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I
18. Der einsaue Nen
Tchenenaugser
Frankturter Zeitung
Husschnitt aus:
Frankfurt a. M.
vom 23 FE3. 1914
den dankenswerten ersten Versuch gemacht hat, auch andere
Bühnen, die über eine jugendliche Charakterdarstellerin ver¬
fügen, das Werk in ihren Spielplan aufnehmen. Das
Wiener Theater.
Zeutsche Volkstbeaten hatte damit einen Ehrenapend, der
uns fün manchen andaren Avend entschädigte. Es gt dod,
Deutsche Uraufführung von August Strindbergs Frau Margit“.
etwas Eigenes um Tichterkraft und Ehrlichfeit. Man könnte
* Arthur Se—. Einsamer Weg im Hofburgtheater. — Eine
das mit einem umstandlichen Vorspiel belastete Werk fast
Fanny Elßler=Operette von Oskar Straus.
dilettantisch nennen. Nichts ist darin Routine, Raffinament,
E Wien, 21 Februar.
Theaien und auch nicht fertige Meisterschaft. Aber es pocht
das Herzolut durch jede Szene und so vergißt män alle
Wie lange eine heutsche Uebersetzung von August Strind¬
Kritik. Wan verschlagt es, daß ein Baum eigenwillig un¬
heigs Irou Mange# schon vorliegt, wissen wir nicht.
grade gewachsen ist, wdenn er echte, wurzige Früchte tragt
Die zweite Buflage verselben, die wir zufallig besitzen, stammt
und nicht künstlich pemaltes Zeug!
aus dem Jahre 1905. das Werk selbst aus dem Jahre 1884.
Ich wollic, ich könnte über Artour Schnitzlers „Ein¬
Und jetzt. nach draißig Fahren, erleht esendlich seine deutsche
samen Weg“, mit dem das Hofburgtheater nach
Traufführung. So schwer ist es Strindberg geworden, sich
recht langer Bedenkzeit endlich herausgekommen ist, dasselbe
in Deutschland durchzusetzen selbst mit jenen Werkon, die nech
#sagen. Aber seitdem wir von der Brahmtruppe mit Basser¬
keineswegs durch die Grimasse des dämonischen Weiberhasses
mann, der Triesch und Else Lehmann das Stück gesehen haben.
entstellt sind. Und nun wirkt: „Frau Margit“, die Antwort
sind wieder ein paor Jahre ins Land gegangen, und so vieles,
des Dichters auf die feministische Romantil der Ibsenschen
was uns damals frisch und zeitgerecht angemutet hat, erscheint
„Möra“, weit frischer und dichterischer als dieser Kampf¬
uns jetzt als interarische Mode von vorgestern. Die ganze
ruf der Emanzipation,irk jugendfrisch, wie alles rein dich¬
spinnwebdünne Faktur, das beziehungsreiche Reden, die Hell¬
terisch Gesehene, wählend auf der Schöpfung der Tendenz schon
sichtigkeit der Personen, der gewollte Mystizismus (eines im 1
der Staub einer Generation liegt. Eine Dichtung ist „Frau
Grunde doch rationalistischen Malancholikers), das Herüber¬
Margit“ deshalb, weil man das persönliche Erlebnis durch¬
schatten einer anderen Welt in die Gegenwart und Wirklich¬
fühlt, den Kampf des kaum dreißigjährigen Mannes mit der
keit. der Todesabnung in die Liebe, der Liebessehnsucht in den
ersten Enttäuschung der Ehe, mit dem Dämon des Weiber¬
Tod: das alles ist uns so wohl vertraut ffreilich erst durch
hasses, mit der pathologischen Geringschätzung des anderen
Schnitzler und eing. Teil seiner literarischen Physiognomie), daß
Geschlechts. Schon zeigen sich deren erste Spuren. Frau
Margit ist grillig, unfähig, echte, opferfreudige Liebe, die nicht
es uns bereits ungeduldig macht, wie ein Mensch, der immer
mehr den Blumenschmuck der Werbung, sondern das Haus¬
mit hochgezogenen Brauen und flüsternder Stimme spricht.
„Der einsame Weg“ hat seine lyrischen Schönheiten und viel
kleid der Ebe trägt, von der verlangenden Leidenschaft, die
in allen Farben schillert, zu unterscheiden; sie ist schon
Weisheit; wie stimmen seiner ethischen Konklusion zu. daß
ehen so viel Weibchen als Weib und Mutter. Aber noch sicht
Liebe verdient sein muß und Selbstsucht notwendig zu
der Dichter auch die Entschuldigung (eine nur halbwahre nota¬
schauerlicher Vereinsamung führt. Aber die novellistische
Blässe des Vortrags gefährdet die Wirkung mindestens des
bene) für die spielerische Art des Weibes in der ganz
falschen, romantischen Erziehung, die ihm in der Ebe ein
ersten Akts in geraden gefährlicher Weise. Wir wollen nicht
Mann einen Troubadour und Ritter
mehr mit den Ohren sehen, wie zur Zeit der Alleinherrschaft
im
Paradies,
der
und
Ibsens. Wir sehnen uns nach Beregung, Leben, Farbe. Wir
verspricht, während das Leben Prosa
ist.
