II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 2), Der Puppenspieler. Studie in einem Aufzuge, Seite 37

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17.1. Der Punpenspieler
ihrer mit allen gemeinen Instinkten gesegneten Tänzerin zu teil
Vier Dremièren.
werden ließ.
Auch in einem Röllchen des vorangehenden Einakters von Arthur
Deutsches Theater.
Schnitzler „Der Puppenspieler“ war Fräulein Triesch
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sehr fein gewesen. Schnitzler versucht die Charakterstudie eines Ent¬
„Trugbild“,
gleisten zu geben. Die Sache entwickelt sich schwerer und mühevoller,
Schauspiel in vier Aufzügen von Georges Rodenbach.
als es sonst die Art des Wieners ist.
Georg Merklin ist eine gescheiterte Existenz, mit eigenem
„Der Huppenspieler“,
Willen
hoch dünkt für
gescheitert, weil er sich zu
Studie in einem Aufzuge von Arthur Schnitzler.
die Pflichten des Alltags. Mit den Ansprüchen eines
F. E. Da Otto Brahm gestern wiederum den Göttern opferte, deren
Genies, ohne sein Können, hungert er nun, nachdem seine
Tempel er einst zertrümmern half, hatte er weniger Glück als mit
Hoffnungen auf großen Dichterruhm zerstieben mußten. Er sättigt sich
Maeterlingks „Monna Banna“. Georges Rodenbachs neblig kränk¬
von der Bewunderung seiner eigenen Person und hält sich auf¬
liches Schauspiel , Trugbild“ wurde abgelehnt. Sehr höflich abgelehnt;
recht durch das selbstbetrügerische Gefühl, mehr zu sein als alle
kaum, daß ein leises Gekicher bei den Stellen hörbar wurde, die in
anderen. So meint er, mit den Menschen wie mit Puppen spielen?
diesem seltsamen Werk hart an der Grenze des unfreiwillig Komischen
zu können. Aber er muß erfahren, daß er in einer wichtigen Stunde
balanzieren.
seines Lebens nur selbst die Puppe eines kleinen, dummen Mädchens
Von Rodenbach und seinen Werken war vor wenigen Tagen
war. Die Erkenntnis macht ihn nur auf Momente weich. Seine
schon an dieser Stelle die Rede. Es darf als bekannt
prahlerische Ichphilosophie verhärtet ihn wiederum schnell.
gelten, daß das Schauspiel aus einer Novelle entstanden ist.
Von dem speziell Schnitzlerschen Humor, dieser liebenswürdigen
Den zarten Flügelstaub der epischen Dichtung hat es bei
weichen Satyre, hat der Einakter nur wenig. Das Tragi¬
der Umwandlung wie üblich verloren; das Feine ist
komische der Hauptfigur ist nicht entdeckt; wir kommen nicht zu
grob oder schattenhaft geworden; eine künstlich eingefügte
jenem Lächeln, das uns so leicht menschliche Schwächen verzeihen
Nebeufigur ohne eigenes Gepräge lähmt die Teilnahme für
läßt. Herr Bassermann, so ausgezeichnet er in der Maske
die Hauptfiguren; der innere Schrecken der Erzählung wird am
und in vielen Einzelheiten war, unterstrich noch diesen Fehler seines
Schluß zu einem Theatercoup, der halb lärmend grufelig,
Dichters. Er nahm die Rolle zu ernst und düster. Recht frisch war
halb lächerlich ist. Nur mit dem Interesse, mit dem wir
Herr Iwald, der zum munteren Kontrast einen im Philisterglück
ein nervenpathologisches Lehrbuch durchblättern mögen, sehen wir den
schwelgenden satten Künstler zu geben hatte.
Helden, der sich tief in die zärtliche Erinnerung an sein verstorbenes
Der Beifall nach diesem Einakter war ziemlich dünn.
