II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 307

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Schnitzler muß es ja doch wissen, ob dieser erste Keim
rillantenstrahlende
Der Wohlstand für ein Lebewesen genügt und kein Nachfolger Teil an
diesem Leben hat.
einen dichterischen
Aber nun kommt das „Wunderbare“, was ein ge¬
r Schilderung
wenn ein reicher wöhnlicher Menschenverstand nicht versteht. Diesen Sohn,
Präsidentin eines der seine Mutter abgöttisch zu lieben scheint, so abgöttisch,
so schwärmerisch, daß ein bloßes Pastellbild ihm ihr
lägt Schnitzler ganzes Geheimnis enthüllt, diesen Sohn vermag der
hon der pflichtver= Betrug an seinem Ideale nicht mehr aufzuregen, als daß
sich und endet inser dem neugebackenen Vater nach ruhiger Ueberlegung
eine Moralpanke hält. So etwa: „Aber Papa, das war
ht neu, höchstens
Schnitzlersche Be=nicht hübsch von dir. Dafür kann ich dich auch nun nicht
e klügelt eine Be=anerkennen.“ So etwa spricht der Herr Sohn und er¬
im Lächeln reizt,schlägt damit entweder seine schwärmerische Liebe zu
sie bloß Worte für seiner toten Mutter oder seine ganze Logik für das Straf¬
fer streiten — aber gericht an seinem Papa. Entweder er begreift die Hand¬
lung seines beredten Vaters, dann entfiele dieser theate¬
hört die Botschaft,
ralische Schluß, oder er begreift sie nicht, dann würden ein
sagten Worten -
paar ehrliche Entrüstungsworte wie eine Befreiung wirken.
Und wenn man
Aber nur nicht dieses melancholische Hindämmern in
st gesprochen.
plätschernder Beredsamkeit, nicht diese unnatürliche Blut¬
den einsamen Weg
leere eines in Liebe gezeugten Kindes. Liebe oder Haß
s Lebens und des
mit einem anderen kann es hier nur geben, alles andere wirkt peinlich und
kre Jungfräulichkeit lächerlich.
Danebenher läuft noch manches Seltsames, krank¬
er seinen Lebens¬
das Mädchen dem haft Romantisches. Ein abgelebter Philosoph ergreift im
on. Daß ihm die Fluge ein junges Mädchen, das sich ihm ergibt, ihm in
23jährigen Sohne den Tod vorausgeht, der ihm gewiß ist; ein junger Arzi,
n Manne aber gar der dieses Mädchen liebt, erträgt stumm die Resignation
ssen Frauencharakter seiner hoffnungslosen Liebe, ohne auch nur mit einem
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anfangen, was er Worte für seinen Traum von Glück und Freude einzu¬
miteierenenenasichut rge
können. Aber die stehen. Es ist einem, als hätte Herr Schnitzler diesem¬

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jungen Hünen gesagt: „Du, das ist nichts für dich, das seiner frischen Tat ansetzen. Nicht auf nordischen Bahnen, nahe. Einen Weh
ist ein Ibsenmädchen, fang dir nichts an . . .“ Aus dem sim sonnigen Süden, im frischen Wiener Wald wird er das Burgtheater
hanenen Schiffer,
Charakter des Mädchens ist nämlich bis zum verhängnis=sich echte Lorbeeren holen. Er muß sich nur einmal der
Ziener. Frau ##
vollen Ende gar nicht zu erkennen, warum dieses lebens=[farbigen Wirklichkeit entschlagen und insgeheim seine
eine Photographiefa
warme Geschöpf nicht lieber einen jungen strammen Arzt, Kräfte sammeln, die in konventionellen Kleinigkeiten bei¬
niederen Volke, d
als einen ausgemergelten Wüstling zum Manne nehmen nahe aufgerieben sind
Die Darstellung hat ja den Erfolg nicht gehoben, keinerlei Verbreche
sollte. Solche dichterische Verirrungen in Ibsenscher Manier
Glauben wurzelt.
mit Schweigen begründen wollen, heißt Ibsen wohl nach= aber „schuld an allem“ darf man ihr nicht nachschelten.