Mann ein Arbeiter um das tägliche Brot
möchten nicht mehr die ewig in sich selbst hineinhorchenden,
(Der spätere Strindberg ist der Sache mehr auf den
superklugen Leute, sondern Menschen, die der Natur oder
Grund gegangen und hat erkannt, daß der Verführer aus !
eigentlich sich selbst zu nahe stehen, um einen Spiegel zwischen
unabänderlichen physiologischen Ursachen dem alltäglichen Er¬
ihre Seele und ihr Bewußtsein, stellen zu können. Auto¬
nährer an Reiz vorübergehend überlegen sein muß). Aber !
pfrchologie trägt man nicht mehr! Darum wirkte die einzige,
gerade weil das Jugendwerk noch nicht in die Tiefe der un¬
lebfrische Natur unter all diesen spintisierenden Schemen,
erbittlichen Naturerkenntnis dringt, weil es der landläufigen,
die alternde Schauspielerin Irene Harms (Frau Bleib¬
moralisierenden und insbesondere von den Frauen mit
tren wie ein kräftigen Luftzug in einem Treibhaus. Gegen
klugem Instinkt verteidigten Auffassung näher steht, ist die
Schnitzlers Kunst ist mit all dem nichts gesagt. Sie ist nur
Theaterwirkung der bei aller Schaxfprägung den Diktion
zu leise und zu fein für die Bühne. wo ihr nur der Lorheer
doch stark lyrisch gefärbten Szenen stärker oder sagen wir wenig¬
der Sympathie und chtun erblüßt, die Wien seinem zärt¬
stens angenehmer als die der #p#teren Bitterkeiten „Fran
lichsten Dichten e#hegegeningt. Am intreessantesten er¬
Wir
Margit“ spricht wie Frühlingsmusik zum Herzen.
bejjen, daß nun, nachden das Tenische Velletkealerl schten uns diesmal d: Wendung, die Schwitler dem uralten
Don Juan=Problem gegeben hat
wurd# in den Kunstwerken früherer
süechtet, verdammt. Schnitzler siellt i
dar den Jechpreller der Liebe, der
der Steve. um die Familie gebra
Ciniamnket endet. Das ist nicht ar
romansch=katholisch. Es ist merkwu
fassung der Familie als Wurzol g
arreiteten Glucks Schnitzler, der fre#
Teigenunse Proteitant begegnen
I
18. Der einsaue Nen
Tchenenaugser
Frankturter Zeitung
Husschnitt aus:
Frankfurt a. M.
vom 23 FE3. 1914
den dankenswerten ersten Versuch gemacht hat, auch andere
Bühnen, die über eine jugendliche Charakterdarstellerin ver¬
fügen, das Werk in ihren Spielplan aufnehmen. Das
Wiener Theater.
Zeutsche Volkstbeaten hatte damit einen Ehrenapend, der
uns fün manchen andaren Avend entschädigte. Es gt dod,
Deutsche Uraufführung von August Strindbergs Frau Margit“.
etwas Eigenes um Tichterkraft und Ehrlichfeit. Man könnte
* Arthur Se—. Einsamer Weg im Hofburgtheater. — Eine
das mit einem umstandlichen Vorspiel belastete Werk fast
Fanny Elßler=Operette von Oskar Straus.
dilettantisch nennen. Nichts ist darin Routine, Raffinament,
E Wien, 21 Februar.
Theaien und auch nicht fertige Meisterschaft. Aber es pocht
das Herzolut durch jede Szene und so vergißt män alle
Wie lange eine heutsche Uebersetzung von August Strind¬
Kritik. Wan verschlagt es, daß ein Baum eigenwillig un¬
heigs Irou Mange# schon vorliegt, wissen wir nicht.
grade gewachsen ist, wdenn er echte, wurzige Früchte tragt
Die zweite Buflage verselben, die wir zufallig besitzen, stammt
und nicht künstlich pemaltes Zeug!
aus dem Jahre 1905. das Werk selbst aus dem Jahre 1884.
Ich wollic, ich könnte über Artour Schnitzlers „Ein¬
Und jetzt. nach draißig Fahren, erleht esendlich seine deutsche
samen Weg“, mit dem das Hofburgtheater nach
Traufführung. So schwer ist es Strindberg geworden, sich
recht langer Bedenkzeit endlich herausgekommen ist, dasselbe
in Deutschland durchzusetzen selbst mit jenen Werkon, die nech
#sagen. Aber seitdem wir von der Brahmtruppe mit Basser¬
keineswegs durch die Grimasse des dämonischen Weiberhasses
mann, der Triesch und Else Lehmann das Stück gesehen haben.