Weib eingesponnen hat, fünf lange Jahre hindurch und nun das voll¬
kommene Ebenbild der Toten in einer leichtfertigen Tänzerin findet. Dem
gesunden Ange des Zuschauers wird zugemutet, mit dem kranken
ist. Für die Ausstattung des Rodenbachschen Stückes
Auge dieses Mannes diese scheinbare Aehnlichkeit zu sehen
hatte das Deutsche Theater den belgischen Maler Fernand
all die Erschütterungen mitzufühlen, die das Trugbild
Khnopff. herangezogen. Man sieht, und man sieht mit Freuden,
und
in seiner Seele erzeugt. Vergebens. Wir bleiben sehr
daß Herr Reinhardt, der als erster Theaterdirektor bildende Künstler
kalt. Wir sehen nur eine freche Dirne die einen dummen
in den Dienst der Bühne stellte, Schule macht.
und ohnmächtigen Menschen nasführt. Unser Gefühl gehört eher dem
Wie weit die Mitarbeit Khnopffs gegangen ist, weiß man nicht
dreisten Mädel, die nach Leben und Liebe dünstet und den trüben
genan. Von Bedeutung ist sie nur für das Bühnenbild des nächtlichen
Gesellen verspottet. Der tragische Abschluß ist so sicher, daß es nur eine
Brügge geworden, das wirklich sehr schön war. In diesem Stück der
Frage der Bühnenökonomie ist, ob er am Ende des dritten Aktes oder erst
„toten Stadt“, mit den ragenden Bäumen im Vordergrund und dem
des vierten eintritt. Der halb wahnsinnige Mann wird ganz wahnsinnig
von ihnen eingerahmten Blick auf die alten Häuser jenseits des
werden. Er wird diese Frau töten, die ihn völlig entmannte und
Kanals, war die Stimmung einer nebligen Mondnacht so wirksam zum
seine Pietät gegen die Tote vergiftete. Wenn er dann den sorgsam
Ausdruck gekommen, wie es nur immer auf einem Bilde möglich wäre.
gehüteten Zopf der Toten dazu benutzt, die unwürdige Nach¬
In der feintönigen Umgebung standen die Figuren, besonders die
folgeri zu erbroffeln, so entsteht auf der Bühne jener Anblick, von
Frau mit dem gelbbraunen Mantel, wie in Pastell hingewischt. Es
dem ich andeutete, daß er die Angstnerven ebenso reizt wie das
kam da zu Effekten, die man den Mitteln der Bühne nicht zugetraut
hätte. Freilich spielte ein Florvorhang mit, der, weil er das Ver¬
Zwerchfell.
So hinterläßt das Stück einen häßlichen Mißgeschmack. In dem
ständnis der Worte erschwert, immer etwas Mißliches hat und besser
fortbleibt.
Wirbel von Stimmungen, den es erzeugt, fühlen wir wohl, wie dem
Die Interieurs waren sehr geschmackvoll und standen weit über
Werke selbst die gesamte Stimmung fehlt. Auf dunkelste Romantik,
die sogar mit Geistererscheinungen arbeitet, ist greller Zotenrealismus
denen, die man sonst hier zu sehen gewohnt ist. Aber von der
gepappt. Und nur eines ist einseitig, aber es ist nicht gut. Das ist
Phantasie eines eigenartigen Künstlers ließen sie nichts spüren, sie
die Sprache, die — wenigstens in der Uebersetzung des Herrn Siegfried
waren nicht besonders für diese Vorgänge erdacht. Namentlich der
Trebitsch — gleichmäßig banal ist, mag sie sich nun in die Schatten
„verstaubte Empiresalon“, das „Heiligtum der Erinnerungen“, zeigte
zuviel frische Tapezierersorgfalt.
mystischer Vorstellungen verlieren, oder kecke Dämchenart zu charak¬
Schade, daß das Deutsche Theater Kosten und Mühe einer un¬
terisieren versuchen. Nur selten, daß uns ein gehaltvoller Gedanke
gewöhnlichen Ausstattung gerade an dieses verlorene Stück gesetzt hat.]
in dieser abgegriffenen Wortmänze ausgezahlt wird.
Herr Sauer und Herr Hofmeister, Hedwig=Pauly und
Wenn es eines Beweises bedürfte, daß das Bühnenbild die Stimmung
Luise v. Prellnitz sprachen, dem Wesen des Stückes gemäß, wie
nur unterstützen, aber nicht wecken kann, so ist er an dem gestrigen
aus Gräbern, dumpf, beängstigend, schließlich ermüdend. Irene Abend geliefert worden.
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Triesch war vortrefflich in der künstlerischen Bändigung, die sie