meisterlicher behan
ahmen, ihm aber keineswegs nachstreben. Ibsens Schweigen[Bassermann ist nun einmal kein fader Schwärmer,
wirkt zwar überzeugender, als der Schnitzlersche Wort= im Champagnerkübel abgekühlt. Seine Waffe ist die ehr= Frau Wolffin ein
reichtum; solche Dinge aber würde Ibsen niemals ver=liche Natur, mag sie auch sonderlich sein. Und Marrs daß wir zwei so
schwiegen haben. Er zeichnet stets sei sorgsältig den sichere Derbheit macht sich ganz schüchtern an diesen wort= Großen teaf aber
kargen Schmachtlappen heran. Reicher kann Vernünftiges dieser Spreediebs
Charakter, aus dem die Konsequenzen einer Handlung ent¬
klar zergliedern, unvernünftige Philosophie vermag auch szenierung was
springen.
Man hat also von der ganzen Handlung nur das er nicht lebendig zu machen. Irene Triesch, diese ab= Heiterteit und sei
Gefühl des Unbefriedigtseins, man hört und sieht eine grundtiefe Leidenschaft, kann schwärmerische Medusen nur starken Eindruck
ausgeklügelt unglückliche Familiengeschichte, ohne zu andeuten und das gereicht ihr zur Ehre. Wie wäre sie!—
empfinden, daß sich diese Geschichte aus der Konsequenz eine Darstellerin des Lebens, wenn sie mit solchen Schemen#
der Charaktere heraus entwickelt. Kein Wunder also, fertig würde. Bleibt also nur der neue Stieler, dessen
daß man an die ganze Geschichte nicht glaubt und sie Augenräder vergebens den Dämon herausspritzen wollen,
zum Schlusse wie einen Kolportageroman aus dem Gedächt= der aber in Momenten der Leidenschaft ganz natürliche
nisse verliert. Man hört einen Blinden von der Farbe Laute hat und Frau Lehmann, welche eine feschef
Wiener Schauspielerin zwar direkt aus der Friedrich¬
reden und einen in der Gesellschaft lustig Mitschwimmen¬
straße (Zeitstunde nachts nach zwei) importiert, mit ihrer
den von der Einsamkeit. Der Weg des Herrn Fichtner
resoluten Art des Zugreifens aber auch hier den ehrlichenst
könnte sich bis in eine Schnitzlersche Premiere verirren.
Erfolg ihres großen Talentes für sich hat. Am Ende auch
In den Logen schöne brillantenbehangene Frauen, das
noch Herr Sauer, der falsche Sentimentalität in ein¬
Professorenkollegium der Fakultät des Bruders ...
glückliche Einsamkeit des Dichters, der ein Parterre von facher Schlichtheit beinahe ganz würdig zu machen weiß.
Alles zusammen kein Erfolg, weder für den Dichter, noch
Fürsten zur Claque hat.
für die Darsteller, am wenigsten für den Direktor, dem
Es ist wirklich schade um die Tinte, schade um den
man um diese Belebung eines toten Karpfens kaum Dank
Dichter. Seine sinnigen Plaudereien über Leben und
sagen kann. Es ist für einen Dichter besser, man weist
Sterben verraten ein ernstes Nachdenken, seine lustig¬
seine schlechten Stücke ab, als man verhilft ihnen mit
melancholischen Malereien aus dem Wiener Leben be¬
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aller Aufopferung zum ehrlichen Mißerfolg. Und ein solcher
rechtigten zu schönen Aussichten. Aber es bleibt immer
war „Der einsame Weg“ soviel auch die willfährigen
nur bei Feuilletons, bei hübsch erzählten Kleinigkeiten.
Freunde daran herumschnitzeln ...
So oft er zu einem großen Wurf ausholt, versagen die
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Beine, nur das Mundwerk hält stand. Damit allein aber
Samstag gab man Hauptmanns lustige Diebskomödie de¬
vollbringt man keine Tat. Mag auch die gefällige
„Der Biberpelz“, in welcher die Persiflage des preußi=sle
Menge Beifall klatschen, die tiefe Stille zum Beispiel, die
schen Richtersnobs trefflich zum Ausdruck kam. Da die Ko=le¬
unlängst nach der Rebekka surchtbarem Geständnis alle
Hände lähmte, die ist wertvoller, als der oftmalige Her= mödie auch im Burgtheater, dank dem pfefferscharfen Zunglein! F
vorruf willfähriger Mäuler. Schnitzler muß einmal zu der Frau Schmittlein, sehr gut gegeben wird, liegt der Vergleich be¬