II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 301

18. Der einsane Neg hox 23/3
schmerzlichen Akten ist eine furchtbare Strenge
gegen alle jene, die immer nur Seele empfangen
Thrater und Kunst.
und keine gegeben haben. Anatol, der Wiener
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Don Inan, ist alt geworden, und nun seht: der
„Der einsame Weg.“
steinerne Gast kommt! Ich wüßte keine neue
(Schauspiel in fünf Akten von Artur Schui
Dichtung, die so sehr den Tugendpreis verdiente.
Erstaufführung durch das Ensemble Ns Berliner
Und, was natürlich mehr bedeutet, auch keine,
Lessing=Theaters im Theater an der Wien am 15. Mai.)
die so sehr jeden künstlerischen Preis verdiente.
b Dieser stille Roman, dessen Welt von Ge¬
Ihre Moral ist fast beunruhigend einfach,
fühlen fast nicht auf die bretterne Welt taugt, ist
e inneren und äußeren Beziehungen ihrer
gestern mit lautem Jubel ausgenommen worden.
Menschen jedoch von einer unabsehbaren Viel¬
Immer wieder durfte der Dichter, der dem
fältigkeit. Und Erkenntnisse duften im Gehege
Publikum die edle Dichtung schenkte, diesem
dieser Dialoge, die nur ein echter Dichter auf
dafür danken, daß es seine Handflächen auf¬
seinen einsamen Wegen findet.
nanderklatschen ließ. Man liebt Schnitzler so,
Vielerlei regt dieses Stück in dem Gemüte an
daß man ihm sogar verzeiht, wenn er tief wird.
und auf. In ihm ist eine sonderbare Stille, aus
Dies ist das Schauspiel des Niedergleitens,
der es wie hinter dünnen Wänden von geheimen
und Artur Schnitzler schrieb es, da er auf seinem
Schmerzen stöhnt. Die Ibsen=Technik: das
Gipfel stand. Es hat die sinnende Melancholie
Schicksal präsentiert alte Rechnungen, macht sich
der Herbstabende, wenn ein leises Wehen die
auf Heller und Pfennig bezahlt, berechnet noch
Blätter von den Bäumen fallen läßt. Rostbraune
Zinseszins. Jedoch ein ganz schnitzlerisches Ibsen¬
und dunkelrote Blätter, die Sommer und Sonne
Drama, bei aller Herbheit zart und anmutig und
in sich gesogen haben und nun sterben müssen.
sein Geist hat eine angenehme, duftige Blume
Eine schwere, herbe Traurigkeit vebt um
wie ein bekömmlicher Wein. Menschen von hoher,
Menschen und Dinge. Manchmal glaubt man
feiner Kultur leben darin, eingefriedet in einen
freilich auch in ihr noch die Süße eines wilden
sicheren Geschmack. Pathos verriete schlechte Er¬
und vielgeliebten Lebens zu schmecken... Nun
ziehung, laute Worte sind unnötig, ein jeder be¬
sinken die Schleier der Démmerung, nahe und
wahrt die Haltung und hat noch einen wehmütig
ferne Dinge fließen ineinander, und das dunkle
charmanten Scherz auf den bleichen Lippen, wenn
Tor tut sich rätselhaft und drohend auf, das
ihn der Tod bei der Hand nimmt. Und älle diese
dunkle Tor, durch das wir alle schreiten ... und
klugen Zärtlinge tasten nach einer Liebe, die sie
alle allein. Jeder auf seinem eigenen einsamen
geleité auf dem Wege nach abwärts. Allein rächt
Weg.
sich nicht jede Schuld? Ach ja, Julian Fichtner
Schatten der Vergangenheit gleiten über ihn.
und Stephan v. Sala sind zwei üppige Aestheten
Die Menschen, die ihn gehen müssen, frösteln und
gewesen, Lebenskünstler, die immer nahmen,
ihr Herze friert. Und haben alle Sehnsucht nach
denen Leib und Seele von Menschen und Dingen
einem guten Gesellen, dessen Hand sie dabei
gehörten. Nie bedachten sie sich, Schicksale zu
fassen können. Allein im Rebel finden sie nichts
mehr, die Liebe, die Sommerblume, ist verblüht pflücken, wenn es galt, in das Herbarium ihres
und man sieht nur eine feine Dichterhand, die Lebens eine besonders schöne Erinnerung zu
ihnen das dunkle Tor weist. Jetzt ist es aus mit pressen. Nun aber erschrecken sie doch vor der hoch¬
Musik und Tanz und Gelüste... Der diese mütigen Einsamkeit ihres Genies. Fichtner, der
Schicksale ersann, gilt als Erotiker. Ach ja, das Maler, fühlt sich altern, seine Kraft schwindet,
muß er wohl sein — könnte er sonst so unerbitt= sein Geist verliert den Glanz und Schimmer
lich gegen die Erotiker sein? In diesen blassen,i seiner Jugend. Wo ist nun Zärtlichkeit für ihns