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18. Der einsane Neg
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mehr die Vollkraft besessen, seine Personen mit all dem
verrichten, ein literarischer triefende Baktrienfahrer Sala? Kein Mensch, kein!
warmem Lebenshauch seiner früherer Dichtungen zu
nlebt, hundertmal Gesagtes Wort, kein Empfinden ist dem so charakteristi¬
durchdringen; sie gleichen mehr Abgestorbenen, die zur
schen und leicht kenntlichen Leben unserer origi¬
n der eigenen Attitüde.
Exempelstatuierung in ihren wesentlichsten Elementen
Man kennt sie längst und nellen Stadt entnommen; vielmehr sind alle wesent¬
wieder hergeholt wurden. Was bei Ibsen der versagenden
lichen Züge des Stückes der Eigenart des Wieners ganz
n Schnitzler stammt, man hat
zuwiderlaufend. Wiener Konflikte ergeben sich aus der Bildnerkraft des Alters entglitt, das konnte Schnitzler aus
e und Deutweisen, die in den
Kraft und Lust zum Leben. Schnitzlers Personen jedoch, der fundamentaler Unzul nglichkeit nie und nimmer erreichen.
kecken al fresco=Skizzen, noch
Vielleicht noch schlimmer als die Halbheit des
Maler, der Dichter, die grämliche Johanna, e tutti quanti
den d'Annunzios und Hof¬
Dichters überhaupt offenbart sich im „einsamen Weg“
reden zwar immer von ihrer Lebenslust, wandeln aber
rdruß vernommen. Und wie
das Ungeschick des Dramatikers. Wie unbeholfen ist neben
in Wirklichkeit dahin wie die Schatten aus Charons
e sich in der Schnitzlerschen
der albernen Baktriergeschichte der Sterbeturnus, der in
higen Symbolik des großen Nachen. Graue Verdrossenheit, ein gelangweilter Ernst,
dem Stück aufgestellt wird. Vor dem Drama sind die
eine philiströse Sachlichkeit erfüllt alle diese Schein¬
t schlagende Treffsicherheit der
Frau und Tochter Salas gestorben, im ersten Zwischen¬
wesen. Sie gehen mit akademischer Genauigkeit auf und
ngskraft der Vergleiche, hier
akt stirbt die schuldige Mutter und Gattin, Frau Gabriele,
ab und reden ihre Formeln her, als wollten sie sagen:
rische Ekstasen, unwahre, be¬
im letzten Zwischenakte stirbt Johanna, nach dem
Ich spreche jetzt von Lebensgenuß und Freude, weil es mir
Es ist der reine
it subjektiven Lyrismen; dort
Stück bringt Sala sich um.
der Autor so vorgeschrieben hat, warum weiß ich selbst nicht.
Johannas! Kein
des Dramatikers hinter den
Totentanz. Und dieser Selbstmord
Von dem Lebensdrang, der die Kämpfe des Stückes
fade Geschöpf
hier selbstgefällige Vordring¬
Mensch begreift, warum dieses
anfacht, ist nichts zu merken: mit seriöser Pedanterie
An¬
Verschiedene frühere
tors in all seinen Charakteren
geht!
macht sich ein jeder daran, den in der Schnitzlerschen ins Wasser
uren mit seinen Anschauungen.
Theatermaschine nötigen „Lebensgenuß“ vorschrifts= deutungen über Todesschleier, die sie merkt, über
eines literarischen Gernegroß,
den Haß, den sie gegen Bemitleidenswerte empfindet, und
mäßig zu vollbringen. In dem ganzen Stück gibt
innigkeiten zwingt, statt sie ihrem
so vermutlich auch gegen ihren Liebhaber, den ab¬
es kein Lachen. Wie die Marionetten, mit steifer
zu gebrauchen, und unter den
sterbenden Sala, empfände, sind höchstens alberne
Regelmäßigkeit ihrer hölzernen Puppenbewegungen
ständig über seine Verhältnisse
Hysterismen, aber keine Vorwände für tragische Ent¬
stelzen die Akteure ihre „einsamen Wege“ entlang, bis
e der späteren Arbeiten Artur
schließungen. Und die Erkennungsszene zwischen Vater
das kuarrende seelenlose Räderwerk der fünf Akte abge¬
spiels“ und „einsamen Wegs“.
