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17.4. Marionetten— ZykIns
hnenschrift¬
eigenem Erleben, sie finden sich für immer
ziehen sie auf Abenteuer in die Welt hinaus, programmatisch den leitenden Gedanken aus¬
den Titel:
zusammen, und der vermeintliche Puppen¬
spricht, sondern vor allem, weil das Ehepaar
indes der Flöte blasende Liebhaber an dem
spieler muß erkennen, daß er nicht Herr, son¬
plastischer und deutlicher herausgearbeitet ist,
Degenstoß verscheidet. Wirklich ein Puppen¬
dern Diener des Schicksals gewesen. Das
als es die Art der Marionette zuläßt; weil
der unter
spiel, — mit einem nur ganz diskreten realen
Mädchen, das er ungewollt dem andern in
diese Puppen, wie sie selbst sagen, sehr leben¬
Untergrunde. Die tolle Farce des gemein¬
drei Ein¬
die Arme geführt, das damals für ihn eine
dig geworden sind; weil sie vom Rechte der
samen Sprunges aus dem Fenster paßt eben¬
weil es Ar¬
Neigung hatte, das sich auf sein wohl durch¬
Selbstbestimmung einen bei Marionetten ganz
so trefflich in dieses Genre wie die Sorg¬
doch nicht
schautes Spiel nur einließ, weil es ihn dabei
unmöglichen Gebrauch machen. Es liegt also
losigkeit in der Motivierung des plötzlichen
Kämpfer¬
eifersüchtig zu machen hoffte — eine Hoffnung,
hier der Fall so, daß es für den Dichter einen
Hereinschneiens des Helden oder wie die Will¬
gehren den
die sich nicht erfüllte — gibt so einer anderen
Tadel enthält, wenn von einer seiner Figuren
kür in der Glückswendung eines zwischen ihm
ste Impulse
den Weg zu ihm frei, einer anderen, die dann
gesagt werden muß, sie sei keine Marionette.
und Vetter Martin entrierten, beider Riva¬
Aesthetizis¬
von ihm geht, ihm einen Buben zurückläßt.
Diese Anomalie aber läßt schon erkennen,
lität steigernden Würfelspiels und andere
1.
Aber das Schicksal machte ihn ganz frei von
wie gekünstelt, wie artistisch diese Einakter mit
burleske Einzelheiten.
Alltagssorgen, nahm ihm den Knaben durch
ihrer Grundidee sind. Nimmt man letztere
n
Im dritten Stück, „Zum Großen Wur¬
den Tod: „Menschen meiner Art müssen frei
einmal an, so kann man vom Standpunkte
stel“, ist nicht mehr von burlesken Einzelhei¬
sein, wenn sie sich ausleben sollen“ — so pflich¬
ddes Dichters aus seinen Werkchen manches
er die
ten die Rede, sondern das ganze heißt mit
tet er dem Schicksal bei. Ob innerlich über¬
Gelungene nachrühmen. Aber wer im Thea¬
Recht „Burleske“. Es bringt ein wirkliches
Ar
zeugten Herzens? — ob heuchelnd, um billi¬
ter einen wichtigen Kulturfaktor schätzt, wem
Marionettentheater aus dem Wurstelprater
gem Troste zu entgehen? Der Puppenspieler
insbesondere dessen immer kräftigere Heraus¬
auf die Bühne und läßt in köstlicher Naivetät
die
ist nicht dazu geboren, ein geordneter Haus¬
bildung am Herzen liegt, kann doch in diesen
Lebe
ein Puppenspiel sich abwickeln. Freilich nicht
vater zu werden, unter einer Hängelampe zu
Arbeiten nichts sehen als Spielereien eines
ungestört. Denn der Dichter mutet den Leu¬
den.“
sitzen, eine Zofe in Diensten zu haben, an einem
literarischen Eklektizismus, der im Grunde
ten, die heute das Theater besuchen, nicht zu,
ück als
weißgedeckten Tisch zu speisen. Es ist unbe¬
ahnungslos an den künstlerischen und kul¬
daß sie daran ihr Genüge finden sollen.
it
wäre dan
turellen Aufgaben der Schaubühne vorüber¬
dingt ein feiner Zug, daß dieser ethische
Etwas Prickelndes und Pitantes muß schon
en Charak¬
Puppenspieler einem unausrottbaren Hang
geht. Für das Tändelnde und Kokette dieser
g mehr den
hinzukommen. Und darum läßt er auf der
zum Vaganten, zum Bohémien folgt. Aber
Kunstübung hat Schnitzler selbst den treffend¬
eSchatten¬
Bühne vor dem Marionetten=Theater Zu¬
diese psychologische Feinheit ist so wenig
sten Ausdruck gefunden in dem Motto eines
hingestellt.
