II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Der tapfere Cassian. Puppenspiel in einem Akt (Generalprobe), Seite 35

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17.2. Der tanfereGassian
als Bajazzo wie als Straßenräuber. In drei
verschiedenen Aufgaben konnte Herr Schroth
seinen biegsamen Tenor entfalten. Die ver¬
„Theater und Mulik,
schieden geartete Sinnlichkeit der Colombine
und der Giulietta brachte Fräulein Flad¬
Rar
nitzer zu bester Wirkung, die gleich Fräulein
Drei Novitäten von Oskar Straus.
ertz vortrefflich
Bartsch und Herrn Lup!
sang und „spielte. Nicht minderes Lob ge¬
Leipzig, 30. Oktober.
bührt Fräülein Sanden als Viola. Der
einstige Ueberbrettlmeister und
Der
Kompomist konnte sich nach jedem Stück mehr¬
„Walzertraum“ = Erfinder
kriumphgewohnte
fach gof der Bühne zeigen.
Oscar Straus stellte heute im Neuen
O. Sonne.
Theäte drei Einakter, und zwar eine
Oper, ein Singspiel und ein Scherzspiel zur
Schau, von denen die beiden letzten:
ssian“ und „Venus im
tapfere
Grünen“ überhaupt zum ersten Male der
es
Oeffentlichkeit präsentiert wurden, indessen
sich bei der Oper „Colombine“ wohl um
ein Jugendwerk, um nicht zu sagen: Jugend¬
Telephon 12.801.
sünde des Komponisten handelt. Diese „Co¬
lombine“, deren Texibuch Arthur Pserhofer nach
glechnamigen Bajazzade von Erich Korn
Die
verarbeitet hat, ist arm an wirklich musikali¬
= „UDSERVEN
schem Fluidum, das die Skizzenhaftigkeit der
Anlage zu verbergen vermöchte. Die Mischung
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
von Frivolität, Sentimentalität und Mystik ist
nicht von demjenigen Reiz, der den nichts
Wien, I., Concordiaplatz 4.
weniger als sympathischen Stoff: ein Spieler
Vertrefungen
wird durch eine Dirne zum Einbrecher und
endet durch Selbstmord, dauernd genießbar
In Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
machen könnte, so geschickt auch ein geheimnis¬
hagen, Lundon, Madrid, Mailand,, Minneapölis, New-Vork,
volles Halbdunkel der Stimmung gewahrt und
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr).
die dramatische Steigerung herausgearbeitet ist.
Auch in „Der tapfere Kassian“ kommt uns
Straus ganz ernsthaft. Kein Geringerer als
Ausschnift aus:
2- 11.199
Arthur Schnitzler schrieb den Text zu diesem
Singspiel, das ist der Holzschnittmanier ver¬
Efänkischer Sourisr, Kürnbern
vom:
gangener Tage die Tragödie des Studenten

Kann
Martin schildert, dem es in der Dachkammer
strierung viele gefällige Lichter. Der Inhalt ist
bei der Liebe seiner Sophie zu eng geworden
der, daß Martin, der Student, an seinen Vetter
ist, dem, als er in die Ferne ziehen will, der
Landsknecht Kassian entgegentritt, ein Mittel¬
Kassian alles verliert, Gut, Geld, Mädel und selbst
Feuilleton.
bing zwischen Uebermensch und Großmaul, um
das Leben, als er sich von seinem Mädel
ihm in kurzer Frist die Liebe seines Mädchens,
trennen will.
sein Geld und auch sein Leben abzunehmen.
3 neue Einakter von Oskar Straus.
Das dritte Werk des Abends, das musikalische
Eine ganz simpele Geschichte, die aber durch
sk. Leipzig, 31. Okt. Im Neuen Theater
des Dichters Kunst in ein eigenartiges Licht
Scherzspiel „Venusim Grünen“ zeigt Strau
getaucht ist, so daß ihr etwas von dem Mag¬
in Leipzig haben am Samstag drei einaktige
ganz in seinem Element als Komponist gefäll
Oscar
netismus alter Balladen anhaftet.
