II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Der tapfere Cassian. Puppenspiel in einem Akt (Generalprobe), Seite 8

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17.2. Der tanfere ssian
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DAS NEUE MARIONETTENTHEATER
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DR. FRIDA ICHAK, BERLIN: DAS NEUE MARIO¬
NETTENTHEATER.
AHREND uns die letzten Jahre Versuche des neuen Kunst¬
gewerbes brachten, durch Kinderspielzeug ein Stück künst¬
lerischer Kultur in die Kinderstube zu tragen, macht sich zu¬
gleich das umgekehrte Bestreben geltend: das Puppentheater,
das man so lange als Kinderbelustigung angesehen hatte, zu künstlerischer
Bedeutung für die Erwachsenen zu erheben.
Nicht immer war das Marionettentheater nur eine Unterhaltung für
Kinder. In Athen und in Rom, ebenso im späteren Mittelalter, kannte man
heilige Spiele und Mysteriendarstellungen einerseits und Aufführungen der
Gaukler andererseits. Die Renaissance wies dem Puppenspiel eine
wichtige Stellung als Miniaturkunstgenuß zu. In neuerer Zeit wurde zu¬
erst in den romanischen Ländern das Marionettentheater aufs feinste aus¬
gebildet, die Beweglichkeit der Puppen, der fantoccini aufs höchste gesteigert.
Noch Stendhal sah in Italien Rossinis Opern auf der Puppenbühne. Im Frank¬
reich des 18. Jahrhunderts schrieben Dichter wie Lesage und Piron Stücke
für den Puppenspieler Francisque. In England legte man besonders Wert
auf die maschinellen Effekte der Puppenbühne. In Deutschland fällt die
Blütezeit des Puppentheaters in die Zeit nach dem 30 jährigen Kriege. Die
Geschichte vom Doktor Faust bildet Jahrhunderte hindurch das Haupt¬
repertoire des Marionettentheaters, und es ist bekannt, welche starken Ein¬
drücke Goethe selbst vom Puppentheater empfing.
Den größten Einfluß übte aber wohl das Puppenspiel auf die Romantiker
aus. Diesen wird es zum Symbol des Lebens, wenn unsichtbare Kräfte die
Drähte der Marienetten regieren. Im Jahrhundert der Technik verlor
dann die Marionette ihre zierliche Würde. Das Puppenspiel wurde zum
Belustigungsmittel der Jahrmärkte, eine Vergnügung für die niederen Volks¬
schichten, für die Naiven, für die Kinder. Und wenn um die Mitte des 19. Jahr¬
hunderts sich doch noch ein Künstler fand, der sein Lebenswerk der Marionette
widmete, Graf Pocci, der dichtende Kindermaler in München, der eine
Fülle von Puppentheatermärchen schuf, so mutet uns das gar sonderlich an.
Mit dem Rest romantischen Blutes des Grafen blieb wenigstens in München
im Marionettentheater des bekannten Papa Schmidt bis jetzt die Tradition
des Puppenspiels erhalten.
Die neuromantische Dichtung der letzten Jahre läßt wieder eine Ahnung
von den Möglichkeiten der Puppenbühne aufdämmern. Maurice Maeterlinck
schrieb bekanntlich seine kleinen Dramen für das Puppentheater. Gestalten,
s0 zart und zerbrechlich, wie es kein Fleisch modeln kann, durften stilgerecht
kaum von Menschen dargestellt werden. Die schmerzlich süße Prinzeß Maleine,
der junge Tintagiles, der hinter der Mauer den unbekannten Tod fühlt, die
dumpfe Furcht der verlassenen „Blinden“, die Angst der Menschen im „Ein¬
dringling“ — diese starren, auf den letzten Bewegungsanlaß zurückgeführten
Gebärden, konnten nur Marionetten zeigen. Damit war die Richtung des
modernen Marionettenspiels gegeben: die Stilisierung. Alles, was in
der Darstellung durch Menschen als Nuance und Abrundung der Geste wirkt,
mußte hier fortfallen; an Stelle dessen trat die letzte, geradeste, einfachste
Reflexbewegung der Glieder aus einem Gemütszustand heraus
zu einem Leben der Schände ver- Rauschen eine. Landutue.—
urteilt, doch aus dem Sehnen ihrer ungarischen Grenze entgegen.
Von einem Schullehrer, Icha mit
egale heraus nach den höchsten
Namen und seiner Schwester war es
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