Opfern, die die Eltern gebracht:
blasse, blutarme, unzufriedene Wesen, denen der
Reiffrost auf die Blüte fiel, so kehren sie heim,
als ganz kleine Berufslehrer, von denen nie¬
mand spricht, ihr Brot zu brechen. Sie, die von
rauschenden Erfolgen geträumt, von Weltreisen,
gelbem Golde. Und wie viele verschlingt die
Großstadt als Molochsopfer! Der Genossen¬
heiter unt,
hübsch
schaftsball
wesen; man verkleidete sich, denn es war
ja Karneval, in allen Gesellschaftsschichten; die
Balle,
Köchin führte ihren Anbeter zu
er Romeo und sie Julia, die das Portemonnaie
zieht. Aber daneben hörte man, daß viele, die
ihre Koffer für die Rivierafahrt oder nach
Sizilien und Aegypten schon bereit hielten, die
Reisepläne ausstreichen. Die Stimmung ist nicht
ungetrübt. Osten, Süden, Westen — in solcher
bewegten Kriegszeit ist's daheim am besten. Was
jetzt sehr viel besprochen wird, ist das
Interesse des Kaisers an Vorträgen, die er in
den Häusern der Minister und der Hofwürden¬
träger und Großindustrieller nach dem Mittag¬
essen anzuhören liebt. Ein weiterer Kreis ist
neben der Hofgesellschaft geladen, Fachleute der#
verschiedensten Berufe. Der Monarch macht Cercle
und kommt so in Berührung mit anderen Schichten.
So streng die Etikette im Königsschloß mit alls
dem Prunk der vergangenen Jahrhunderte auf¬
recht erhalten wird, so grundverschieden ist dies
Heranziehen der befähigten Männer aus wissen¬
schaftlichen und industriellen Kreisen von der
Art, wie früher am Hofe verkehrt wurde.
An den Donnerstagen der Kaiserin Auoustas
wurde konzertiert, es ward auch hin und
wieder ein Dichter befohlen. Bei Friedrich
Wilhelm IV. war der höfische Vorleser Hof¬
rat Schneider das bürgerliche Element, die
Humboldts und Geheimrat-Werder repräsen¬
tierten das gelehrte. Das Elternhaus unseres
Kaisers durchbrach zuerst die Schranken,
da wurden bedeutende Menschen aller Schichten
herangezogen. Diese Sitte hat Kaiser Wilhelm
ausgenommen, und das gewahrt man mit leb¬
hafier Freude und läßt sich gerne davon erzählen,
wer die Ehre hatte in das und das Haus ge¬
laden zu werden, um den Abend in der Nähl
des Kaisers zu verbringen.
edigen. Ja, die Jugend denkt nur nicht an kums. Die Aufführung gelang trefflich. Man
as, was da hinten in nebelgrauer Ferne. Sie
sieht, auch für harmlose Scherze ist unsere Zeit
at sich mit dem zu beschäftigen, was sich schneidig
noch zu haben, wenn sie graziös dargebracht
sammenfaßt in: Der Wein, das Spiel und die
werden.
erdammte Liebe. Arbeit, gewiß, Arbeit dazu.
In der Konzertflut, die mit großen Namen
nd eines Tages? Sei der vielumworbendste
uns überschwemmt, Sonnen, Planeten und
reund, der Vater einer zahlreichen Familie, du
Fixsternen des musikalischen Himmels, gibts
eißt doch nicht, ob die „Einsamkeit“ nicht auf
viel Arbeit für den Hörer, will er
ch lauert. Und wie viele Naturen fühlen sich
seinem Empfinden und Gewissen nur ein
hmitten des Lebens einlam. „Ich mochte
wenig gerecht werden. Ach, und die Neuen
ich stellen, wie ich wollte, so war ich allein!“
neben denen, die feststehen! Welch ein Kampf
ngte der glückliche Lebenspfade pilgernde Goethe.
