box 23/3
18. Der einsane Neg
—
Geliebte, Irene, und dann wieder die Frau Wegraths
Spaltung des Wesens über eine mondhelle Wiese,
gesäet. Nun möchte er von neuem be¬
mit Erfolg gemalt hat. Alles andere waren Pläne
während sie, in Wirklichkeit hinter einem Vorhang
hm vor der Oede graut, nun möchte er
und Skizzen, sind Ansätze und werden es bleiben.
stehend, Sala belauscht. Als ein zeitloses Wesen er¬
Jetzt aber, als das Bild Gabrielens und ihr angst¬
gen Menschen leben, der ihm zu gehören
innert sie sich eines früheren Lebens, gleich der „Frau
voller Blick in der letzten Stunde dem Sohne das
es wird ihm nicht vergönnt. Nach dem
mit dem Dolche“. Wie man sieht, eine der immer
Fichtners im dritten Akte begreift man
Geheimnis seines Lebens verriet, als Fichtner aus
wiederkehrenden, dichterischen Zwangsvorstellungen, wo¬
seinem Bekenntnis endlich die Kraft zu neuem Schaffen
zugleich der gefährlichste Punkt im Stück.
von sich Schnitzler nicht befreien will. Uebrigens
rchschaut man den Alten ganz. Der tolle
sich holen will, schwindet ihm auch diese Hoffnung
spricht nicht nur aus dieser Figur der Geist des
durch die Abwehr des Sohnes für alle Zeit. Nicht
der Gefühle von einst löst sich nicht in
großen Nordländers, sondern auch die ganze Technik
inerung auf; nur schmerzhafte Kälte,
so „wehleidig“ wie er, aber ihm sonst recht ähnlich,
des Werkes verrät seinen Wurf We bei Ibsen ragt
dlichkeit, ja ein Widerschein der Befriedi¬
ist der Räsonneur Sala, an den als Dichter wir
auch hier überall die Verganz eit herein. Alle
ß man's schwer begreift, wenn sich der
einfach glauben müssen. „Lieben“ sagte er, „heißt
handelnden Personen leben, ja schwelgen in Erin¬
für andere auf der Welt sein“. Und das war er nie.
auf den Vater stürzt.
nerungen. Unbedeutende Dinge und Ereignisse, die
Wie man sieht, ist Schnitzler ein strenger, ein
r zweite große Egoist des Stückes, der
weit abliegen, tauchen in vollster Klarheit vor ihnen
unerbittlicher Richter. Nur ein einsamer Weg ist
a, leidet Schiffbruch. Er hat genossen;
auf, die Plätze, die sie betreten, erinnern sie an die
ihm das Leben aller, denen ihr wertes Ich allein
erlaubten ihm das. Er verbrauchte die
Menschen und die Menschen bleiben von ihren Taten
genügt, die sich als Mittelpunkt des Daseins be¬
sie man Früchte genießt, ohne inneren An¬
untrennbar. Durch dieses Kunstmittel verschieht sich
trachten und alles nur auf sich beziehen. Ein Leben
Er Berechnung. Frau und Kind starben
dem Dichter willkürlich Zeit und Raum. Wie im
voller Kälte und Trauer, sein Resultat eine zweck¬
hat niemand, für den es zu sorgen gilt
Märchen trägt eine Drehung des Zauberringes ihn
lose Bemühung der Natur. Freilich das Leben
Er Brust schlägt ein totwundes Herz. Der
weit hinweg und es gibt kein lebendiges oder totes
alter Don Juans zu schildern und die vergifteten
iker, den das Rätsel einer vor Zeiten
Wesen, das seinem Anruf nicht gehorcht.
