II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 3), Zum großen Wurstel. Burleske in einem Akt (Marionetten), Seite 46

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Wiener Theaterbrief.
Von Wilhelm v. Wymetal.
„Wer kennt ihn nicht, den Spötter Lucian?
Wer bei ihm gähnt, der schnarchte wohl am Busen
Cytherens bei Gesang der Musen!,
Daß niemand seiner scherzen kann,
Daß er ein schöner Geist, ein Kenner,
Ein Weltmann war, gesteht ihm jeder ein;
Doch wünschen Tillemont und andre wack're Männer
Mit gutem Fug, er möchte frömmer sein.
Was uns betrifft, die gern Sokratisch lachen,
Uns dient er oft zum wahren Askulap;
Er treibt die Blähungen der Seele sanft uns ab
Und weiß die Kunst, mit Lächeln oder Lachen,
Uns klüger oft, vergnügter stets zu machen:
Und das ist mehr, gesteht's, als mancher große Mann
In Folio und Quarto leisten kann.“
Nicht diesen, von Wieland gezeichneten übermütigen
Spötter, wie wir ihn etwa aus den „Göttergesprächen“ oder
aus dem „Hahn“ kennen, sondern den ernsten Satiriker,
wie er im „Nigrinus“, im „Timon“ erscheint, hat uns
das Lustsvieltheater an seinem letzten Einakterabende vor¬
geführt. Angeregt wurde es dazu durch eine neue Bear¬
beitung für die deutsche Bühne, die Paul Lindau der
lukianischen Satire „Die Fahrt über den Styx“ hatte an¬
gedeihen lassen. Diese dramatische S. tire ist ein Musterbei¬
spiel der gesamten Gattung, die aus dem Nichts geschaffen
zu haben sich Lukianos mit Genugtuung rühmte, als ihn
ein athenischer Rhetor in hämischer Ironie mit dem menschen¬
bildenden Prometheus ver lichen hatte. „Ja, ich wagte“,
nden Proslalie, „das kühne
sagt er in seiner entge
Unterfangen, den philose chen Dialog und das Bühnen¬
stück zu vereinen und zwei widerspenstige und so gar nicht
zusammenpassende Wesen zu einem schönen Einklang zu
stimmen.“
Bereit zur „Fahrt über den Styg“ steht das Schiff des
Charon. Unter der Führung des Hermes nah'n die Toten
zur Überfahrt und, zwanglos veranlaßt durch einen ver¬
gisteten Gewaltherrscher, der um jeden Preis, und sei es
auch für einen einzigen Tag, zur Oberwelt zurückkehren
möchte, erzählen alle von ihren Leben und Sterben. In
starken und gewalligen Worten kommt dabei die ausglei¬
chende Gerechtigkeit des Todes, der Unterschied von Schein
und Wirklichkeit, von äußerem Glanze, der inneres Elend
verbirgt, und von äußerer Armut, die durch inneres Ge¬
nügen erhellt wird, zutage. In einer Epilogszene hält dann
Rhadamantys sein unerbittliches Gericht.
Lindaus Bearbeitung ist gut; nur der Gebrauch von
Fremdworten (renommieren, degradieren, Kommissionsge¬
schäft, Souverän), dir in den lustigen Götterdialögchen am
Platze ist, will zu den ernsten Tönen dieses Vergänglich¬
keitsfanges nicht recht passen. Dem flachen, vergnügungs¬
süchtigen, modernen Theaterpublikum, das sich nur unter¬
halten und nicht den Kopf zerbrechen will, vermag eine so
herbe Kost, die überdies einige Vertrautheit mit der antiken
Mythologie erfordert, nicht zu munden.
In scharfem Gegensatze zu dem alten Griechen geht Erich
Korn, dessen Bild aus dem Dreißigjährigen Kriege „Mam¬
zell Courasche“ folgte, nur auf die von Gedanken gänzlich
unbeschwerte Bühnenwirkung, nur — das differenzierte
Fremdwort sagt es noch deutlicher —auf den Effekt aus.
Wie schon früher, so hat Korn auch in seinem neuesten Ein¬
akter bewiesen, daß er es meisterhaft versteht, eine volle Stim¬
mung anzuschlagen. Aber er hat sich selbst um den erhofften
Erfolg gebracht, indem er eine und dieselbe hochdramatische
Spannung zu lange ausdehnte. Allzu scharf macht scharlig,
und der allzu straff gespannte Bogen zerspringt. Die Span¬
enungselektrizität ist während des ganzen Stückes so ungt¬
heuer, daß die beständig erwartete Entladung, als es endlich
einschlägt, weder erlöst, noch erschreckt.
Wir sind im Feldlager. Der Jechtmeister Alois Sper¬
tini hat eben die tollköpfige Marketenderin Mamzell Cou¬
rasche geheiratet, die mit der Jungfrau von Orleans den
Mut, aber nich die Jungfrauschaft gemein hat. Manche
Festung hat sie als erste miterobert, aber fast für keinen
Soldaten des Lagers ist sie selber eine uneroberte Festung
geblieben. Um die offenen und versteckten Anspielungen
der Kameraden ein für allemal zu ersticken, läßt sich Sper¬
tini zu der Wette verleiten, er werde seine Frau in der Hoch¬
zeitsnacht vor mehreren Leuten schlagen. Das kann Madame