II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 694

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18. Dere
Unser Geschlecht hat offenbar andere Sorgen, als für die
Vorgänge. Das Auge ist nicht länger der Spiegel der
ert worden, der Spieler, und wir
Erben Ersparnisse anzuhäufen.
Seele, es kann die hellen Außendinge in den reinsten
zahllosen Beschreibungen, die an
Hier wird einem die Enthaltsamkeit auch wirklich zu
Konturen erstrahlen lassen und kein Widerschein inner¬
schtungsschärfe nichts zu wünschen
schwer gemacht. Die wenigen Helden, die selbst nicht
lichen Verblutens trübt den falschen Glanz. Noch eine
scheint sich verändert zu haben.
spielen, müssen doch die Preise bezahlen, die von Unter¬
Vorstellung weicht: der Spieler ist längst kein Klubmensch
bnte Carlos und seine gesellschaft¬
nehmern gemacht werden, denen die Psychologie des
mehr, kein herabgekommenes Mitglied exklusiver Kreise,
Sportingclub“, durchwandert und
Spielers sehr geläufig sein muß. Sie wissen, daß der
kein übermütiger Nabob. Demokratisiert ist die Glücks¬
e Tische belagernden Menschen zu
Gewinner jeden Preis für einen Genuß lächelnd be¬
kugel, von plebejischen Fäusten abgegriffen und von
alte vertraute Vorstellung, das
willigt, und sie wissen, daß es dem Verlierer „darauf
plumpen Arbeiterhänden ins Rollen gehracht. Spiel¬
ederfinden. Wo sind die verzerrten
schon nicht mehr ankommt“. Zugegeben wird natürlich
verluste und =Gewinste sind so alltäglich geworden, daß
geballten Hände, die blutig
nur, daß man sich das Klima bezahlen läßt, gerade das,
es vielleicht deshalb nicht mehr angeht, den eigenen
Fest und undurchdringlich sitzen die
was keinen etwas gekostet hat und was keiner für Geld
schlimmen Zufall durch gellende Verzweiflungsschreie zu
n an Schnitzlers Herrn v. Sala
zu beschaffen vermöchte. Es ist jedoch Winter, und man
ein Tessere=-Geschlecht heranzu¬
bezeichnen und mit Menschenblut zu färben. Das
erinnert sich, wie gern man für ein bißchen Sonne und
und weniger Geist.“ Die Haltung
pathetische romantische Schicksal des Unglücklichen, der
krungswürdig. Sie erleichtert der
an den Rand des Abgrundes und in die Tiefe letzter
und schafft das geläufige Plakat
Verzweiflung geschleudert wird, ist längst in ein banales
Je weiter man sich nach rechts oder links von Monte
lers ab; man bleibt auf die
kleinbürgerliches Ereignis verwandelt worden, mit dem
Carlo entfernt, desto mehr verebbt der Lärm um das
Die Gelassenheit, mit der jetzt
sich kein Staat machen läßt. Alle spielen, alle gewinnen,
Thema des Spiels. Gerade die größte Stadt an der
gen, um einer Gier zu frönen, ist
alle verlieren. Was einmal Leidenschaft war und als
Riviera, Nizza, ist aber noch voll davon. Wem es mit
s wird dem Mammon nicht mehr
solche auf ihren Gipfeln immerhin angestaunt werden
der Erholung ernst ist oder wer die Gelegenheit fürchtet,
wütenden Gebärden und fiebern¬
konnte, ist zu einer kleinen, schäbigen Gier zusammen¬
wählt Mentone, Beaulieu oder Cannes als Winterasyl.
wohlgepflegte Hände strecken sich
geschrumpft. Es wäre müßig, heute noch Spieler¬
An diesen Orten kann man auch des beruhigenden
ltigkeit nach ihm aus. Zufrieden
gestalten aufzählen zu wollen wie einst. Damals bevöl¬
Gefühls wieder froh werden, daß Geld doch immerhin
ort einer von einem mühsam er¬
kerten das Kasino und die Klubs Aristokraten, große
einigen Wert hat. Freilich, die Stimmung ist da, eine
frente et quarante-Tisch, entfernt
Herren, Magnaten, die Reichen der Erde, gewerbsmäßige
andere, trotz Sonne und verfrühtem Lenz. Eine leichte
d aus dem Saal, schlendert mit
Spieler mit den eleganten Allüren internationaler Mit¬
Traurigkeit, ein schmerzliches Bangen liegt in der Luft;
Blicken den betörenden Strand ent¬
giftjäger und jene gefährlichen Abenteurer des Lebens,
vielleicht deshalb weil sie von so viel Müden, ja Kranken
dunkelt und die tausend
es
deren Heimat schwer zu erforschen ist und die von Fran¬
geatmet wird. Wenn man vor den merkwürdig lastenden
die die bunten Gäste dieses
n,
Stimmungen, die in der Einsamkeit zu einer be¬
zosen Rastaquouères genannt werden. Ihre Partnerinnen
festen laden, gibt es einen schwachen
waren die Elite aller Frauen, kosmopolitische Schön¬
dräugenden Sehnsucht nach der Unbill der Jahreszeit im
ist nicht mehr. Ganz still wird es
heiten, weibliche Mitglieder aheliger Kasino, die großen
Kreise der Seinen anwachsen kann, in die großen, pracht¬
hüchtern; behutsam, um ja nicht
Damen der halben und ganzen Welt. Heute ist die
strotzenden Hotelhallen flüchtet, umsangen einen die
hhellter um die Ecke gegangen. Die
„petite bourgeoise“ mit ihrem Mann oder männlichen
wühlenden Klänge jener Zigeunerkapellen, denen kein
hne bemerkt zu werden, der Ver¬
der häufigste Gast
Begleiter — wo ein Gatte fehlt -
Oesterreicher lauschen kann, ohne ein verstärktes Gefühl
hoch auf, niemand sieht die
t
der prunkvollen Räume.
des Heimwehs bekämpsen zu müssen.
üben wollen. Geräuschlos kommen
Die Winterluft im Süden ist das, was der
Das läßt beinahe auf veränderte Anschauungen in
ere, niemand fragt wohin, in die
Engländer „relaxing“ nennt, sie macht taumelig und
Lebensdingen schließen. Reisen, die früher Auserwählte
ins Dunkel.
müde, und nach der Wärme des Tages erschauert
von ihren Zinsen bestritten haben, muß heute das
technischer Fortschritt zu notieren
man im Dunkel des Abends. Man schlast lange und tief.
Kapital ermöglichen. Die Welt scheint unbekümmerter ge¬
kherrschung; sie darf den modernen
Und das ist ja Erholung. Die Fröhlichkeit aber, die ge¬
worden und so erfüllt von ihrer Gegenwart, daß an die
liedert werden, denn sie hat eine
dankenlose, erfaßt einen leichter im Wirbel um und in
Zukunft nicht gedacht wird wie einst. Die Söhne und
nes der schwierigsten menschlichen
die absolute Verhüllung innecer Enkel werden wohl auf eigenen Füßen stehen müssen. Monte Carlo¬