II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 0), Marionetten. Drei Einakter, Seite 19

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17.4. MarionettenkIus
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Telephon 12801.
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„UDSERPER
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen.
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork, Paris, Rom.
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: P
ger Tagblatt
30. J. 1900
vom:
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alter. Deen. Drei Ein¬
Der tapfere Cassian —
Zum großen Wurstel. (S. Fischer, Verlag, Berlin).
Geh. 2 Mk. — Unter dem Titel „Marionetten“ gibr
Arthur Schnitzler soeben drei Einakter heraus, die zu
seinen besten Gaben gehören. Der erste, Puppenspieler,
ist noch ein richtiges kleines Drama; das Marionetten=
d.

Motiv ist darin noch nicht in der Form, sondern nur
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in der ethischen Dialektikt ein Mensch, Künstler von
Natur, aber nicht von Kraft, glaubt, daß er einmal das
Schickfal zweier Freunde ganz nach seiner Laune ge¬
2.

staltet habe, muß aber am Ende erfahren, daß er im
Grunde doch nicht der Herr, sondern nur der Diener
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des Schicksals gewesen ist. Im „Tapferen Cassian“

sind die Menschen schon fast ganz auf die Marionette
rednziert; nur ein schwacher, halb irritierender, halb
entzuckender Hauch von Realität ist noch auf ihren
Gesichtern. Der Witz steckt durchaus in der Form,
und die Sachlichkeit, mit der uns erzählt wird, wie ein
Flöte blasender Liebhaber an einem Degenstoß stirbt,
indes sein Mädchen mit dem Soldaten auf Abenteuer
in die Welt zieht, hat etwas Amerikanisches, aber ohne
Grellheit. In dem dritten Stück Zum großen Wurstel“.
sprüht sowohl die formale wie die rein menschliche
Laune in einem Feuerwerk aus. Wir sitzen als Zu¬
schauer vor einem Theater, auf dem Zuschauer vor
einem Theater sitzen. Die Beziehungen bekommen
etwas Traumhaftes, und wie am Ende die Zuschauer,
die wir sehen, in das ihnen vorgeführte Marionetten¬
spiel einbezogen werden, so auch die Zuschauer, die wir
sind, und wir scheiden von dem Stück mit einer tiefen
lächelnden Nachdenklichkeit.
box 22/10
Telephon 12801.
55
HODSENVEN
I. öeterr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. P#tersburg.
(Quellenangabe ohne Gowühr.)
Ausschnitt aus
erliner Börsencourier
vom:
31 ARZ 1 906
Soeben erschienen Arthur Schnitzlers Mario¬
netten“. Drei Einakker: Der Puppenspierek.“ „Der
tapfere Cassian.“ Zum großen Wurstel.“ (S. Fischer,
Verlag, Berlin.) Unter dem Titel „Marionetten“ gibt
Arthur Schnitzler hier drei Einakter heraus, die zu
seinen eigenartigsten Gaben gehören. In solcher
kleinen Form hat der Dichter des „Anatol“ von jeher
seine geistreiche Heiterkeit, seine skeptische Grazie und
seinen Geschmack am freiesten spielen lassen; und auch
diese drei Einakter haben genau die rechte Schwere,
das rechte Tempo und Maß. Der erste, „Puppen¬
spieler“, ist noch ein richtiges kleines Drama; das
Marionetten=Motiv ist darin noch nicht in der Form,
sondern nur in der ethischen Dialektik: ein Mensch,
Künstler von Natur, aber nicht von Kraft, glaubt,
daß er einmal das Schicksal zweier Freunde ganz
nach seiner Laune gestaltet habe, muß aber am
Ende
erfahren, daß er im
Grunde doch
nicht der
Herr,
sondern nur der Diener
des Schicksals gewesen ist.
Im „Tapferen
Cassian“ sind die Menschen schon fast ganz auf die
Marionette reduziert; nur ein schwacher, halb irri¬
tierender, halb entzückender Hauch von Realität ist
noch auf ihren Gesichtern. Der Witz steckt in der
Form, und die Sachlichkeit, mit der uns erzählt wird,
wie ein Flöte blasender Liebhaber an einem Degenstoß
stirbt, indes sein Mädchen mit dem Soldaten auf
Abenteuer in die Welt zieht, hat etwas Amerikanisches,
aber ohne Grellheit. In dem dritten Stück „Zum
großen Wurstel“ sprüht sowohl die formale wie die
Prein menschliche Lanne in einem Feuerwerk aus. Wir
sitzen als Zuschauer vor einem Theater, auf dem Zu¬
schauer vor einem Theater sitzen. Die Beziehungen
bekommen etwas Traumhaftes, und wie am Ende die
Zuschauer, die wir sehen, in das ihnen vorgeführte
Marionettenspiel einbezogen werden, so auch die Zu¬
schauer, die wir sind, und wir scheiden von dem
Stück mit lächelnder Nachdenklichkeit.