II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 0), Marionetten. Drei Einakter, Seite 44

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17.4. Marionetten Zukius
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A
Nachahmung herabsetzt.“) Ein Theater mit Zuschauern au
Marionetten anmuten? Da hat sich das liebesfreudige Töch¬
das Theater selbst zu bringen, hatte schon der Vorgänger von
terch in ösis 1Fläulein Jauck) der ehrbaren Waschfrau in heißer
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Shakespeares Hamletdichtung als besonders wirksam erfunden,
Sinnenlust, dem Studenten und Falschspieler Martin (Herr
und Tieck hat Shakespeares Zeitgenossen Ben Jonson sich zum
Sioli) hingegeben. Sie glaubt geliebt zu werden, während
en Einakterzyklus ist
Vorbild genommen, als er im „Gestiefelten Kater“ das Publikum
er an dem' junden Ding nür die Liebeskünste ausprobieren
keiner seiner Nach¬
mit dessen rasch wechselnden Stimmungen selber auf das
wilt mit ##enener dann als Ausgelernter die gefeierte Tänzerin
des „Grünen=Kakadu“
Theater brachtes) oder vielmehr zu bringen wünschte. Tiecks
Der gewissenlose
Eleonora Lombriäni zu gewirnen hofft.
meinsame Grundidee
Verspottung der rührsamen Modestücke seiner Tage ist ja ein
Abenteurer glällbirdas kleine Mädchen wie seine Puppe lenken
widerzuspiegeln ver¬
bloßes Lesedrama geblieben. Schnitzler hat bei seinen satirischen
zu können: obald Der täpfere Kassian“ (Herr
nüber fast wie eine
Dramen zwar an die Leistungsfähigkeit der Bühne auch schon
Wällauet emtritt in dem Schnitzler ein prächtiges neues
seiner letzten Einakter¬
hinsichtlich der Zahl der Mitwirkenden erhebliche Anforderungen
Exemplärebe ältrenommierten, weit verbreiteten Familie
bequem als äußerlich
gestellt, aber doch eine durchaus bühnenfähige Komödie ge¬
des miles Eldriösus“ geliefert hat, sieht, der eingebildete Martin
ser Stücke zu einem
schaffen. Wie Herr Bonno diese Aufführung „Zum großen
sich ausgeschallét., Nicht Herzenstrieb, sondern= roh sinnliches
(Aber auch Schnitzler
Wurstel“ nun auf der Marionettenbühne und vor ihr in¬
Begehrensleitet diese feelenkösen drei Geschöpfe gleich willenlos
llus nicht so gut wie
szeniert hat, das darf man wohl als eine Meisterleistung
hü und hergezöhenen Puppen. Und wenn zuletzt der Soldat
hang der inzelnen
rühmen. Es wäre jammerschade, wenn das Breslauer
seinen Vetter Mürtin ersticht und der sich ihm anhängenden
zu lassen. Dies geht
Publikum, das zur ersten Aufführung am Montag nur wenige
Söfie nur für tine einzige Nacht Treue versprechen kann, so
daß unserem Lobe¬
Vertreter entsandt hatte, nicht bei den Wiederholungen seinem
soklen wir auch bei diesen Vorgängen die Ironie des Dichters
als erste Bühne den
früheren Liebling Schnitzler mehr Teilnahme zeigen würde.
mit Lachen behleiten.
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en, obwohl er bereits
Schon die musterhafte Aufführung verdient den Besuch der
„Schauen wir ihr Wesen denn?
## nonsichtts 0½) die tollen Sterblichen!“
) Das erste Stück
drei Stücke.
n September 1903 Und nun steigert der Dichter diese Ironie, indem er von
Ob es richtig ist, die Bezeichnung des „Tapferen Kassian“.
zu Berlin erlebt und der Vorführung der alten, bösen Dreiheit, des leichtfertig vom
als „Puppenspiel“ dahin auszulegen, daß die drei Darsteller
ahres zusammen mit ersten zum zweiten, Geliebten sich wendenden Weibes, zu einer
sich vollkommen als steife Puppen benehmen, erscheint mir
den worden. Die in
übermütigen Verspottung der ganzen modernen Dramenprobleme
zweifelhaft. Ich glaube, man könnte durch ein freies, etwas
der blonden Frau
übergeht. Das el dabei sich selbst keineswegs schont, ja sogar
groteskes Spiel die lustige Übertreibung der Tragikomödie zu
traut. Diesmal war
feine eigenen Stücke „Liebelei“ und „Die Frau mit dem
noch größerer Wirkung bringen. Zweifellos aber ist es mit
Wenn die Rolle durch
Dolché“ besonders aufs Korn nimmt, so können sich auch seine
der satirischen Tendenz des „Großen Wurstel“ nicht vereinbar,
e beiden männlichen
Dichterköklegen nicht beklagen, wenn er den Sudermannschen
wenn statt der von Schnitzler vorgeschriebenen Gestalten des
perkommenen Genies!