für sie in Berlin. Wie sie einem
ur ganz oberflächliche Personen empfinden keine
oft leid tun, die all ihre Kraft anspannen, die
hnere Einsamkeit, wenn sie von äußerer Un¬
Summe ihrer ernsten Studien, ihres Könnens
he umgeben sind. Wie ein „einsamer Weg“
und Wollens zu ziehen, des Testimonium der
vermeiden ist, dafür lassen sich keine Thesen
Künstlerschaft zu bekommen. Und dann die
nden und keine Gesetze anwenden. Auch
Feuerprobe, bei der sie pekuniäre Opfer bringen
Schnitzlers Stück zeigt nur einen Fall. Es is
und den Konzertsaal mieten. Aber wer kauft
ne solche Anhäufung von versuchter Seelen¬
Billetts für Produktionen Unbekannter, wo so
nalerei darin, daß sie die Klarheit verwischt.
viel Größen das Podium betreten. Die Einla߬
espielt wurde gut.
karten werden vielfach verschenkt um Zu¬
hörer hineinzubringen! Dann des Abends
„Colombine“, der Einakter von Erich Korn, mit
Lust und Erregung! Wieviel hängt ab von dem
inem hochdramatischen Inhalt, den wir von
Wort, das am folgenden Tage gedruckt wird!
elene Adilon in der Titelrolle und Charlotte
Das Rupfen und Zupfen erfolgt oft so energisch,
Piehe, der Pantomimistin, hier gesehen, hat
erse durch Arthur Pserhofer und Musik von
daß solch einem kleinen Singvogel auch nicht eine
Jeder auf dem Körper bleibt! Ueber wieviel zer¬
skar Strauß erhalten und zog als Operette ins
schlagene Hoffnungen geht dann das Tageslicht in
heater des Westens ein. Recht siegreich, recht
geifallsfreudig tänzelte Colombine mit ihrem
Berlin auf, nachdem sie beim elektrischen Glanz
des Abends funkelten. Mir erscheint die musika¬
eizenden Lied über die Bühne. Oskar Strauß
lische Feuerprobe im Konzertsaal als die aller¬
kirigierte selber und heimste Lorbeer und Applaus
n. Dann folgte eine wieder ausgegrabene
harteste. „Flora Scherres-Friedenthal, die bewährte
Klavierkünstlerin, hat ihr Stammpublikum wieder
perette, auch einaktig, von Hektor Crémieux,
tusik von Henry Caspers. „Die Tante schläft“,
um sich gesammelt und den ihr sicheren Beifallszoll
r eine Tante sind vierzig Jahre kein bedenk¬
eingeheimst. Unter den zum erstenmal hier
spielenden Pianistinnen hat eine junge Mann¬
ches Alter; das Leipziger Stadttheater hat sie
erst im vorigen Jahre wieder aufgeweckt.
heimerin, Ella Jonas, sich hervorgetan. Sie wurde
aspers, der die so sehr hübsche, gefällige Musik
temperamentvoll und sehr musikalisch und kraft¬
Die
hrieb, ist in der Seinestadt 1825 geboren.
begabt befunden, zu frohen Hoffnungen be¬
perette war sein Feld, „Ma tante dort“ hatte
rechtigend. Wer mit solchem Zeugnis Schwarz
einerzeit den größten Erfolg, auch bei uns.
