II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 331

18. Der einsane Neg
Nr. 134.
16. Mai 1906.
Fremden-Siatt.
Wien, Mittwoch
Seite 16.
sucht durch einen Revolverschuß schwer verletzt hatte. Das Gericht gewährte
schwerlich die richtige Partnerin. Die Glänzenden des Abends
ihm damals einen Strafaufschub. Anstatt nun im Hause Frieden zu halten,
waren Herr Bassermann und Frau Else Lehmann.
quälte Zöchmann, seine junge Frau fortwährend mit unbegründeten Eifer¬
Herr Bassermann gab den Herrn v. Sala mit einer Meister¬
suchtsszenen. Eines Nachts kehrte er angeheitert heim. Gegen 2 Uhr früh
schaft zurückhaltender Charakteristik und dabei mit einem Stich
wurden die Kässierinnen Marie Löffelmann, Agnes Takacs und
in ein besonderes Etwas von Personnage, daß man ihn in die
die Köchin Justine Schmidt durch großen Lärm aus dem Schlafe ge¬
vorderste Reihe jetziger Charakterdarsteller, oder vielmehr Spezialisten,
schreckt. Sie eilten aus dem Dienstbotenzimmer in das Vorzimmer und
stellen muß. Nebenbei war er auch ergreifend und das wurde ja
vernahmen durch die versperrte Wohnungstüre die scheltenden Stimmen der
Ehegarken. Im Verlause des Wortwechsels bedrohte Zöchmann seine Frau
zuletzt die Hauptsache. Frau Lehmann aber spielte eine ältere
mit dem Erschießen und mißhandelte sie schließlich mit einer Hundspeitsche.
Flamme der im Stücke beschäftigten Junggesellen, natürlich Ex¬
Dies veranlaßte die Kassierin Agnes Takacs zum Einschreiten. Sie klopfte
Schauspielerin, mit einem Fonds von Naturell und Gemüt, daß
ast die Türe und begehrte Einlaß. Zöchmann öffnete, herrschte die Kassierin
einem ganz charmant zumute wurde. Auch sie ist eine, die in Wien
An und versetzte ihr nach kurzem Streite eine derart heftige Ohrfeige, daß
tapfer ihren Berliner Kurs behauptet. Für solche Naturen gibt es
(das Mädchen eine Zerreißung des linken Trommelfells erlitt. Frau Zöch¬
keine geographischen Grenzen. Von den übrigen Mitwirkenden ist
mann benützte den allgemeinen Wirrwarr zur Flucht und hielt sich die
kaum etwas zu melden. Zu einem Niveau trugen sie nichts bei.
ganze Nacht über im Keller verborgen. Agnes Takacs war infolge der
L. H—I
Mißhandlung mehrere Wochen krank und mußte sich auch einer schmerz¬
haften Operation unterziehen. Der Casetier wurde am 30. Jänner wiede
Aus dem Gerichtssaale.
verhaftet.
Gestern stand Eduard Zöchmann vor einem Erkenntnissenate, dem
Wien, 16, Mai.
Landesgerichtsrat Hanusch präsidierte, wegen gefährlicher Drohung und
— (Eine Ehrenbeleidigungsklage des Bürgermeif'ers.) Die
schwerer körperlicher Beschädigung. Der Angeklagte war geständig. Zu Tät¬
gestrige Nummer des offiziellen Organes der Fleischhauergenossenschaft
lichkeiten gegen seine Frau habe er sich hinreißen lassen, weil er empört
„Fleischhauer= und Fleischselcher=Zeitung“ enthielt einen Artikel, welcher
darüber war, daß sie mit Gästen zechte und scherzte. — Präs.: Aber
von heitigen Angriffen gegen den Bürgermeister Dr. Lueger erfüllt ist.
das bringt doch ihr Beruf mit sich. — Ang.: Nein, zur Unterhaltung
Der Bürgermeister hat sogleich gegen den verantwortlichen Redakteur des
sind Animiermädchen da, für eine Geschäftsfrau schickt sich so was nicht. —
Blattes die Ehrenbeleidigungsklage beim Landesgerichte überreicht.
Der Verteidiger konstatiert gelegentlich, daß Frau Zöchmann vor einigen
Wochen von ihrem Gatten geschieden wurde.
(Ein edles Brüderpaar.) Eines Tages hatte der 15jährige
Der Gerichtshof erkannte Eduard Zöchmann schuldig und verurteilte
Bäckerlehrling Franz Benesch im Auftrage seines Meisters Alois Feik
ihn zu acht Monaten schweren Kerkers, sowie zur Zahlung
in Schwechat der Kohlenhändlerin Marie Heider 152 Kronen auszu¬
von 600 Kronen Schmerzensgeld und Ersatz von 240 Kronen für Heilungs¬
bezahlen. Wenige Stunden später erschien Franz Benesch wieder bei Frau
eben
kosten an die Kassierin Takacs.
Heider und sagte, sein Meister lasse sie ersuchen, sie möge ihm die
ent¬
bezahlten 152 Kronen für einige Tage leihen. Er erhielt das Geld,
Hier
— (Beleidigte Studentinnen.) Die Schwestern Anna und
wendete seinem Meister einen Winterrock und flüchtete nach Wien.