Früchte egoistischer Naturen vor unseren Augen zu
Stadt scheinbar mehr interessiert, als die
Die herbstliche Szenerie, in der das Stück spielt,
pflücken, war für den Dichter doch nur Mittel zum
Im ihn, wirft jedoch das Leben in dem
ist auch für seine Menschen symbolisch. Die Hoffnungen,
Zweck. So auf der Oberfläche hin gleitet Schnitzler
von sich, als Johanna, Wegraths Tochter,
welche die einen aufs Leben setzten, sind verflogen, auf
nicht. Im Mittespunkte des ganzen dramatischen
grliebt und seinen hoffnungslosen Zustand
den anderen lastet die Schuld und der Weg, den die
Baues steht vielmehr das Bild einer Familie, der
sich im Teich seiner Villa ertränkt. In
Jugend geht, führt ins Leere oder ist aussichtslos.
itt das Unfaßbare im Stücke am stärksten
einen von vielen, worin keiner dem anderen, trotz
Alles grau in grau, alles verfehlt. Gabriele, die Frau
des engsten Zusammenlebens, das Wesen der Seele
e ist beinahe mehr mythologisches Wesen,
Wegraths, nimmt das Geheimnis das über der Ge¬
enthüllt. Schon mit dem Tod im Herzen spricht Ga¬
tische Figur. Sie ahnte nicht etwa, sie
burt des Sohnes schwebt, mit sich ins Grab. Ihrem
briele von den ihren als von „Menschen, die mir alle
daß Salas Tochter sterben werde. Wie
Manne reiften die künstlerischen Blütenträume der
so nahe sind und die doch alle von einander nichts
est in „Rosmersholm“ oder Hilde im
Jugend nicht; er hat sich seit langem bescheiden ge¬
Solneß“ sieht sie Verborgenes und Ge¬
wissen, kaum ihre Beziehungen zu einander kennen
lernt und macht blos pflichtgemäß jedes Jahr sein
kes und hört auf den Pulsschlag der Welt.
finer Vision tanzt ihr Leib in mystischer Bild. Von Fichtner wissen wir nur, daß er seine und dazu bestimmt scheinen, auseinander zu flattern,
18. Der einsane Neg
—
Geliebte, Irene, und dann wieder die Frau Wegraths
Spaltung des Wesens über eine mondhelle Wiese,
gesäet. Nun möchte er von neuem be¬
mit Erfolg gemalt hat. Alles andere waren Pläne
während sie, in Wirklichkeit hinter einem Vorhang
hm vor der Oede graut, nun möchte er
und Skizzen, sind Ansätze und werden es bleiben.
stehend, Sala belauscht. Als ein zeitloses Wesen er¬
Jetzt aber, als das Bild Gabrielens und ihr angst¬
gen Menschen leben, der ihm zu gehören
innert sie sich eines früheren Lebens, gleich der „Frau
voller Blick in der letzten Stunde dem Sohne das
es wird ihm nicht vergönnt. Nach dem
mit dem Dolche“. Wie man sieht, eine der immer
Fichtners im dritten Akte begreift man
Geheimnis seines Lebens verriet, als Fichtner aus
wiederkehrenden, dichterischen Zwangsvorstellungen, wo¬
seinem Bekenntnis endlich die Kraft zu neuem Schaffen
zugleich der gefährlichste Punkt im Stück.
von sich Schnitzler nicht befreien will. Uebrigens
rchschaut man den Alten ganz. Der tolle
sich holen will, schwindet ihm auch diese Hoffnung
spricht nicht nur aus dieser Figur der Geist des
durch die Abwehr des Sohnes für alle Zeit. Nicht
der Gefühle von einst löst sich nicht in
großen Nordländers, sondern auch die ganze Technik
inerung auf; nur schmerzhafte Kälte,
so „wehleidig“ wie er, aber ihm sonst recht ähnlich,
des Werkes verrät seinen Wurf We bei Ibsen ragt
dlichkeit, ja ein Widerschein der Befriedi¬
ist der Räsonneur Sala, an den als Dichter wir
auch hier überall die Verganz eit herein. Alle
ß man's schwer begreift, wenn sich der
einfach glauben müssen. „Lieben“ sagte er, „heißt
handelnden Personen leben, ja schwelgen in Erin¬
für andere auf der Welt sein“. Und das war er nie.
