II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 3), Zum großen Wurstel. Burleske in einem Akt (Marionetten), Seite 20

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17.3. Zun grossen Nurstel




Anerkennung, als ihr seitens des blasierten Premierenpubli= das Glühvoll=erotische,
Au a
Lustspieltheater.
kums zuteil wurde. Schließlich hat doch ein Großgründler im gelangen ihr die tragisch
Kunstreiche das Wort ergriffen und einige ewige Wahrheiten Schlußszene wuchs sie
(„Die Fahrt über den Styx“ von Lucian. — „Mademoiselle
so fein, so subtil gesagt, daß schon die Pietät die Zischer hätte por. Die Herven Bull
Courasche“ von Erich Korn. — „Zum großen Wurstl“ von
dämpfen müssen.
teristische Figuren, Her
Arthur Schnitzler.)
Daran schloß sich das Dramolet „Mademoiselle Cou= komponiertes reizvolle
Ein nener# Nr Jarköschen übereifrigen Wahl, nur
dinger traf das Ve
frasche“ von Ernst Korn. Ein nicht übles Grundmotiv bildet
erlesene Delikatessen zu servieren, war wohl der letzte Abend.
das Knochengerüst: Wie aus der Dirne das latente Weib er= lich. Unzulänglich wan
Drei Einakter von verschiedenster Beschaffenheit wurden an¬
wacht, wie dieses von ihrem Gefühlsleben Reverenz verlangtf berg.
einandergegliedert. Jeder enzelne für sich die Emanation einer
und den Geliebten niedersticht, als er ihre Frauenehre an¬
interessanten Persönlichkeit. Den Reigen eröffnete ein archäo¬
Das Ereignis des
tastet. Auch das Beiwerk, das sich um die Handlung rankt,
logischer Fund Paul Lindaus. Dieser glänzende Routinier
lers „Zum groß
verrät großes dramatisches Geschick. Aber eines fehlt, was
hatte einige köstliche Satiren Lucians übersetzt, und eine,
hier wiederum die Me
dem Einakter literarische Bedeutung verliehen hätte; das Zeit¬
sicher die eindringlichste, dem modernen Empfinden am stärk¬
sich zum Beweise dieser
kolerit. Der Autor hätte zeigen müssen, wie der dreißigjährige
sten angepaßte, „Die Fahrt über den Styx“, beschien Freitag
eigenen Figuren auf i
Krieg aus den Menschen alle Gewaltinstinkte zur Oberfläche
das Lampenlicht. Offen herausgesagt: Das Experimen##t
zieren. Und ergötzlich
befördert sie auch seelisch devastiert, in ihnen alle seinen Re¬
mißglückt, weil sowohl der Uebertragung wie der Darstellung
sich so gräßlich lächerlie
gungen zerstampft hat; wie die Nichtachtung des fremden
die Stileinheit mangelte. Paul Lindau hat teilweise den
mäßige im Speziellen
schweren „getragenen Ton der griechischen Tragödie parodiert,
Lebens auch den Seelenmord, die gewohnheitsmäßige Plün= Menschen lehrt er, ha#
teilweise in das Werkchen Berliner Schnoddrigkeiten als Kon= derung auch den Raub des Gewissens gezeitigt hat. Nur ge¬
Geste, ein Augenspiel.
dungene Empfindungen, besoldete Vibrationen, angeworbene
terbande eingeschmuggelt. Erst wollte er dem Hörer die
sens zappeln sie sich la
Sentimentalitäten sollten im tragikomischen Zwielicht vorbei¬
Distanz der zwei Jahrtausende, die sich zwischen Lucians
an ihre äußeren Merk#
Schaffen und der Jetztzeit erstreckt, klar ins Bewußtsein brin= huschen. Danebe viel Platz der tollen Genußsucht, das Be¬
um diese herumschwirr
gen, dann mit einem jähen Salto übersprang er sie, zog grüßen der Wonne mit: „Morituri te salutant“; denn es ist
Sein an, wollen sie ihr
vielleicht das letztemal. In dieses Milien die ewige Tragödie
Lucian mit einem Ruck die Toga aus, zwang dessen Glie¬
kommt der größte Wur
der Dirne zu stellen, sie den dreißigjährigen Krieg mit der
der in einen Salonrock, made in Germany. So hörte man
Dann sinken sie lautlo
durcheinander zwei Stimmen, die des Autors und des Nach¬
Alltagsmoral agleichfalls ausfechten zu lassen, und aufzudecken, sein, für die Ewigkeit
dichters, die keineswegs harmonisch ineinanderflossen. Lucian
wie der Kampfdunst mit der heiß dampfenden Sinnlichkeit in der große Wurstel. &
eins zerfließt, wäre eines Dichters würdige Aufgabe. Statt
machte faktisch nur einige Zwischenrufe während des Lindau¬
richtig durchgeführt.
dessen bringt Ernst Korn im ersten Teil einen Operetten¬
schen Sermons. Ebenso dissonierend wirkte das Ensemble.
nur Puppen, konstruie
general auf die Szene, ein speiender Monte Pelee der Zwei¬
Frl. Joseffy bekleidete jedes ihrer langdehenten Wonte
Der Bissige, der Naivs
dentigkeiten, und läßt Offiziere von Weibern schwatzen, als
förmlich mit weit abstehenden Pumphosen. Herr Dumont
Ihn dünken diese Gesch
wären sie im Maxime und nicht im Kriegslager. Das Publi¬
hingegen konversierte wie ein bei Kommerzienrats geladener
schaft. Sie sind nur
kum glaubte nach dem Ansang, in dem sich die Laszivitäten
Universitätsprofessor, Herr. Valberg krächzte wedekindisch,
Menschen. Mit welch
nur so überpurzelten, die von allen anderen Nächten so aus¬
überhastete sich kainzisch und wand sich in hysterisch treuen
Laune, und dabei dämo
gezeichnete Brautnacht werde nun mit „handgreiflicher“ Deut¬
Krämpfen. Herr Gutmann bemühte sich in seiner Aus¬
seine Thesen. Es ist
lichkeit exekutiert werden. Aber der Verfasser ließ die Chose
sprache um eine Allianz zwischen Böhmen und Griechenland,
Walzerrhythmen. Gest
als spielte er den Biezinides, und der ewige Richter des Herrn tragisch umtippen und enttäuschte somit die Erwartung. Man
net. Die Herren Ich
Kneidinger bedarf dringend eines Verteidigers. Solch wollte sehen und war verurteilt, zu hören. Aber jedenfalls
Straßni, Gutma
schwierigen Aufgaben ist die sonst so tüchtige Künstlerschaar des sei konstatiert, daß Korn großes dramatisches Talent und viel
Mitwirkenden besonder
Lustspieltheaters nicht gewachsen. Aber immerhin verdient Esprit in der Dialogführung besitzt. Die Darstellung hielt
schon die Wiedererweckung der Köstlichkeiten Lucians mehr sich auf mittlerer Linie. Frl. Helm fehlt für die Dirne