entstellt sind. Und nun wirkt: „Frau Margit“, die Antwort
sind wieder ein paor Jahre ins Land gegangen, und so vieles,
des Dichters auf die feministische Romantil der Ibsenschen
was uns damals frisch und zeitgerecht angemutet hat, erscheint
„Möra“, weit frischer und dichterischer als dieser Kampf¬
uns jetzt als interarische Mode von vorgestern. Die ganze
ruf der Emanzipation,irk jugendfrisch, wie alles rein dich¬
spinnwebdünne Faktur, das beziehungsreiche Reden, die Hell¬
terisch Gesehene, wählend auf der Schöpfung der Tendenz schon
sichtigkeit der Personen, der gewollte Mystizismus (eines im 1
der Staub einer Generation liegt. Eine Dichtung ist „Frau
Grunde doch rationalistischen Malancholikers), das Herüber¬
Margit“ deshalb, weil man das persönliche Erlebnis durch¬
schatten einer anderen Welt in die Gegenwart und Wirklich¬
fühlt, den Kampf des kaum dreißigjährigen Mannes mit der
keit. der Todesabnung in die Liebe, der Liebessehnsucht in den
ersten Enttäuschung der Ehe, mit dem Dämon des Weiber¬
Tod: das alles ist uns so wohl vertraut ffreilich erst durch
hasses, mit der pathologischen Geringschätzung des anderen
Schnitzler und eing. Teil seiner literarischen Physiognomie), daß
Geschlechts. Schon zeigen sich deren erste Spuren. Frau
Margit ist grillig, unfähig, echte, opferfreudige Liebe, die nicht
es uns bereits ungeduldig macht, wie ein Mensch, der immer
mehr den Blumenschmuck der Werbung, sondern das Haus¬
mit hochgezogenen Brauen und flüsternder Stimme spricht.
„Der einsame Weg“ hat seine lyrischen Schönheiten und viel
kleid der Ebe trägt, von der verlangenden Leidenschaft, die
in allen Farben schillert, zu unterscheiden; sie ist schon
Weisheit; wie stimmen seiner ethischen Konklusion zu. daß
ehen so viel Weibchen als Weib und Mutter. Aber noch sicht
Liebe verdient sein muß und Selbstsucht notwendig zu
der Dichter auch die Entschuldigung (eine nur halbwahre nota¬
schauerlicher Vereinsamung führt. Aber die novellistische
Blässe des Vortrags gefährdet die Wirkung mindestens des
bene) für die spielerische Art des Weibes in der ganz
falschen, romantischen Erziehung, die ihm in der Ebe ein
ersten Akts in geraden gefährlicher Weise. Wir wollen nicht
Mann einen Troubadour und Ritter
mehr mit den Ohren sehen, wie zur Zeit der Alleinherrschaft
im
Paradies,
der
und
Ibsens. Wir sehnen uns nach Beregung, Leben, Farbe. Wir
verspricht, während das Leben Prosa
ist.
Mann ein Arbeiter um das tägliche Brot
möchten nicht mehr die ewig in sich selbst hineinhorchenden,
(Der spätere Strindberg ist der Sache mehr auf den
superklugen Leute, sondern Menschen, die der Natur oder
Grund gegangen und hat erkannt, daß der Verführer aus !
eigentlich sich selbst zu nahe stehen, um einen Spiegel zwischen
unabänderlichen physiologischen Ursachen dem alltäglichen Er¬
ihre Seele und ihr Bewußtsein, stellen zu können. Auto¬
nährer an Reiz vorübergehend überlegen sein muß). Aber !
pfrchologie trägt man nicht mehr! Darum wirkte die einzige,
gerade weil das Jugendwerk noch nicht in die Tiefe der un¬
lebfrische Natur unter all diesen spintisierenden Schemen,
erbittlichen Naturerkenntnis dringt, weil es der landläufigen,
die alternde Schauspielerin Irene Harms (Frau Bleib¬
moralisierenden und insbesondere von den Frauen mit
tren wie ein kräftigen Luftzug in einem Treibhaus. Gegen
klugem Instinkt verteidigten Auffassung näher steht, ist die
Schnitzlers Kunst ist mit all dem nichts gesagt. Sie ist nur
Theaterwirkung der bei aller Schaxfprägung den Diktion
zu leise und zu fein für die Bühne. wo ihr nur der Lorheer
doch stark lyrisch gefärbten Szenen stärker oder sagen wir wenig¬
der Sympathie und chtun erblüßt, die Wien seinem zärt¬
stens angenehmer als die der #p#teren Bitterkeiten „Fran
lichsten Dichten e#hegegeningt. Am intreessantesten er¬
Wir
Margit“ spricht wie Frühlingsmusik zum Herzen.
bejjen, daß nun, nachden das Tenische Velletkealerl schten uns diesmal d: Wendung, die Schwitler dem uralten
Don Juan=Problem gegeben hat
wurd# in den Kunstwerken früherer
süechtet, verdammt. Schnitzler siellt i
dar den Jechpreller der Liebe, der
der Steve. um die Familie gebra
Ciniamnket endet. Das ist nicht ar
romansch=katholisch. Es ist merkwu
fassung der Familie als Wurzol g
arreiteten Glucks Schnitzler, der fre#
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