auf Weiß beglückt wird, der darf aufatmend
enry Caspers gab aber das Komponieren
sagen: „Ich hab's gewagt.“ Wie viel blasse Lippen
der Aermsten, die täglich ihre acht Stunden
Euf und übernahm die Pianofortefabrik seines
Klavier üben oder ihre Singstudien schon jahre¬
aters, es war lukrativer und weniger auf¬
legend. Die unschuldige
besonders dem
lang treiben, zucken: „Ach, hätt' ich's doch noch
eutigen Geschmack gegenüber sehr unschuidige
nicht gewagt“. Das Herzklopfen in Berlin in den
verschiedenen Kunstlagern, in den Lebensschichten
bandlung des Scherzes ist, daß eine femme de
hambre eine Gliederpuppe als schlafende Tante
ist ein starkes und könnte man's hören durch
die Mauern, es würde ein Schauder einen über¬
usgibt, um ihre junge Herrin vor den Huldi¬
jungen eines Chevaliers zu schützen, und selber
kommen! Wer sein Leben der Frau Musika
er Anbetung des Kammerdieners, die ihr lästig,
verpflichtet, sollte erst zehnfach geprüft werden
entgehen. Nun kommt aber die müde wirk¬
und sich selber fragen: Bin ich auserwählt unter
so vielen? Da ist dann irgendwo in einem Land¬
che Tante und schläft ein. Da hält man sie
fr die Puppe. Zum Schluß kriegen sich
städtchen eine musikalische Begabung von
ber die zwei Paare. Die musikalische
Eltern, Tanten und Freunden entdeckt. Da hat
Ausgrabung war eine dankbare gewesen, das man selber von den Erfolgen und der
ewies die vergnügte Anteilnahme des Publi-1 goldenen Ernte gelesen, und nun heißt's: hin
nach Berlin! Ausbilden! Jung und frisch und
fröhlich mit Notenrolle und Mappe, mit
der Geige wandern sie den Konservatorien
zu, Jünglinge und Mägdelein. Und was
machen die Jahre aus ihnen, die vernichteten
Hoffnungen, der gekränkte Ehrgeiz? Was resul¬
tiert aus den Opfern, die die Eltern gebracht:
blasse, blutarme, unzufriedene Wesen, denen der
Reiffrost auf die Blüte fiel, so kehren sie heim,
als ganz kleine Berufslehrer, von denen nie¬
mand spricht, ihr Brot zu brechen. Sie, die von
rauschenden Erfolgen geträumt, von Weltreisen,
gelbem Golde. Und wie viele verschlingt die
Großstadt als Molochsopfer! Der Genossen¬
heiter unt,
hübsch
schaftsball
wesen; man verkleidete sich, denn es war
ja Karneval, in allen Gesellschaftsschichten; die
Balle,
Köchin führte ihren Anbeter zu
er Romeo und sie Julia, die das Portemonnaie
zieht. Aber daneben hörte man, daß viele, die
ihre Koffer für die Rivierafahrt oder nach
Sizilien und Aegypten schon bereit hielten, die
Reisepläne ausstreichen. Die Stimmung ist nicht
ungetrübt. Osten, Süden, Westen — in solcher
bewegten Kriegszeit ist's daheim am besten. Was
jetzt sehr viel besprochen wird, ist das
Interesse des Kaisers an Vorträgen, die er in
den Häusern der Minister und der Hofwürden¬
träger und Großindustrieller nach dem Mittag¬
essen anzuhören liebt. Ein weiterer Kreis ist
neben der Hofgesellschaft geladen, Fachleute der#
verschiedensten Berufe. Der Monarch macht Cercle
und kommt so in Berührung mit anderen Schichten.
So streng die Etikette im Königsschloß mit alls
dem Prunk der vergangenen Jahrhunderte auf¬
recht erhalten wird, so grundverschieden ist dies
Heranziehen der befähigten Männer aus wissen¬
schaftlichen und industriellen Kreisen von der
Art, wie früher am Hofe verkehrt wurde.
An den Donnerstagen der Kaiserin Auoustas
wurde konzertiert, es ward auch hin und
wieder ein Dichter befohlen. Bei Friedrich
Wilhelm IV. war der höfische Vorleser Hof¬
rat Schneider das bürgerliche Element, die
Humboldts und Geheimrat-Werder repräsen¬
tierten das gelehrte. Das Elternhaus unseres
Kaisers durchbrach zuerst die Schranken,
da wurden bedeutende Menschen aller Schichten
herangezogen. Diese Sitte hat Kaiser Wilhelm
ausgenommen, und das gewahrt man mit leb¬
hafier Freude und läßt sich gerne davon erzählen,
wer die Ehre hatte in das und das Haus ge¬
laden zu werden, um den Abend in der Nähl
des Kaisers zu verbringen.