II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Der tapfere Cassian. Puppenspiel in einem Akt (Generalprobe), Seite 76


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17.2. Der tanfere Casgan
Telephon 12.801.
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„SSSLR·EK
1. österr. beh. konz. Unternehmen für Zeitungs¬
Ausschnitte und Bibliographie.
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Brüssel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
(Quellenangabo ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
Berliner Morgenpost, Berlin
vom:
A
Paul Branns Marionettentheater. Gestern
wurde Arthur Schnitzlers „Tapferer Cassian“
enden und singenden Puppen
von dest
des Münchener Künstler=Marionettentheaters tragiert.
Es ist die wundersame Historie von einem gewaltigen
Bramarbas und Eisenfresser aus dem 17. Jahr¬
hundert, der seinen Vetter im Würfelspiel und Zwei¬
kampf besiegt, ihm die Geliebte entführt, um sie am
nächsten Morgen wieder sitzen zu lassen, während
der auf den Tod verwundete Vetter trübselig zur
Flöte und auf dem letzten Loch bläst. Die Figuren
(von Ignatius Taschner entworfen) paßten prächtig,
der Text dürfte ruhig etwas gekürzt werden. — Aus
dem wüsten Barock ins zierliche Rokoko führte dann
„La serva padrona“ („Wie die Zofe Herrin
wird“), eine zweiaktige Oper des alten italienischen
Komponisten Pergolesi. Das kleine Orchester der
Opera buffa ist für die Marionettenbühne auf Violine
und Guitarre uminstrumentiert; zwei singende Leut¬
chen und ein stummer Diener bilden das ganze Per¬
sonal. Die Zofe Zerbina jagt ihren Herrn, den alten
Doktor Pandolsa, durch Verkleidungen und Drohungen
so gehörig ins Bockshorn, daß er sie zu seiner Frau
macht. Das alte Kabinettstückchen macht sich auf der
Puppenbühne ganz reizend, man merkt es ihm gar
nicht an, daß es ein so ehrwürdiges Werk ist, das,
wie die Musikgelehrten behaupten, als die älteste
komische Oper gefeiert zu werden verdient. Auf einer
großen Bühne und mit wirklichen Menschen auf¬
geführt, würde es freilich seine graziöse Leichtigkeit
verlieren, und deshalb erfüllt das Marionettentheater
gerade hier seine besten Aufgaben.
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Telephon 12.801.

„ODSENVEN
1. österr. beh. konz. Unternehmen für Zeitungs¬
Ausschnitte und Bibliographie.
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Brüssel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Genf, Kopenhagen, London, Madnid, Mailand, Minneapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
vom 10.0Anl. 19 National Zeitung, Berlin

Marionetten=Theater.
B. v. K. Ein sehr erfreuliches Zeichen ist es, daß sich Paul
Branns „Marionettentheater Münchener Künstler“, das in diesem
Winter sein Quartier in einem kleinen intimen Saal der Aus¬
stellungshallen am Zoo aufgeschlagen hat, dauernd der Gunst des
Berliner Publikums erfreut, von dem man doch sonst zu behaup¬
#ten gewohnt ist, daß es blasiert und theatermüde sei. Von der
#
kleinen Miniaturbühne, wo gelenkig=steife Holzpuppen ein stilisiert¬
groteskes Spiel agieren, gehen starke künstlerische Wirkungen aus.
„Tapferer Cas¬
Diesmal ging Arthur#
stan in Szene. Dem Stic sehl die Knähpheit der Form, die
für die Marionetten=Bühne, wo noch mehr als auf dem wirk¬
lichen Theater sich alles in bewegte Handlung auflösen muß, eine
gunerläßliche Vorbedingung ist. Puppen dürfen noch viel weniger
Jals Menschen im Drama lange Tiraden halten; auch dann nicht,
wenn die Worte von einem Dichter mit tönender Klangfülle vor¬
getragen werden. Interessant blieb jedenfalls das Experiment,
sund es gelang nicht schlechter, als vordem im Lessing=Theater
unter der Aegide Brahms. Doch die eigentliche künstlerische Be¬
rufung des Marionetten=Theaters offenbarte sich erst wieder in
der reizenden kleinen komischen Oper „La serva padrona“
von Pergolese. Hier übertrifft die Darstellung durch ge¬
horsame Puppen und der durch keine schauspielerischen Sorgen
beeinträchtigte Gesang hinter der Szene in der künstlerischen
Wirkung jede Durchschnitts=Leistung eines Opernensembles. Der
Beifall galt in gleichem Maße der virtuosen Handhabung der
Marionetten und der gesanglichen Virtuosität von Maria
Weber und Albert Keller. Es muß noch viele für uns
verschollene musikalische Werkchen geben, die in erster Linie für
das Puppentheater geschrieben wurden. Gab es doch im Paris
des 18. Jahrhunderts eine ständige Marionetten=Opernbühne.
Vielleicht lassen die Leiter des Münchener Marionetten=Theaters
das eine oder andere vergessene Rokoko=Singspiel in ihrem Re¬
pertoire auferstehen,