auf den Vater stürzt.
nerungen. Unbedeutende Dinge und Ereignisse, die
Wie man sieht, ist Schnitzler ein strenger, ein
r zweite große Egoist des Stückes, der
weit abliegen, tauchen in vollster Klarheit vor ihnen
unerbittlicher Richter. Nur ein einsamer Weg ist
a, leidet Schiffbruch. Er hat genossen;
auf, die Plätze, die sie betreten, erinnern sie an die
ihm das Leben aller, denen ihr wertes Ich allein
erlaubten ihm das. Er verbrauchte die
Menschen und die Menschen bleiben von ihren Taten
genügt, die sich als Mittelpunkt des Daseins be¬
sie man Früchte genießt, ohne inneren An¬
untrennbar. Durch dieses Kunstmittel verschieht sich
trachten und alles nur auf sich beziehen. Ein Leben
Er Berechnung. Frau und Kind starben
dem Dichter willkürlich Zeit und Raum. Wie im
voller Kälte und Trauer, sein Resultat eine zweck¬
hat niemand, für den es zu sorgen gilt
Märchen trägt eine Drehung des Zauberringes ihn
lose Bemühung der Natur. Freilich das Leben
Er Brust schlägt ein totwundes Herz. Der
weit hinweg und es gibt kein lebendiges oder totes
alter Don Juans zu schildern und die vergifteten
iker, den das Rätsel einer vor Zeiten
Wesen, das seinem Anruf nicht gehorcht.
Früchte egoistischer Naturen vor unseren Augen zu
Stadt scheinbar mehr interessiert, als die
Die herbstliche Szenerie, in der das Stück spielt,
pflücken, war für den Dichter doch nur Mittel zum
Im ihn, wirft jedoch das Leben in dem
ist auch für seine Menschen symbolisch. Die Hoffnungen,
Zweck. So auf der Oberfläche hin gleitet Schnitzler
von sich, als Johanna, Wegraths Tochter,
welche die einen aufs Leben setzten, sind verflogen, auf
nicht. Im Mittespunkte des ganzen dramatischen
grliebt und seinen hoffnungslosen Zustand
den anderen lastet die Schuld und der Weg, den die
Baues steht vielmehr das Bild einer Familie, der
sich im Teich seiner Villa ertränkt. In
Jugend geht, führt ins Leere oder ist aussichtslos.
itt das Unfaßbare im Stücke am stärksten
einen von vielen, worin keiner dem anderen, trotz
Alles grau in grau, alles verfehlt. Gabriele, die Frau
des engsten Zusammenlebens, das Wesen der Seele
e ist beinahe mehr mythologisches Wesen,
Wegraths, nimmt das Geheimnis das über der Ge¬
enthüllt. Schon mit dem Tod im Herzen spricht Ga¬
tische Figur. Sie ahnte nicht etwa, sie
burt des Sohnes schwebt, mit sich ins Grab. Ihrem
briele von den ihren als von „Menschen, die mir alle
daß Salas Tochter sterben werde. Wie
Manne reiften die künstlerischen Blütenträume der
so nahe sind und die doch alle von einander nichts
est in „Rosmersholm“ oder Hilde im
Jugend nicht; er hat sich seit langem bescheiden ge¬
Solneß“ sieht sie Verborgenes und Ge¬
wissen, kaum ihre Beziehungen zu einander kennen
lernt und macht blos pflichtgemäß jedes Jahr sein
kes und hört auf den Pulsschlag der Welt.
finer Vision tanzt ihr Leib in mystischer Bild. Von Fichtner wissen wir nur, daß er seine und dazu bestimmt scheinen, auseinander zu flattern,