und Sohn, wie plump theatralisch! Und dabei doch nicht
schnurrt ist. Die Gewissenhaftigkeit, mit der sie ihre
sucht er aber noch durch eine
wirksam. Es gibt eine französische Boulevardkomödie, die
Genußsünden begehen, macht sie nicht zu tragischen Er¬
ie man sich kaum anders als
dasselbe Sensationsthema trotz aller Banalität weit
scheinungen, sondern zu unentschuldbaren Verbrechern
Berliner Tiergartenviertel
effektvoller behandelt. Schnitzler aber strebt nach der
niedriger, fast animalischer Art, die ihre Sinnlichkeits¬
des Theaterzettels heißt es
Ibsenschen Seelentragödie und bleibt bei Kotzebue stecken.
verirrungen mit vollem Bewußtsein und in klarer Ein¬
wart“. Das verblüfft jeden,
Wird dieser mäßig begabte Literat nicht doch endlich
sicht, ohne die geringsten eihischen Erschütterungen unter¬
gewinnt den Charakter einer
einsehen, daß er höchstens für die commedia buffa nach
nehmen und durchführen. Es ist ein Geschlecht kleinlich
alles in der Welt ist in dem
dem modern=pornographisch=semitischen Zuschnitt zureicht?
mißratener Tantaliden, die einer ungesunden, verbildeten
inzigste Anhaltspunkt dafür zu
Ein Spaßmacher für seine Leute mit einer Neigung zum
und überspannten Phantasie entsprungen sind, nicht aber
lt? Was ist darin wienerisch?
Pathetischen, allenfalls ein Tragikomiker, mehr nicht.
se Geschwätz Johannas? Oder dem Leben angehören, am wenigsten dem Leben Wiens.
Albert Leitich.
tnant? Oder der weisheit=! Der greise Ibsen hatte in seinen allerletzten Werken nicht
18. Der einsane Neg
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mehr die Vollkraft besessen, seine Personen mit all dem
verrichten, ein literarischer triefende Baktrienfahrer Sala? Kein Mensch, kein!
warmem Lebenshauch seiner früherer Dichtungen zu
nlebt, hundertmal Gesagtes Wort, kein Empfinden ist dem so charakteristi¬
durchdringen; sie gleichen mehr Abgestorbenen, die zur
schen und leicht kenntlichen Leben unserer origi¬
n der eigenen Attitüde.
Exempelstatuierung in ihren wesentlichsten Elementen
Man kennt sie längst und nellen Stadt entnommen; vielmehr sind alle wesent¬
wieder hergeholt wurden. Was bei Ibsen der versagenden
lichen Züge des Stückes der Eigenart des Wieners ganz
n Schnitzler stammt, man hat
zuwiderlaufend. Wiener Konflikte ergeben sich aus der Bildnerkraft des Alters entglitt, das konnte Schnitzler aus
e und Deutweisen, die in den
Kraft und Lust zum Leben. Schnitzlers Personen jedoch, der fundamentaler Unzul nglichkeit nie und nimmer erreichen.
kecken al fresco=Skizzen, noch
Vielleicht noch schlimmer als die Halbheit des
Maler, der Dichter, die grämliche Johanna, e tutti quanti
den d'Annunzios und Hof¬
Dichters überhaupt offenbart sich im „einsamen Weg“
reden zwar immer von ihrer Lebenslust, wandeln aber
rdruß vernommen. Und wie
das Ungeschick des Dramatikers. Wie unbeholfen ist neben
in Wirklichkeit dahin wie die Schatten aus Charons
e sich in der Schnitzlerschen
der albernen Baktriergeschichte der Sterbeturnus, der in
higen Symbolik des großen Nachen. Graue Verdrossenheit, ein gelangweilter Ernst,
dem Stück aufgestellt wird. Vor dem Drama sind die
eine philiströse Sachlichkeit erfüllt alle diese Schein¬
t schlagende Treffsicherheit der
Frau und Tochter Salas gestorben, im ersten Zwischen¬
wesen. Sie gehen mit akademischer Genauigkeit auf und
ngskraft der Vergleiche, hier
akt stirbt die schuldige Mutter und Gattin, Frau Gabriele,
ab und reden ihre Formeln her, als wollten sie sagen:
rische Ekstasen, unwahre, be¬
im letzten Zwischenakte stirbt Johanna, nach dem
Ich spreche jetzt von Lebensgenuß und Freude, weil es mir
Es ist der reine
it subjektiven Lyrismen; dort
Stück bringt Sala sich um.
