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18. Der ein. eg
box 23/5
„OBSERVER
I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus:
Reucs WienerTagblatt, Wien
*4
vom:
25 SEP.
lit
teilnng
Gesunde Reaktion.
Nun wird es gottlob auch schon den Amerikanern
zu bunt. Selbst diese Amerikaner, die doch die größten
Portionen Nervenkitzel vertragen und sich an Rekorden,
Sportsensationen, Filmlieblingssüßigkeiten nicht satt¬
essen können, selbst ihnen geht es schon über die Hut¬
schnur. Dieser Oberst Hutchinson, der mit seiner Frau,
seinen beiden Töchterlein und vier Passagieren eine
gänzlich überflüssige Ueberquerung des Ozeans unter¬
nahm und durch sein Mißgeschick oder Ungeschick die
Welt tagelang in Atem hielt, hat in der amerikanischen
Oeffentlichkeit einen Sturm der Entrüstung über der¬
artigen Leichtsinn wachgerufen. Man ist empört über
ein aufdringliches Snobtum, das nicht nur das eigene
Leben, sondern auch das der eigenen kleinen Kinder
aufs Spiel setzt, um im Mittelpunkt einer Sensation
zu stehen und einen neuen Rekord aufzustellen. Man
fordert sogar, Oberst Hutchinson solle vor das Straf¬
gericht gestellt werden, weil er über seine unmündigen
Kinder die Todesgefahr heraufbeschworen hat. Aber die
Entrüstung beschränkt sich nicht auf die hemmungslos
Leichtfertigkeit des einen Mannes, sie richtet sich gege
alle die Rekordjäger, die da ganz unnötigerweise in den
Lüften über dem Atlantischen Ozeon herumgondeln,
vielfach ohne die nötigen Fähigkeiten und Erfahrungen
zu besitzen. Man darf auf diese Bewegung in Amerika
vorläufig nicht übertriebene Hoffnungen setzen. Aber#
höchste Zeit wäre es, einmal sich zu besinnen, daß
schließlich nicht nur Bravour und Muskulatur, nicht
der überdimensionale Bizeps eines Boxers oder eines
Ringkämpfers und auch nicht das leichtfertige Spiel
mit dem Leben das Wesen des Menschen ausmachen,
sondern auch ein bißchen Hirn und Geist.
Vor einem Vierteljahrhundert etwa mochte es noch
in seinem
notwendig sein, daß Artbur=Schnitzlen
Schauspiele „Der einsame Weg die Parole ausgab:
„Mehr Haltung, weniger Geist!“ In der Zwischenzeit
hat man das Fehlende allzu reichlich aufgeholt. Gewiß
wird niemand so rückständig sein, daß er der jüngeren
oder älteren Jugend den Sport, die Bewegung in freier.
frischer Luft vorwerfen oder verkümmern möchte.
Gewiß ist vor der Jahrhundertwende und um diese
herum an Körper und Körperkultur der Menschheit
allzuviel vernachlässigt und gesündigt worden. Aber
auch das entgegengesetzte Extrem ist von Uebel, und wir
brauchen auf dieses falsch verstandene Neuhellenentum
nicht allzu stolz zu sein. Die Antike hat ja ihren Stolz
darein gesetzt, nicht nur Athleten, sondern auch Künstler,
18. Der ein. eg
box 23/5
„OBSERVER
I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus:
Reucs WienerTagblatt, Wien
*4
vom:
25 SEP.
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Gesunde Reaktion.
Nun wird es gottlob auch schon den Amerikanern
zu bunt. Selbst diese Amerikaner, die doch die größten
Portionen Nervenkitzel vertragen und sich an Rekorden,
Sportsensationen, Filmlieblingssüßigkeiten nicht satt¬
essen können, selbst ihnen geht es schon über die Hut¬
schnur. Dieser Oberst Hutchinson, der mit seiner Frau,
seinen beiden Töchterlein und vier Passagieren eine
gänzlich überflüssige Ueberquerung des Ozeans unter¬
nahm und durch sein Mißgeschick oder Ungeschick die
Welt tagelang in Atem hielt, hat in der amerikanischen
Oeffentlichkeit einen Sturm der Entrüstung über der¬
artigen Leichtsinn wachgerufen. Man ist empört über
ein aufdringliches Snobtum, das nicht nur das eigene
Leben, sondern auch das der eigenen kleinen Kinder
aufs Spiel setzt, um im Mittelpunkt einer Sensation
zu stehen und einen neuen Rekord aufzustellen. Man
fordert sogar, Oberst Hutchinson solle vor das Straf¬
gericht gestellt werden, weil er über seine unmündigen
Kinder die Todesgefahr heraufbeschworen hat. Aber die
Entrüstung beschränkt sich nicht auf die hemmungslos
Leichtfertigkeit des einen Mannes, sie richtet sich gege
alle die Rekordjäger, die da ganz unnötigerweise in den
Lüften über dem Atlantischen Ozeon herumgondeln,
vielfach ohne die nötigen Fähigkeiten und Erfahrungen
zu besitzen. Man darf auf diese Bewegung in Amerika
vorläufig nicht übertriebene Hoffnungen setzen. Aber#
höchste Zeit wäre es, einmal sich zu besinnen, daß
schließlich nicht nur Bravour und Muskulatur, nicht
der überdimensionale Bizeps eines Boxers oder eines
Ringkämpfers und auch nicht das leichtfertige Spiel
mit dem Leben das Wesen des Menschen ausmachen,
sondern auch ein bißchen Hirn und Geist.
Vor einem Vierteljahrhundert etwa mochte es noch
in seinem
notwendig sein, daß Artbur=Schnitzlen
Schauspiele „Der einsame Weg die Parole ausgab:
„Mehr Haltung, weniger Geist!“ In der Zwischenzeit
hat man das Fehlende allzu reichlich aufgeholt. Gewiß
wird niemand so rückständig sein, daß er der jüngeren
oder älteren Jugend den Sport, die Bewegung in freier.
frischer Luft vorwerfen oder verkümmern möchte.
Gewiß ist vor der Jahrhundertwende und um diese
herum an Körper und Körperkultur der Menschheit
allzuviel vernachlässigt und gesündigt worden. Aber
auch das entgegengesetzte Extrem ist von Uebel, und wir
brauchen auf dieses falsch verstandene Neuhellenentum
nicht allzu stolz zu sein. Die Antike hat ja ihren Stolz
darein gesetzt, nicht nur Athleten, sondern auch Künstler,