Grafen Trast ats überflüssigen Raisönneur lächerlich macht und
„Grafen von Charolais“ und von Bahrs „Meister“—die doch beide
„befriedigt lebenden pok' allem die Wiener Schule verspottet. Es scheint nur frag¬
im Lobetheaten gespielt worden sind — Schillers Wilhelm Tell
ie Herren Bauer und
lich; ob die Méhrfähl der Theaterbesucher alle diese witzigen
und Lehars Graf Danilo auftreten. Das Ganze ist eine
th ablösten. Schnitzler
Ausfälle zu“ würdigen weiß, da der Scherz Vertrautheit mit
Satire gegen die Art der Verwendung tragischer Motive im
unt, und es ist eine
der modernen dramgtischen Produktion zur Voraussetzung hat.
ernsten modernen Drama. Die Figuren können also nur aus
Theater nur bei aus¬
An sich ist die Sotire ganz köstlich und enthält bei aller über¬
dessen Umkreis, nicht aus Schiller gewählt werden. Allein die
fürdigung finden kann.
mütigen Lüstigkeit zugleich eine stärke Dosis beachtenswerter
Verwahrung gegen diese unbegründete Abweichung von den
Gemütszustand eines
Kritik der mödernsten Literatur,
Angaben in Schnitzlers Buch kann das Lob der ausgezeichneten
nd nur Annas weib¬
##n Der leidenschäftlichste Theaterliebhaber unter allen deutschen
Vorstellung nicht mindern. Henn Senius und Frl. Mayer¬
s ehemaligen Genies
Dichtern, Ludwig Tieck, hat in den Gesprächen seines
hofer unter den Marionetten, den Herren Plank und Berger
maligen Anhören des
„Phantasus“ eine Teilnehmerin einen Tadel darüber aus¬
unter den Zuschauern, Herrn Brod als marktschreierischem
rer sofort die bittere
sprechen lassen; däß in der eben vorgelesenen Komödien¬
Theaterdirektor und Herrn Barna als aufgeregt bangendem
mpfinden.
satire Der gestiefelte Kater" „das Theater das Theater
Dichter, darf als den Vertretern der vielen erfreulichst zum
erwartungsreicher
in
parodieren wolke und man also ein Spiel mit dem Spiele
Gelingen des „Großen Wurstel“ Mitwirkenden besonders gedankt
weiblichen Freunde be¬
treibe“ Er tat das, um solche Einwürfe sofort mit ent¬
werden.
seines Übermenschen= scheidenden Gründen zu widerlegen. „Mit der Entstehung des
Das Lobetheater war in diesem Winter bei der Auswahl
rrschen geglaubt. Wie Theäters entsteht auch der Scherz über das Theater, wie wir
der literarisch beachtenswerten Stücke nicht vom Glück begünstigt.
genen Drähten tanzen; schön im Aristophanes sehen; er kann es kaum unterlassen,
Mit der Vorführung von Schnitzlers „Marionetten“ bringt es
nin Wirklichkeit hat der
sich selbst zu ironisieren, was der übrigen Poesie ferner liegt,
die literarisch wertvollste Gabe seiner diesjährigen Spielzeit,
Leben der von ihm
und noch mehr der Kunst, weil auf der Zweiheit, der Doppel¬
Stücke, die sowohl den Freunden der ernsteren Literatur wie
erbietende wahre Glück
heit des menschlichen Geistes, dem wunderbaren Wider¬
den nur lustige Unterhaltung begehrenden Theaterbesuchern
selbst sich von einem
spruch in uns, die Basis der komischen Bühne ruht.
ihre Forderungen erfüllen. Und diese Stücke Artur Schnitzlers
dem sein Talent und
Die wundörliche Absicht des Theaters, eine Geschichte in
werden in ausgezeichneter Darstellung geboten.
des nicht Vorgänge im
größter Lebendigkeit vor uns hinzustellen, hat Shakespeare
enspiel, wie tanzende
mehr äls einmal ironisiert, wo er in diesem Augenblick
sein Schauspiel für Wahrheit ausgibt und im Gegensatze
Schnitzler. Zweite Auflage, dieser vom Theater das Theater selbst als Lüge und schwache
k, geb. 3 Mi.