schauer sitzen, Leute aus dem Volke, die je
innerlich verarbeitet wie das Puppenspieler¬
seiner früheren Einakter=Zyklen, das auch
nach Temperament und Geschmack die Puppen¬
daß Schnitz¬
Motiv selbst. Eins wie das andere findet sei¬
dem neuen nicht unpassend voranstehen könnte:
komödie glossieren. Schließlich werden sie
durch seinen
nen Ausdruck ganz äußerlich in trockenen,
„Wir spielen immer, — wer es weiß, ist klug.“
tigen Beur¬
selbst in das Puppenspiel einbezogen, doch
dürren Dialogwendungen, die der Verfasser
Aber die Erkenntnis des steten
damit erschöpft sich des Dichters Laune noch
ist es nötig,
wörtlich selbst als Erzähler in den Mund
Spielens sollte doch schließlich zur Ueber¬
nicht, er bietet vielmehr immer zahlreichere
achtung der
nehmen könnte mit deutlicher Hervorhebung
windung des Spielens führen! —
Akteurs auf und zwingt auch uns, gewisser¬
tigkeit nach¬
der Tendenz: „Es war einmal ein Mann, der
maßen die indirekten Zuschauer der Mario¬
hatte sich einen — wie er meinte — tiefsinni¬
nette, in den Hexensabbath mit hinein. Das
die; „Der
gen Spaß ausgedacht: er wollte nämlich nach
Stück will also nicht nur eine Marionette al¬
Zum Großen
seinem Belieben zwei Menschen an seinen
ten Stils kopieren, sondern uns auch gewisser¬
Aus den Gat¬
Drähten tanzen lassen“ usw.
maßen kulturhistorisch über die Wirkung auf
vergröbert
Die Reflexion ist der Tod dieser „Studie",
das Publikum belehren. Die erste Absicht
gedeutet, daß
ergibt die denkbar reinste Ausbildung des Ma¬
das Fehlen aller Reflerion schafft Raum für
der Mario¬
rionetten=Motivs: eben eine Kopie; die zweite
eine schon bedeutend marionettenhaftere Un¬
mit
bekümmertheit in dem Puppenspiel „Der tap¬
enthält die Kritik der ersten Absicht. Gewiß
aivetd
fere Cassian.“ Der Flötenspieler Martin will,
bringt die Verqnickung dieser beiden Ideen
Stück
der Tränen seines kleinen Liebchens Sophie
höchst ergötzliche und groteske Momente her¬
denz.
vor; aber sie verlangt doch auch die Lösung
ungeachtet, die er gutmütig zu trösten sucht,
ker mit Me
zweier ganz ertremen Aufgaben: es soll eine
hinaus in die Welt, von Sehnsucht getrieben,
nen glaul
te,
Marionette nachgeahmt, und es wollen, da
einer schönen Tänzerin wieder zu begegnen,
lssen who
e.
sich der Dichter zugleich in die Gefühle der
von der er eine Blume auf der Brust birgt.
nes Man
1e5
Zuschauer versetzen muß, Menschen gebildet
Da erscheint der tapfere Vetter Cassian, ein
en.
bestim
werden.
wilder Kriegsmann, auf der Bildfläche. Die
Mädch
h
kleine Sophie verfällt ihm rettungslos, der
Dem ist Schnitzler aus dem Wege ge¬
So wollte
Flötenspieler wittert Zauberei, schimpft den
gangen; er hat auch die Zuschauer zu Mario¬
8
erwe
Kriegsmann einen Schurken über den an¬
netten gemacht, keine Volkstypen geschaffen,
wahre Glück
sondern ein Paar abstrakte Temperamente:
deren, was er mit einem Degenstich ins Herz
schiene. Und
einen Wohlwollenden, einen Bissigen, einen
büßen muß. Sophie hat nur Augen für den
dabei: es ist
Naiven usw. Es scheint also wirklich die
Mörder des einst Geliebten. Um so tiefer
bendigen zu
Schattenhaftigkeit künstlerische Absicht zu sein,
trifft sie das Wort, daß auch der neu Ge¬
tischen Tanze
wonnene sie um die Gunst der verführerischenj und wenn das der Fall ist, dann stehen die
eine Puppen
beiden letzten Stücke als Marionetten am
Tänzerin preisgeben will. Sie stürzt sich zum
borden. Das
Fenster hinaus, Cassian, nicht faul, flugs ihr höchsten; denn sie geben von Realitäten nur
d für sie zu
nach und fängt sie so glücklich in der Luft auf, das Unerläßliche. Das erste hat aber dann
daß beide wohlbehalten unten anlangen. Nun den Charakter verfehlt, nicht nur weil es zu
berlin.
