II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 2), Der Puppenspieler. Studie in einem Aufzuge, Seite 50

Dr. Max Goldschmidt
„ Bureau für
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verbunden mit direktem Nachrichtendienst durch
eigene Korrespondenten.
Telephon: III, 3051
Berlin N. 24.

Ausschnitt aus
etung
Fresiauer
-6. 12.03
Theater.
Dezember. „Der Puppen¬
Lobetheater. Sonnabend, 5.
sviele
Studie von Arthur Schnitzler. „Salome".s
Tragödie von Bikar Wilde. Ein gut disponierter Abend! Keine
f“
Uraufführung, dennoch aber geeignet, die jüngste Urauffuhrung vergessen
zu machen. Arthur Schnitzler eröffnete mit einem Akt, der sich be¬
scheiden eine Studie nennt und auch wirklich nur eine Studie ist, jedoch
mehr melancholische Lebensweisheit und künstlerischen Inhalt umschließt,
als manches breit ausgeführte, anspruchsvoll sich geberdende Werk.
Nur der Titel behagt mir nicht, weil er mit der psychologischen These
des kleinen Stückes, das er deckt, kokettiert. Ein entgleistes Genie, ein
Bohémien, der sich einbildet, daß seine Laune die Menschen spielen
lassen kann, wie Puppen, und der bei Gelegenheit erfahren muß, daß
das ist der
er die willenlose Puppe des Schicksals gewesen ist
Titelheld. Sein Lebensgang wird nur ganz knapp, in leichten Umrissen,
angedeutet bei dem Wiedersehen, das der unruhige, scheue Geselle i
bürgerlich rangierten Jugendfreunden hat. Aber sein Charakter, die
Tragik seines Lebens, steht dennoch so klar vor uns, daß es der Er¬
klärung durch den Titel kaum bedurft hätte. In diesem kurzen Akt ist¬
Schnitzter so ernst, so abgawendet von allem Spielerischen, wie er kaum
je in einem seiner anderen Werke gewesen ist. Nur die kleinen Senti¬
mentalitäten am Schluß bringen eine an diesem feinen, lieben Dichter
bekanne Note.
Vöt dem „Puppenspieler“ machte Herr Vernau seinen ersten
Die Gestalt des
Schrit ins Charakterfach und nicht ohne Glück.
Sonderlings hatte feste, sichere Linien, ohne daß Versuche zur Schau¬
spielerei, zu denen der wunderliche Querkopf wohl verleiten könnte, mit
unterliefen. Eine leichte, unberechtigte und wohl auch unbeabsichtigte
Jargon=Färbung sollte Herr Bernau noch zu unterdrücken suchen.
Weniger kompliziert sind die Aufgaben, die an Fräulein Santen
und Herrn Burgarth fielen und die von beiden Künstlern ohne
Mühe geläst wurden.
Es te „Salome“, dieselbe „Salome“, die hier in Breslau durch
die „Fr## litterarische Vereinigung" vor einigen Jahren ihre erste
deutsche Aufführung hatte, und die seitdem unter freundlicher Beihilfe
der Zensur so mannigfache Schicksale erlebte. „Salome“ ist damals
ausführlich besprochen worden und bedarf einer nochmaligen Würdi¬
gung also nicht. Nur haben wir seitdem Wildes „Lady Windermeres
Fächer“ gesehen, andere Dramen des unglücklichen Engländers gelesen
und diese alltäglichen, allenfalls durch ein gewisses Raffinement der
Gesellschafts=Schilderung sich auszeichnenden Schöpfungen mußten die
Bewunderung vor der kühnen, einzig=artigen „Salome“, diesem aus
brennenden Farben mit strenger Kunst komponierten Gemälde, noch
höher steigern.
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Aus der damaligen Aufführung war nur der Herodes des Herrn
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Müller geblieben, der die sich formlich befehdenden Charakterzüge
des feigen, wolllüstigen und doch vor den letzten Untaten zurückschaudern¬
den Tyrannen sehr sicher und wirksam zusammenfaßt. Die Salome
gehört zu den Aufgaben, die Fräulein Mayer ihrer Individualität
abringen muß. Sie tut das mit feinster Intelligenz und schmiegsamster
Kunst. Fräulein Mayer brachte insbesondere die Perversität des kind¬
lichen Weibes sehr scharf und mit eigenartigen, jede heroische Geste ver¬
schmähenden Mitteln heraus. Königliche Gestalt und ungezügeltes Tem¬
Herrn Wendts
perament gab Fräulein Salta der Herodias.
kräftiges Organ kam den eifernden Flüchen des Jochanaan zu Gute¬
Die Herren Bernas, Wahl, Strial, Barna vennochten
ihren kleinen Rollen Beachtung zu schaffen.
Die Regie (Herr Bonno) hatte die Schwierigkeiten, die die
schmale Bühne des Lobetheaters der Entfaltung der Vorgänge bietet
so gut überwunden, wie es gehen wollte. Nicht ganz waren die Ueber¬
gänge der alltäglichen zur lyrisch oder tragisch gesteigerten Prosa ge¬
glättet. Bei der Musik zu Salomes Tanz hätte ich sehr gern das da
mals wohl noch nicht in allen besseren Familien eingebürgerte Klavie
vermißt. Gegen den Schluß hin kam die wichtige Verdunkelung de
Bühne zu früh. Und endlich hätte der Regisseur für die Blutgestal
des Henkers, der den ganzen Akt über den Hintergrund in Anspruc
nimmt, eine besser geeignete Persönlichkeit ausfindig machen sollen, al
den behäbigen Herrn, der im roten Kittel steckte. Von dem künstlerische
Glanz, der in Berlin für den Rahmen der „Salome“ aufgeboten wird
leuchtete hier nichts, aber immerhin ist die Sorgfalt, mit der die vor
handenen Mittel verwendet wurden, anzuerkennen.
Die Aufnahme des Werkes war dieselbe, wie bei der Matinee vo
drei Jahren. Begeisterter Beifall und hartes Zischen kämpften mit ein
ander. Es gibt eben Leute, die große Kunst nicht ertragen können, zven
sie „unerquicklich“ oder gar grausig ist.
Dr. Max Goldschmidt
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Schlssteshe Zeitung, Bresian