Josefine Schärf, zwei hübsche Studentinnen der Medizin, traten gestern
traf er mit seinem Gruder, dem 18jährigen arbeitslosen Fleischhauerlehrling
beim Bezirksgericht Josefstadt als Klägerinnen gegen ihren Zimmer¬
Rudolf Benesch zusammen. Die Brüder schrieben unter dem Namen ihrer
nachbarn, den Pharmazeuten Julius Roda auf, weil er sie mit Mi߬
früheren Meister an zahlreiche Personen Briefe um Darlehen, der Schwindel
handlungen bedroht und beschimpft hatte. Der Angeklagte erklärte, die
mißglückte jedoch. Am 2. April lockte Rudolf Benesch dem Gehilfen des
Klägerinnen seien sehr temperamentvolle Damen; sie pflegen bis spät in
Fleischhauermeisters Karl Berndl das Einschreibebüchel der Fleischhauer¬
die Nacht hinein sehr laut in ihrem Zimmer zu konversieren, stören ihn in
vereinigung für Häute, Knochen und Leder heraus und behob auf Grund
seiner Nachtruhe. Ueber diese Rücksichtslosigkeit war er daher ungemein auf¬
des Buches bei der Kasse der Vereinigung 400 Kronen. Das Geld wurde
gebracht. Als sie noch dazu eine ihm nahestehende Dame beleidigten, habe
von den Brüdern vergeudet.
er sich zu den inkriminierten Aeußerungen hinreißen lassen. Der Richter
Gestern hatten sich beide vor dem Schwurgerichte unter dem Vorsitze
Gerichtssekretär Dr. Wessely verurteilte den Angeklagten zu fünfzig
des Vizepräsidenten Hofrat Dr. Feigl wegen Betruges, Diebstahls und
Vagabondage zu verantworten. Sie gestanden die Betrugereien mit den
Kronen Geldstrafe.
gefälschten Darlehensbriefen zu und schützten Notlage vor. Den Betrug bei
der Fleischhauervereinigung leugnete Rudolf Benesch. Ein Unbekannter habe
ihn beauftragt, das Geld zu beheben, er hrelt diesen Mann für den Herrn
Berndl und nahm keinen Anstand, den Auftrag auszuführen.
Franz Benesch wurde wegen Betrug, Diebstahl und Vagabondage
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zu fünfzehn Monaten, Rudolf Benesch wegen Betrug und Vaga¬
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bondage zu achtzehn Monaten schweren Kerkers und beide
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zur Abgabe in eine Zwangsarbeitsanstalt verurteilt.
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— (Die Krida des Minderjährigen.) Der Kassationshof unter
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dem Vorsitze des Hofrates Roskoschny hatte vorgestern die Frage zu
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erörtern, ob ein Minderjähriger das Vergehen der Krida begehen könne.
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Der noch nicht 24jährige Retlamebureau=Inhaber Julius Brüll war vom
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Wiener Landesgerichte wegen Krida unter Annahme eines Defizits von
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5500 Kronen zu acht Tagen strengen Arrests verurteilt worden. Gegen
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dieses Urteil brachte Dr. Friedrich Elbogen die Nichtigkeitsbeschwerde
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ein, in der er ausführte, daß der Minderjährige nur über einVermögen
frei verfügen könne, welches er durch seinen Fleiß erwirbt. Aber der
Minderjährige darf sich nicht rechtsgiltig verpflichten für die Güter die er
erst künftig erwirbt. Völlig unrichtig ist der Schuldspruch in der Richtung,
daß der Angeklagte seine Einkünfte zur Zahlung von Schulden benützt
habe. Dafür gebühre ihm Lob, nicht der Fluch des Strafgesetzparagraphen.
Erste k. k. priv.
Dr. Elbogen bat um Aufhebung des Urteils und sofortige Freisprechung.
Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft.
Der Kassationshof hob das verurteilende Erkenntnis des Wiener
Landesgerichtes auf und ordnete eine neue Verhandlung zur Feststellung
Sonderfahrten Wien (Weißgärber)—Pozsony (Preßburg)
des Verhältnisses zwischen Brüll und seinem Kompagnon an. Prinzipiell
und retour.
vertrete jedoch der Oberste Gerichtshof den Standpunkt, daß auch ein
Donnerstag den 17. Mai um 900 Uhr früh
Minderjähriger da Vergehen der Krida begehen könne.
und jeden Sonn- und Feiertag, dann jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag
(Der hinausgeschobene Tanzkurs.) Der Kaufmann August
um 9 00 früh finden Sonderfahrten von Wien (Weißgärber) unter Berührung sämt¬
licher Zwischenstationen bis Pozsony (Preßburg) und retour statt.
Blühdorn hatte durch seinen Rechtsfreund Dr. Grann gegen die
Die Rückfahrt von Pozsony (Preßburg) erfolgt um 8 00 nachmittags, An¬
Inhaberin einer Tanzschule im ersten Bezirk Marie Sotlschegg eine
kunft in Wien (Weißgärber) um S 20 abends.
eigenartige Betrugsanzeige erstatten lassen. Sein Töchterchen sollte nämlich
Für Ausflügler von Wien bestehen besonders ermäßigte Schiffs-Hin- und
an einem am 15. Oktober 1905 beginnenden Kinderkurse in der Tanz¬
-Rückfahrkarten, mit welchen in der Talfahrt auch das Postschiff, welches um
schule teilnehmen. Der Kurs verzögerte sich jedoch von Monat zu Monat
700 früh von Wien abgeht, benützt werden kann.
und Herr Blühdorn, der für einen Monat das Honorar von zwanzig
Die kombinierten Tour- und Retourkarten Wien—Deutsch-Altenburg—
gegen Frau Sotlschegg die
Kronen vorausgezahlt hatte, erstattete
Wien, Wien—Hainburg—Wien, Wien—Pozsony (Preßburg)—Wien gelten auch
Betrugsanzeige. Bei der gestern vor dem Gerichtssekretär Dr. Stolz
ung des Sonderschiffes von Wien für die bezeichneten Schiffstrecken.