17.4. Marionetten— ZykIns
hnenschrift¬
eigenem Erleben, sie finden sich für immer
ziehen sie auf Abenteuer in die Welt hinaus, programmatisch den leitenden Gedanken aus¬
den Titel:
zusammen, und der vermeintliche Puppen¬
spricht, sondern vor allem, weil das Ehepaar
indes der Flöte blasende Liebhaber an dem
spieler muß erkennen, daß er nicht Herr, son¬
plastischer und deutlicher herausgearbeitet ist,
Degenstoß verscheidet. Wirklich ein Puppen¬
dern Diener des Schicksals gewesen. Das
als es die Art der Marionette zuläßt; weil
der unter
spiel, — mit einem nur ganz diskreten realen
Mädchen, das er ungewollt dem andern in
diese Puppen, wie sie selbst sagen, sehr leben¬
Untergrunde. Die tolle Farce des gemein¬
drei Ein¬
die Arme geführt, das damals für ihn eine
dig geworden sind; weil sie vom Rechte der
samen Sprunges aus dem Fenster paßt eben¬
weil es Ar¬
Neigung hatte, das sich auf sein wohl durch¬
Selbstbestimmung einen bei Marionetten ganz
so trefflich in dieses Genre wie die Sorg¬
doch nicht
schautes Spiel nur einließ, weil es ihn dabei
unmöglichen Gebrauch machen. Es liegt also
losigkeit in der Motivierung des plötzlichen
Kämpfer¬
eifersüchtig zu machen hoffte — eine Hoffnung,
hier der Fall so, daß es für den Dichter einen
Hereinschneiens des Helden oder wie die Will¬
gehren den
die sich nicht erfüllte — gibt so einer anderen
Tadel enthält, wenn von einer seiner Figuren
kür in der Glückswendung eines zwischen ihm
ste Impulse
den Weg zu ihm frei, einer anderen, die dann
gesagt werden muß, sie sei keine Marionette.
und Vetter Martin entrierten, beider Riva¬
Aesthetizis¬
von ihm geht, ihm einen Buben zurückläßt.
Diese Anomalie aber läßt schon erkennen,
lität steigernden Würfelspiels und andere
1.
Aber das Schicksal machte ihn ganz frei von
wie gekünstelt, wie artistisch diese Einakter mit
burleske Einzelheiten.
Alltagssorgen, nahm ihm den Knaben durch
ihrer Grundidee sind. Nimmt man letztere
n
Im dritten Stück, „Zum Großen Wur¬
den Tod: „Menschen meiner Art müssen frei
einmal an, so kann man vom Standpunkte
stel“, ist nicht mehr von burlesken Einzelhei¬
sein, wenn sie sich ausleben sollen“ — so pflich¬
ddes Dichters aus seinen Werkchen manches
er die
ten die Rede, sondern das ganze heißt mit
tet er dem Schicksal bei. Ob innerlich über¬
Gelungene nachrühmen. Aber wer im Thea¬
Recht „Burleske“. Es bringt ein wirkliches
Ar
zeugten Herzens? — ob heuchelnd, um billi¬
ter einen wichtigen Kulturfaktor schätzt, wem
Marionettentheater aus dem Wurstelprater
gem Troste zu entgehen? Der Puppenspieler
insbesondere dessen immer kräftigere Heraus¬
auf die Bühne und läßt in köstlicher Naivetät
die
ist nicht dazu geboren, ein geordneter Haus¬
bildung am Herzen liegt, kann doch in diesen
Lebe
ein Puppenspiel sich abwickeln. Freilich nicht
vater zu werden, unter einer Hängelampe zu
Arbeiten nichts sehen als Spielereien eines
ungestört. Denn der Dichter mutet den Leu¬
den.“
sitzen, eine Zofe in Diensten zu haben, an einem
literarischen Eklektizismus, der im Grunde
ten, die heute das Theater besuchen, nicht zu,
ück als
weißgedeckten Tisch zu speisen. Es ist unbe¬
ahnungslos an den künstlerischen und kul¬
daß sie daran ihr Genüge finden sollen.
it
wäre dan
turellen Aufgaben der Schaubühne vorüber¬
dingt ein feiner Zug, daß dieser ethische
Etwas Prickelndes und Pitantes muß schon
en Charak¬
Puppenspieler einem unausrottbaren Hang
geht. Für das Tändelnde und Kokette dieser
g mehr den
hinzukommen. Und darum läßt er auf der
zum Vaganten, zum Bohémien folgt. Aber
Kunstübung hat Schnitzler selbst den treffend¬
eSchatten¬
Bühne vor dem Marionetten=Theater Zu¬
diese psychologische Feinheit ist so wenig
sten Ausdruck gefunden in dem Motto eines
hingestellt.