Opern von Oskar Straus die Erstaufführung
prickelnder, berauschender Walzermelodien, die
Straus legte bei der musikalischen Einkleidung
erlebt, von denen zwei: „Der tapfere Herkunft von der Donau blauem Strande nicht
den Schwerpunkt auf das Festhalten eines
Kassian“ und „Venus im Grünen“ in verleugnen können. Rudolf Lothar hat das
altertümelnden Koloriis; er gibt sich ganz ein¬
Uraufführung herauskamen. Die einaktige Oper
fach, so daß der Ton naver Liederspiele ver¬
lustige Buch zu dieser Burleske geschrieben, die
gangener Zeiten an vielen Stellen durchaus
„Kolombine“, zu der Artur Pserhofer nach durchaus operettenhaft anmutet. Eine Umkleide¬
getroffen wird. Daß er zur Unterstützung
einer Idee von Erich Korn den Text geschrieben
szene von unfehlbarer Wirkung und ein gemütlicher
keiner Absichten das Klavier zu Hilfe ruft, er¬
hat und die schon an anderen Bühnen die Feuer= Bandit, dessen Ahnen in „Fra Diavolo" und
scheint aber als ein verhängnisvoller Fehlgriff.
probe der Erstaufführung bestanden hat, leitete den „Stradella“ zu suchen sind, sorgten für den Humor
o ganz in seinem Element ist der Kon¬
ponist erst in dem kecken (man kann auch
Abend ein. Die Musik, die nicht sehr originell ist der Situation, dem auch die Musik in einer Fülle
sagen: unauständigen) Fastnachspiel „Venus im
z. B. hat Humperdinck mit seinem „Hänsel und witziger und melodiöser Einfälle zu seinem vollen
Grünen“ das Rudolf Lothar zum Vater hat.
Gretel“ sehr dabei Pate gestanden —, ist gefällig Recht verhilft.
Es ist eine Räubergeschichte, deren Witz darin
und weist namentlich in der Instrumentierung
Der Komponist dirigierte die Aufführung selbst.
besteht, daß zwei nicht allzu prüde Mägdelein
im Wald ihrer Kleider beraubt werden, die
klangliche Feinheit auf. Das Buch erzählt die alte Der unbestrittene Erfolg der drei Einakter rief den
dann den Spitzbuben zur Kostümierung dienen
Geschichte vom Bajazzo, der aus Liebe zu Kolom= Komponisten mit den Darstellern nach jedem Akt
müssen. Der Liebe tut die Maskerade keinen
bine zum Spieler und Dieb wird, ihr mit ge¬
schluß vor die Rampe, auch Rudolf Lothar durfte
Abbruch. Diese Ver= bezw. Entkleidungsszene
stohlenem Geld Reichtümer erwerben will, wäh= dankend erscheinen. Eine große Anzahl auswär¬
ist mit keckem Behagen ausgeschlachtet und von
rend daheim Baron Harlekin Kolombine die Courstiger Theaterleiter und Journalisten wohpte dem
Straus mit einer prickelnden, potpourriartig
in
wirkenden Musik versehen worden, die
schneidet. In einem pantomimischen Zwischenspiel,
künstlerischen Ereignis bei.
jedem Tokt Pikanterie und Charme atmet.
das von der Musik in dramatischer Steigerung
Die Wienergabe der drei Einakter unter der
S
illustriert wird, sieht Bajazzo noch einmal sein
temperawentvollen Leitung von Oscar Straus
Leben traumhaft an sich vorbeiziehen, bis der
selbst und unter der verständnisinnigen Regie
des Dr. Loewenfeld wurde den Licht¬
„Knochenmann“ die Sense hebt und ein Schuß, Ba¬
seiten von Text und Musik durchaus gerecht.
jazzos Leben ein Ende macht.
Dus größte Verdienst erwarb sich Herr Kase!
„Der tapfere Kassian“, dessen Libretto
von Artur Schnitzler ist, figuriert auf dem
Zettel als Singspiel. Die Musik ist in glücklicher
Weise auf einen etwas altertümelnden volkslied¬
mäßigen Ton gestimmt und erhält in der Orche¬