DEZ. 903
.
— Lohetheater.
Der heutige Novitätenabend der Lobebühne wurde mit einer eigen¬
artig feinen, von tiefeindringender Beobachtung zeugenden Studie nach dem
Leben aus der Feder Arthur Schnitzlers, „Der Puppenspieler“ be¬
titelt, eröffnet. Das kleine, geistvolle Werk, um dessen gute Wiedergabe sich
die Herren Bernau und Burgarth sowie Frl. Santen verdient machten,
fand bei dem sehr zahlreich erschienenen Publikum warmes Interesse und leb¬
haften Beifall. Darauf folgte Oskar Wildes einaktiges Drama „Salo me“, das
hier zwar schon einmal, aber in nichtöffentlicher Matinée vor den
Mitgliedern der Freien Literarischen Vereinigung aufgeführt worden
war. Das aus psychopathischem Motive herausgeborene, von perverser
Sinnenlust bis zum Ekelerregen erfüllte, aber durch starke
Stimmungskunst ausgezeichnete graufig=phantastische orientalische Nachtbild
erfuhr unter Herrn Bonnos umsichtiger Regie eine durchaus lobenswerte
Darstellung, der wohl auch der anhaltende kräftige Applaus am Schlusse
galt. Frl. Mayer bot als Salome eine Leistung von hohem künstlerischen
Werte. Frl. Salta verkörperte die Herodias in jeder Hinsicht vortrefflich
Herr Wendt charakterisierte den verzückten Propheten in Maske, Haltung
und Redeweise sehr wirkungsvoll. Hervorzuheben sind ferner Herr
Müller, der wie schon früher den Tetrarchen gab, und Herr Berna##
als junger syrischer Hauptmann.
v. R.
Dr. Max Goldschmidt
*
* Bureau für .
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Neues Wiener Tagblan
3 4JEZ 1903
* Aus Breslau wird uns telegraphiert: Oskar
Wildes biblische#kome“, welche bisher
Von der Zensur verboten war, hatte hier bei ausgezeichneter
Darstellung ungemeinen Erfolg. Dieser Erstaufführung vor
der Oefsentlichkeit war vor mehreren Jahren eine vor einem
geschlossenen Kreise in einer literarischen Gesellschaft voraus¬
gegaugen. Auch Schnitzlers Einakter „Der Puppen¬
spieler“, eine seinftlmge Stüdse in der Art der
„Lebendigen Stunden“, sprach lebhaft an.