II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 599

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Königsberg
Neues Schauspielheus
„Der einsame Weg“ von Arthur Schnitzler.
Erstaufführung.
„Ostpreußische Zeitung“, Königsberg, 20. 4. 26.
Angesichts der Reichsgesundheitswoche, die sich mit ihren
Maßnahmen und Belehrungen an die Lebenden wendet, taucht
die Frage auf, wie es mit der „Gesundheit“ derjenigen Lebenden
derjenigen mehr oder weniger Lebendigen #estellt ist, deren Schau¬
platz, die Schauspielbühne, ja nach dem alten englischen Wort
ein Spiegel des Lebens sein soll, und deren Künstler, nach Ham¬
lets Bezeichnung, die abgekürzte Chronik der Zeit in Person sind.
Der neue Fall Schnitzler, neu nur in der Darstellung des Schau¬
spielhauses, denn das fünfaktige Schauspiel ist schon 1918 als
Buch erschienen, also ein Kriegskind der Schnitzlerschen Muse,
der neue Fall Schnitzler macht wiederum, wie so oft bei diesem
österreichischen Bühnenschriftsteller, mit mehreren nicht eben ge¬
sund veranlagten Menschen bekannt, die aber so tun, als wären
sie Gott weiß was für „interessante“ Geschöpfe. Wenn Schnitzler
zu fünf Akten sich versteigt, so wird die Angelegenheit ebenso
langwierig wie gefährlich, und schließlick fragt man sich, wie
im „einsamen Weg“ der Professor und Ahademiedirektor Wegrath,
ob das denn alles so kommen mußte. Zur großen Tragödie mit
der Wucht des Schicksals, mit dem für seine Idee kämpfenden Men¬
schen, fehlt es Schnitzler, der doch von der Bühne herab zum
Volk sprechen will, aber damit nur bis zum Sperrsitz gelangt, offen¬
bar an Kraft und Ausdrucksmöglichkeiten, Schnitzler wendet seine
Teilnahme den schwankenden Charakteren zu, die mit dem Leben
spielen und mit denen infolgedessen das Leben spielt; er modelliert
wienerische Großstadtmenschen, die sich von der Welle des Tages
tragen lassen, im Grunde genommen rechte Alltagsgeschöpfe, die
sich aber so geben, als wären die Grenzen des Lebens für sie zu
eng gesteckt. Da ist der 23jährige Sohn des Professors
er
hat wie Don Carlos noch nichts für die Unsterblichkeit getan —
der da meint, seine profunde Weisheit auskramen zu müssen:
„Vielleicht hätt' ich auf die Welt kommen sollen, als es noch
nicht so viel Ordnung gab, als man allerlei wagen konnte, Was
man heute nicht mehr wagen darf“, Felix heißt der junge Mann,
einer aus dem „felix Austria“, dem glücklichen Oesterreich, das
dann glücklich in den Abgrund stürzt; er ist eine Neuauflage eines
ähnlichen Philosophen“ aus Schnitzlers „Das weite Land“: „Die
Ordnung in uns ist doch nur etwas Künstliches. Das Natürliche
ist das — Chaos!“ Kurz und bündig!
Die fünf Akte zeigen nur in der ers#en Hälfte des zweiten
das, was Schnitzler gelingt, nennen wir’s die Anatol-Federzeich¬
nung im pikanten Stil des Illustrators Reznicek, Hier in den soge¬
nannten Anatol-Einaktern mit ihren witzigen und geistreichelnden
Bemerkungen ist Schnitzler der Kleinmeister, aber für volle fünf
Akte reicht dieses Rezept nicht aus. „Der einsame Weg“ hat kein
Ziel; er führt an einem Hause mit dem békannten Skelett vorüber,
aber der Hausherr weiß es nicht, daß sein Sohn Felix der Sohn
seiner Gattin vor ihrer Ehe und eines Malers ist, auch eines Chaos¬
In
menschen weniger auf einsamem Wege als auf dem Anw
dem Hause läuft noch eine Tochter herum, ein seitsames Me hen¬
kind wie ein Berg am Südpol, vereist und doch von Zeit zu Zeit
feuerspeiend. Ferner wirkt dort noch ein Schriftsteller mit, der
es wohl nur auf seiner Visitenkarte ist, betreut aber hier die zweite
Handlung zwischen ihm und der genannten Tochter, die schließlich
den einsamen Weg ins Wasser geht und offenbar seelisch ver¬
wachsen ist. Wenn man aus der Pforte des Schauspielhauses tritt,
fällt der Blick auf das unsäglich dürftige Tannenwäldchen — ver¬

zeihen Sie das harte Wort! —
das da im Roßgärter Durchgang
ohne Sonne und Luft zum Gesange des Liedes reizt: „Wer hat
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dich, du schöner Wald“ usw. Der einsame Weg führt durch diesen
halb vertrockneten Tannenwald! —
Ich
Die Spielleitung (Herr Werkhäuser) hatte das Schauspiel
aus der Wiener Umwelt, aus der es recht eigentlich geboren ist,
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herausgeholt und es nach Nirgendheim transportiert. Es fehlte
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die Kapuensische Luft, die nicht erst seit Grillparzers bekanntem
Urteil um Wien streicht. Nicht ohne Reiz war es festzustellen,
ter
wie ein mißratenes Schauspiel durch eine persönlich betonte Dar¬
stellung gewinnen kann. Als sich im zweiten Akt Jutta Versen und
ern
Werner Pledath der schneckenhaft sich bewegenden Angelegen¬
heit annahmen, kam ein kräftiger Luftzeug in die stehende Schwüle
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der Handlung. Es ist nun einmal so: „Höchstes Glück der Erden¬

kinder ist nur die Persönlichkeit.“ Wilhelm Egger-Sell, unser
trefflicher Lustspiel-Vater, war diesmal ein würdiger Akademie¬
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direktor, und damit ist nicht zu spaßen, wie der Künstler es sonst
s0 gut versteht. Die Tochter des Hauses, Viktoria Strauß, wurde
be¬
der
von Johanna Wegrats gespielt, nein umgekehrt, aber Vik¬
toria Strauß muß dem Verfasser unbedingt Modell geslanden
ien
haben: „Herb ist ihres Lebens innerster Kern.“ Den Schriftsteller,
ver
der sich nur vorübergehend in seinen Arbeiten aufhält, gab Ernst
Hetting im Stil durchaus angebrachter Umrißlosigkett. Hans¬
karl Magnus gab den Felix. Man sagt, daß alle bedeutenden
Leute den Kopf etwas nach rechts geneigt halten. Herr Magnus.
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hat so die Anwartschaft, einmal ein bedeutender Künstler zu werden.
gen
BDO
Rose Tergast-Grawz als Frau Akademiedirektorin gab eine
fein gemeißelte Plastik, starb aber schon nach dem ersten Akt.
Robert Marlitz war ein Arzt, der in diesem angekränkelten
Lebensbild ganz an seinem Platze wär.

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