der Autor so vorgeschrieben hat, warum weiß ich selbst nicht.
Johannas! Kein
des Dramatikers hinter den
Totentanz. Und dieser Selbstmord
Von dem Lebensdrang, der die Kämpfe des Stückes
fade Geschöpf
hier selbstgefällige Vordring¬
Mensch begreift, warum dieses
anfacht, ist nichts zu merken: mit seriöser Pedanterie
An¬
Verschiedene frühere
tors in all seinen Charakteren
geht!
macht sich ein jeder daran, den in der Schnitzlerschen ins Wasser
uren mit seinen Anschauungen.
Theatermaschine nötigen „Lebensgenuß“ vorschrifts= deutungen über Todesschleier, die sie merkt, über
eines literarischen Gernegroß,
den Haß, den sie gegen Bemitleidenswerte empfindet, und
mäßig zu vollbringen. In dem ganzen Stück gibt
innigkeiten zwingt, statt sie ihrem
so vermutlich auch gegen ihren Liebhaber, den ab¬
es kein Lachen. Wie die Marionetten, mit steifer
zu gebrauchen, und unter den
sterbenden Sala, empfände, sind höchstens alberne
Regelmäßigkeit ihrer hölzernen Puppenbewegungen
ständig über seine Verhältnisse
Hysterismen, aber keine Vorwände für tragische Ent¬
stelzen die Akteure ihre „einsamen Wege“ entlang, bis
e der späteren Arbeiten Artur
schließungen. Und die Erkennungsszene zwischen Vater
das kuarrende seelenlose Räderwerk der fünf Akte abge¬
spiels“ und „einsamen Wegs“.
und Sohn, wie plump theatralisch! Und dabei doch nicht
schnurrt ist. Die Gewissenhaftigkeit, mit der sie ihre
sucht er aber noch durch eine
wirksam. Es gibt eine französische Boulevardkomödie, die
Genußsünden begehen, macht sie nicht zu tragischen Er¬
ie man sich kaum anders als
dasselbe Sensationsthema trotz aller Banalität weit
scheinungen, sondern zu unentschuldbaren Verbrechern
Berliner Tiergartenviertel
effektvoller behandelt. Schnitzler aber strebt nach der
niedriger, fast animalischer Art, die ihre Sinnlichkeits¬
des Theaterzettels heißt es
Ibsenschen Seelentragödie und bleibt bei Kotzebue stecken.
verirrungen mit vollem Bewußtsein und in klarer Ein¬
wart“. Das verblüfft jeden,
Wird dieser mäßig begabte Literat nicht doch endlich
sicht, ohne die geringsten eihischen Erschütterungen unter¬
gewinnt den Charakter einer
einsehen, daß er höchstens für die commedia buffa nach
nehmen und durchführen. Es ist ein Geschlecht kleinlich
alles in der Welt ist in dem
dem modern=pornographisch=semitischen Zuschnitt zureicht?
mißratener Tantaliden, die einer ungesunden, verbildeten
inzigste Anhaltspunkt dafür zu
Ein Spaßmacher für seine Leute mit einer Neigung zum
und überspannten Phantasie entsprungen sind, nicht aber
lt? Was ist darin wienerisch?
Pathetischen, allenfalls ein Tragikomiker, mehr nicht.
se Geschwätz Johannas? Oder dem Leben angehören, am wenigsten dem Leben Wiens.
Albert Leitich.
tnant? Oder der weisheit=! Der greise Ibsen hatte in seinen allerletzten Werken nicht