schauer sitzen, Leute aus dem Volke, die je
innerlich verarbeitet wie das Puppenspieler¬
seiner früheren Einakter=Zyklen, das auch
nach Temperament und Geschmack die Puppen¬
daß Schnitz¬
Motiv selbst. Eins wie das andere findet sei¬
dem neuen nicht unpassend voranstehen könnte:
komödie glossieren. Schließlich werden sie
durch seinen
nen Ausdruck ganz äußerlich in trockenen,
„Wir spielen immer, — wer es weiß, ist klug.“
tigen Beur¬
selbst in das Puppenspiel einbezogen, doch
dürren Dialogwendungen, die der Verfasser
Aber die Erkenntnis des steten
damit erschöpft sich des Dichters Laune noch
ist es nötig,
wörtlich selbst als Erzähler in den Mund
Spielens sollte doch schließlich zur Ueber¬
nicht, er bietet vielmehr immer zahlreichere
achtung der
nehmen könnte mit deutlicher Hervorhebung
windung des Spielens führen! —
Akteurs auf und zwingt auch uns, gewisser¬
tigkeit nach¬
der Tendenz: „Es war einmal ein Mann, der
maßen die indirekten Zuschauer der Mario¬
hatte sich einen — wie er meinte — tiefsinni¬
nette, in den Hexensabbath mit hinein. Das
die; „Der
gen Spaß ausgedacht: er wollte nämlich nach
Stück will also nicht nur eine Marionette al¬
Zum Großen
seinem Belieben zwei Menschen an seinen
ten Stils kopieren, sondern uns auch gewisser¬
Aus den Gat¬
Drähten tanzen lassen“ usw.
maßen kulturhistorisch über die Wirkung auf
vergröbert
Die Reflexion ist der Tod dieser „Studie",
das Publikum belehren. Die erste Absicht
gedeutet, daß
ergibt die denkbar reinste Ausbildung des Ma¬
das Fehlen aller Reflerion schafft Raum für
der Mario¬
rionetten=Motivs: eben eine Kopie; die zweite
eine schon bedeutend marionettenhaftere Un¬
mit
bekümmertheit in dem Puppenspiel „Der tap¬
enthält die Kritik der ersten Absicht. Gewiß
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bringt die Verqnickung dieser beiden Ideen
Stück
der Tränen seines kleinen Liebchens Sophie
höchst ergötzliche und groteske Momente her¬
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vor; aber sie verlangt doch auch die Lösung
ungeachtet, die er gutmütig zu trösten sucht,
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zweier ganz ertremen Aufgaben: es soll eine
hinaus in die Welt, von Sehnsucht getrieben,
nen glaul
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Marionette nachgeahmt, und es wollen, da
einer schönen Tänzerin wieder zu begegnen,
lssen who
e.
sich der Dichter zugleich in die Gefühle der
von der er eine Blume auf der Brust birgt.
nes Man
1e5
Zuschauer versetzen muß, Menschen gebildet
Da erscheint der tapfere Vetter Cassian, ein
en.
bestim
werden.
wilder Kriegsmann, auf der Bildfläche. Die
Mädch
h
kleine Sophie verfällt ihm rettungslos, der
Dem ist Schnitzler aus dem Wege ge¬
So wollte
Flötenspieler wittert Zauberei, schimpft den
gangen; er hat auch die Zuschauer zu Mario¬
8
erwe
Kriegsmann einen Schurken über den an¬
netten gemacht, keine Volkstypen geschaffen,
wahre Glück
sondern ein Paar abstrakte Temperamente:
deren, was er mit einem Degenstich ins Herz
schiene. Und
einen Wohlwollenden, einen Bissigen, einen
büßen muß. Sophie hat nur Augen für den
dabei: es ist
Naiven usw. Es scheint also wirklich die
Mörder des einst Geliebten. Um so tiefer
bendigen zu
Schattenhaftigkeit künstlerische Absicht zu sein,
trifft sie das Wort, daß auch der neu Ge¬
tischen Tanze
wonnene sie um die Gunst der verführerischenj und wenn das der Fall ist, dann stehen die
eine Puppen
beiden letzten Stücke als Marionetten am
Tänzerin preisgeben will. Sie stürzt sich zum
borden. Das
Fenster hinaus, Cassian, nicht faul, flugs ihr höchsten; denn sie geben von Realitäten nur
d für sie zu
nach und fängt sie so glücklich in der Luft auf, das Unerläßliche. Das erste hat aber dann
daß beide wohlbehalten unten anlangen. Nun den Charakter verfehlt, nicht nur weil es zu
berlin.