II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 693

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Unser Geschlecht hat offenbar an
Er ist oft geschildert worden, der Spieler, und wir! Vorgänge. Das Auge ist nicht länger der Spiegel der
Erben Ersparnisse anzuhäufen.
Seele, es kann die hellen Außendinge in den reinsten
kennen den Typus aus zahllosen Beschreibungen, die an
Hier wird einem die Enth##
Konturen erstrahlen lassen und kein Widerschein inner¬
Naturtreue und Beobachtungsschärfe nichts zu wünschen
schwer gemacht. Die wenigen
lichen Verblutens trübt den falschen Glanz. Noch eine
übrig lassen. Doch er scheint sich verändert zu haben.
spielen, müssen doch die Preise
Vorstellung weicht: der Spieler ist längst kein Klubmensch
Wer die Spielsäle Monte Carlos und seine gesellschaft¬
nehmern gemacht werden, dene
mehr, kein herabgekommenes Mitglied exklusiver Kreise,
liche Sensation, den „Sportingclub“, durchwandert und
Spielers sehr geläufig sein mu
kein übermütiger Nabob. Demokratisiert ist die Glücks¬
in den Mienen der die Tische belagernden Menschen zu
Gewinner jeden Preis für ein
kugel, von plebejischen Fäusten abgegriffen und von
lesen versucht, wird die alte vertraute Vorstellung, das
willigt, und sie wissen, daß es
plumpen Arbeiterhänden ins Rollen gehracht. Spiel¬
Spielercliché, kaum wiederfinden. Wo sind die verzerrten
schon nicht mehr ankommt“. Z
verluste und =Gewinste sind so alltäglich geworden, daß
Zuge, die krampfhaft geballten Hände, die blutig
nur, daß man sich das Klima
es vielleicht deshalb nicht mehr angeht, den eigenen
gebissenen Lippen ? Fest und undurchdringlich sitzen die
was keinen etwas gekostet hat u
schlimmen Zufall durch gellende Verzweiflungsschreie zu
Masken, und man kann an Schnitzlers Herrn v. Sala
zu beschaffen vermöchte. Es ist
bezeichnen und mit Menschenblut zu färben. Das
denken: „Es scheint ein esereGeschlecht heranzu¬
erinnert sich, wie gern man für
pathetische romantische Schicksal des Unglücklichen, der
wachsen; mehr Haltung und weniger Geist.“ Die Haltung
gute Luft jedes mögliche Geldop
an den Rand des Abgrundes und in die Tiefe letzter
ist wahrhaftig bewunderungswürdig. Sie erleichtert der
Verzweiflung geschleudert wird, ist längst in ein banales
Je weiter man sich nach rech
Spielbank ihr Dasein und schafft das geläusige Plakat
kleinbürgerliches Ereignis verwandelt worden mit dem
Carlo entfernt, desto mehr vere
des unglücklichen Spielers ab; man bleibt auf die
sich kein Staat machen läßt. Alle spielen, alle gewinnen,
Phantasie angewiesen. Die Gelassenheit, mit der jetzt
Thema des Spiels. Gerade die
alle verlieren. Was einmal Leidenschaft war und als
Existenzen sich preisgeben, um einer Gier zu frönen, ist
Riviera, Nizza, ist aber noch v
solche auf ihren Gipfeln immerhin angestaunt werden
fast bewundernswert. Es wird dem Mammon nicht mehr
der Erholung ernst ist oder wer
sichtbar nachgejagt, mit wütenden Gebärden und fiebern¬
konnte, ist zu einer kleinen, schäbigen Gier zusammen¬
wählt Mentone, Beaulieu oder
den Augen, nur müde, wohlgepflegte Hände strecken sich
An diesen Orten kann man
geschrumpft. Es wäre müßig, heute noch Spieler¬
mit scheinbarer Gleichgiltigkeit nach ihm aus. Zufrieden
gestalten aufzählen zu wollen wie einst. Damals bevöl¬
Gefühls wieder froh werden,
lächelnd erhebt sich dort einer von einem mühsam er¬
kerten das Kasino und die Klubs Aristokraten, große
einigen Wert hat. Freilich,
worvenen Platze am Trente et quarante-Tisch, entfernt
Herren, Magnaten, die Reichen der Erde, gewerbsmäßige
andere, trotz Sonne und verfrül
Spieler mit den eleganten Allüren internationaler Mit¬
sich verbindlich lächelnd aus dem Saal, schlendert mit
Traurigkeit, ein schmerzliches Ba
nach innen gerichteten Blicken den betörenden Strand ent¬
giftjäger und jene gefährlichen Abenteurer des Lebens,
vielleicht deshalb weil sie von so
lang, und wenn es dunkelt und die tausend
deren Heimat schwer zu erforschen ist und die von Fran¬
geatmet wird. Wenn man vor de
Freudenlichter aufglühen, die die bunten Gäste dieses
zosen Rastaquouéres genannt werden. Ihre Partnerinnen
Stimmungen, die in der Ein
Bacchanals zu neuen Festen laden, gibt es einen schwachen
waren die Elite aller Frauen, kosmopolitische Schön¬
dräugenden Sehnsucht nach der
Knall, und ein Leben ist nicht mehr. Ganz still wird es
heiten, weibliche Mitglieder aheliger Kasino, die großen
Kreise der Seinen anfachsen kan
abgeworfen, beinahe schüchtern; behutsam, um ja nicht
Damen der halben und ganzen Welt. Heute ist die
strtzenden Hotelhallen flüchtet,
zu stören, ist ein Zerschellter um die Ecke gegangen. Die
„petite bourgeoise“ mit ihrem Mann oder männlichen
wühlenden Klänge jener Zigen
Lücke schließt sich, ohne bemerkt zu werden, der Ver¬
— der häufigste Gast
Begleiter — wo ein Gatte fehlt -
Oesterreicher lauschen kann, oh
gnügungsbecher schäumt hoch auf, niemand sieht die
der prunkvollen Räume.
des Heimwehs bekämpsen zu mü
Blutstropfen, die ihn trüben wollen. Geräuschlos kommen
Die Winterluft im Süden
Das läßt beinahe auf veränderte Anschauungen in
und gehen die Passagiere, niemand fragt wohin, in die
Engländer „reloring“ nennt,
Lebensdingen schließen. Reisen, die früher Auserwählte
Heimat oder für immer ins Dunkel.
müde, und nach der Wärme
von ihren Zinsen bestritten haben, muß heute das
Es ist ein neuer technischer Fortschritt zu notieren
man im Dunkel des Abends. Ma
Kapital ermöglichen. Die Welt scheint unbekümmerter ge¬
die Technik der Selbstbeherrschung; sie darf den modernen
Und das ist ja Erholung. Die F
worden und so erfüllt von ihrer Gegenwart, daß an die
Errungenschaften angegliedert werden, denn sie hat eine
dankenlose, erfaßt einen leichter in
Zukunft nicht gedacht wird wie einst. Die Söhne und
Höhe erreicht, die eines der schwierigsten menschlichen
Kunststücke gestattet: die absolute Verhüllung innecer Enkel werden wohl auf eigenen Fußen stehen müssen. Monte Carlo.